Wiener Kurzg'schichterln II.

Herr Francic und seine Lady

Besorgt zieht Herr Francic die Stirn in Falten und fragt mich: "Frau Doktor, es ist doch mein Pupperl, und schaun 'S, wenn 's die ganze Zeit spuckt..." Herr Francic liegt, wie der geneigte Leser bereits vermutet, einem Irrtum auf. Erstens, was meine akademischen Weihen betrifft, die ich leider nur mit einem Diplom kroenen konnte und zweitens, was meine Profession ist. Das hat man davon, wenn die Lieblingstieraerztin noch Konsultationsstunde hat, nachdem sie mich vom Flughafen abgeholt und dem ersten Patienten als 'Frau Kollegin, die heute in die Praxis schnuppert' vorstellt.

Im K.u.K.-hoerigen Oesterreich gilt der Titel alles. Selbst, wenn er unrechtmaessig gefuehrt, verwandtschaftsmaessig uebernommen oder durch entsprechende Kleidung belegbar ist. Nun trage ich ein weisses T-Shirt und einen weissen Rock, auch wenn die hochhackigen Sandalen nicht unbedingt nach Arztpraxis aussehen. Aber scheinbar genuegt es.

Denn waehrend die Lieblingstieraerztin sich mit seinem Chihuahua - von uns auch 'Rattenhund' genannt - befasst, der die ganze Nacht gekotzt und geschissen hat und jetzt mittels eines Glukosetropfs wieder regeneriert werden soll, laesst Herr Francic an mir seine Nervositaet aus.
"Ich bin ja Fahrer, und die Lady ist mein Ein und Alles, mein Pupperl, 's faehrt immer mit, so liab, so g'scheit. Gell, Frau Doktor, des wiad do wieda?"
Ich bin mir meiner Verantwortung bewusst, leiste schnell und leise den hippokratischen Eid und versichere ihm, dass seiner Lady nichts geschehen wird.

Die Lieblingstieraerztin versucht derweil, in die haarfeinen Venen der Huendin eine Kanuele zu legen. Ein leiser Fluch entfaehrt ihr. Herr Francic merkt auf und wird bleich.

"Na, des kann i mir net aschaun, i geh raus", sagt er noch und sackt in sich zusammen. Die Lieblingstieraerztin grinst und sagt: "Dein Patient." Fuenf Minuten spaeter stelle ich im Warteraum fest, dass ich meine Berufung verfehlt habe. Nachdem ich ein scharf riechendes Erfrischungstuch unter seiner Nase geschwenkt, ihm ein Glas Wasser serviert und die mittlerweile wieder halbwegs lebendige Lady in den Arm gedrueckt habe, dankt mir Herr Francic ueberschwaenglich und mit Traenen in den Augen, dass ich ihm und seiner Lady das Leben gerettet haette.

Die Lieblingstieraerztin kassiert die 45 Euro Behandlungskosten und komplimentiert Herrn Francic hinaus. Die Scheine schwenkend, kommt sie wieder in den Behandlungsraum: "Fuenf Euro Trinkgeld, das ist nicht schlecht, und dazu noch die Verehrung von Herrn Francic. Wenn du gar nix findest, kommst du in meine Praxis, Frau Doktor."

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Wienschnipsel.

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Bemerken, dass die eigene Kleidung sich bei langen Stadttouren der Funktion unterordnet. Entsetzt bemerken, dass die eigene Kleidung langsam in die Farbrichtung 'naturgemauschelt' tendiert. Noch entsetzter bemerken, dass man aussieht wie andere Touristen.

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Vergleiche ziehen: In Berlin haben wir das auch. In Berlin haben wir das nicht. Ist besser. Ist schlechter.

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Den Wienerwald schoener finden als den Grunewald, das Haeuserl am Stoan der etwas ruppig die ausgezeichneten Schnitzel servierenden Familie Filka dem Cafe am Neuen See ebenfalls.

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Sich vorstellen koennen, in dem grossen Haus am Schwedenplatz zu arbeiten und in der Mittagspause ein Mango Cremeeis gegenueber zu essen.

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Den dezenten Hosenanzug gebuegelt, die Gemuetslage auf ueberzeugend eingepegelt.

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Fluege von und nach Wien sind guenstiger als man denkt.

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Wiener Kurzg'schichterln I.

Paradeiser, Kren und Obers als exotische Nahrungsmittel verstehen und entdecken, dass es ganz anders sein kann.

Im Heurigen in Neustift sitzen und Landluft und sueffigen Wein einatmen.

Ein bisschen Sehnsucht im Herzen. Sofortiges Verbot dieser Gefuehlsselbstgaenger.

Ganz allgemein das Gefuehl: Schoen hier. Bleibe hier. Wenn sie mich wollen.

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Brandenburgschnipsel.

Durch Dörfer fahren, die aussehen, als habe man die Bevölkerung schon vor langer Zeit evakuiert.

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In Prenden gibt es einen Hundesalon namens "Doggy Styling". Ein Schelm, wer... oder so.

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In Brandenburg leben Menschen, die Uniformität sehr schätzen. Auf jeden Fall aber den gleichen Versandhandel für neonfarbene Badebekleidung.

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Alle Mädchen jenseits der 13 versuchen, wie Ruslana oder Paris H. auszusehen. Es gab damals, vor der Wende und kurz danach auch, dieses bestimmte Haarfärbemittel in Rot, Richtung Mahagoni. Wer war vor 15 Jahren das Idol der Friseurzunft?

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Auszugsweise vorgelesen bekommen und für gut befunden: "Adler und Engel" von Juli Zeh. Ihr Erzählhabitus ist wie Brandenburgs Wälder und Felder: Trocken, sparsam, weit.

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SMS-Verkehr führt nicht zu Stau.

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Schmetterlinge lassen sich schwer fangen. Aber geschriebene Küsse werden von Gespenstern getrunken (Kafka).

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Scheiß auf Diät. Ich habe mich genug bewegt.

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Post.

Tägliche Leerung, immer mit dem flauen Gefühl, es könnte der nächste Strafzettel im Briefkasten sein. Ja, auch mit dem Roller fährt man in 30er-Zonen nicht ungestraft zu schnell.
Heute ein Brief, einer von der Sorte, deren Umschlag ein wenig zerknittert aussieht, so, als ob er eine lange Reise hinter sich und viel zu erzählen hätte. Die Briefmarke ein kleines Gemälde: Ein exotischer König wacht über ein Land im fernen Osten und den Wert des Postzeichens.

Er schreibt, es gehe ihm gut, aber die Internetcafés in der Bergen Nordthailands seien rar gesäht, daher greife er zur guten alten Feder respektive Kugelschreiber. Seine Schrift habe ich noch nie gesehen; obwohl wir über 450 Mails in dem halben Jahr unseres Zusammenseins austauschten, gehörte Handgeschriebenes nicht zu unserer Kommunikation. Sie überrascht, ist von einer fast mädchenhaften Anmut, mit vielen Kringeln, Schleifen und vorsichtig gesetzten Punkten.

Er finde nun endlich die Ruhe, die er gesucht habe, in diesem abgelegenen Nest zwischen grünbewaldeten Hügeln. Er gebe Unterricht, seine Schüler seien gelehrig und gelenkig, ganz wie es sein solle für das Erlernen dieser Kampfkunst.
Meine Gedanken reisen zu ihm und in die Vergangenheit. Damals glaubte ich, nur mit ihm zusammen die Welt entdecken zu können, mit ihm, dem weitgereisten, ungezähmten Abenteurer, der sich trotzdem am liebsten des Sonntags im 'Hotel Mama' verwöhnen ließ und seine schwäbischen Ursprünge doch nie verleugnen konnte.
Wir schieden recht schnell voneinander, als mir bewusst wurde, dass er das 'Hotel Mama' auch auf die Weltreise mitnehmen wollte, mit mir als dienender Hauptprotagonistin.

Ich stelle mir vor, wie er in seinem Bambushaus für 50 Euro Monatsmiete sitzt und meditiert und sich doch leise nach den Maultäschle sehnt, die ihm nicht nur seine Mutter sondern auch ich so wohlschmeckend zubereiteten. Der letzte Satz bestätigt diese Ahnung: "Manchmal möchte ich in zwei Welten leben, einmal in Deutschland, wo die Weggefährten nicht nach zwei Monaten aus dem Blickfeld verschwinden und man bei einem Abendessen und Rotwein diskutieren kann..."

Sehnsucht, die bei mir den umgekehrten Weg geht: Reisend in der einen Welt, mit immer neuen Weggefährten und Geschichten, die einem an jedem Busstop, an jeder Weggabelung in den Schoß fallen. Aber mit einsamen Abenden im Restaurant oder Hotel und diffizilen Situationen, in denen man als Frau gern einen starken Begleiter um sich wüsste. Und in meiner Metropolenprovinz, wo mich das soziale Netz umspannt in das ich mich fallen lassen kann, wenn mal wieder der letzte Liebhaber nicht das gehalten hat, was er als potenzieller Lebensabschnittsgefährte versprach (oder anders herum).

Ich sollte solche Briefe nicht lesen. Sie wecken ungesunde und unruhig machende Sehnsüchte. Und nachher finde ich mich noch in irgendeinem exotischen Nest wieder und schreibe Briefe an einen Exfreund, in denen ich seine ausgezeichneten Speckpfannkuchen lobe. Dann doch lieber Strafzettel in der Post.

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Beschlossen.

Ich wandere aus und züchte in Neuseeland Schafe.

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The Beach.

Fernweh.

Aus: Unerfüllte Sehnsüchte für die nächsten drei Monate.

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Segelwetter.

Am Sonntag will mein Süßer mit mir baden segeln gehn...



Ich glaube, "Juju" und ich werden sehr gute Freunde.

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Wiedersehen.

Lachen, als er das Mitbringsel aus Indien auspackt: "Du Teufelin! Wie hast du das durch die Kontrollen bekommen?" Ja, das habe ich mich auch gefragt. So ganz sicher war ich mir nicht, aber ich hätte versucht, mich auf meinen Touristenbonus heraus zu reden, auf böse Menschen, die mich getäuscht hätten. Allerdings: Nicht einmal Nagelfeilen und -scheren im Handgepäck wurden beanstandet, obwohl Sicherheitsrisiken.

Später, nach zwei Gläsern Wein, die ungewohnt schnell meine Gehirnwindungen ins Kreiseln bringen, die Frage: "Nimmst du mich das nächste Mal mit?"

Da hat er mich kalt erwischt. Mal sehen, sage ich. Ich reise lieber mit leichtem Gepäck. Unbelastet.

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Indienbilder.
























Die Geschichten zu den Bildern und weitere Bilder gibt es hier:

Bombay, Gate to India

Bombay. Ueber vermeintliche Muellhaufen und den Instinkt fuer Gefahr

Bombay. Verkehrter Verkehr

Goa, Panjim. Speak Portugais?

Goa. Panjim - Palolem: Unterwegs mit Ex-Hippies

Goa, Vagator. Wo ist Adam?

Goa, Vagator. Der letzte Hippie

Goa, Vagator. CRM auf indisch

Goa. Diverses von Goettern und Tieren

Pondicherry. La Grande Nation se casse

Pondicherry/Tamil Nadu. Ein Blick in die Zeitung

Auroville/Tamil Nadu. Vision oder Wirklichkeit?

Indien. Fluechtige Begegnungen.

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