Goa. Panjim - Palolem: Unterwegs mit Ex-Hippies

Nach der Unabhaengigkeit hinterliessen die Portugiesen nicht nur ein perfekt organisiertes korruptes Beamtentum sondern auch diverse leerstehende Estancias in Strandnaehe. Ideal fuer die sonnenhungrige Eso-Szene der 60er Jahre. In der Heimat war es ungemuetlich kalt und hier fielen den Hippies die Kokosnuesse direkt in den Schoss. Doch diese Zeiten liegen nun auch schon lang zurueck und wie immer hat sich alles ein wenig geandert: Neben rund einer Million Touristen, die hier jaehrlich einfallen und eher mit Koefferchen und Trolley am Flughafen Vasco da Gama/Dabolim auf ihre pauschalgebuchten Taxis warten als mit dem Rucksack zu reisen, muessen doch noch einige Hippies uebriggeblieben sein, denke ich mir. Ich mache mich also auf die Suche. Wo koennten sie sein? Wo sind sie geblieben, summt mir Joan Baez ins Ohr und vertraeumt streiche ich mir eine Straehne meines noch nicht hennagefaerbten Haares hinter das Ohr.

Im Hotel in Panjim treffe ich zumindest auf eine Spezies, die ergiebig fuer Geschichten aus der guten alten Zeit ist: Ex-Hippies. Christian, 60, war 1973 einige Monate in Goa, kehrte zurueck und wurde Ethnologie-Professor in Paris. Jetzt hat er sein Hobby zum Beruf gemacht: Er schreibt Romane ueber Indien und Asien, Frauenliteratur, wie er sagt. Ueber junge Franzosen, die sich in traditionelle Inderinnen verlieben oder den Architekten des Taj Mahal. Und eigentlich ist er auf Recherche-Reise fuer sein naechstes Buch.
Und er traeumt von alten Abenteuern: Von diesem Restaurant am Khaiber-Pass, vor dem damals die ganzen Mercedesse, Fiats und Citroens parkten und das bekannt war fuer sein gutes Haschisch. Oder von den Sonnenaufgaengen in Pondicherry, das er liebevoll "Pondi" nennt.

Aber die alten Zeiten sind modern und besser motorisiert, und so macht er den Vorschlag, in einem gut gefederten 4/4-Jeep inklusive Chauffeur die Straende im Sueden zu erkunden, wo der Massentourismus noch nicht etabliert sein soll. Uns schliessen sich Catherine, 53, und Pascal, 47, an, die noch am ehesten das verkoerpern, was die Freiheit des hippieesken Daseins ist: Beide spielen Strassentheater, angelehnt an die Fluxusbewegung und reisen in bunten Kleidern durch die Welt. Allerdings: Nach ausgedehnten Monaten in Nepal, Kuta (Bali) und Goa Mitte der 70er Jahre kehrten auch sie zurueck, um eine halbwegs buergerliche Existenz aufzubauen. Catherine wurde Physiklehrerin und Pascal Berufsschullehrer. (Mir waren Lehrer ohnehin immer verdaechtig.) Heute allerdings sind sie wieder "en route", wie Catherine sagt und sie geniessen die Freiheit, nicht zuletzt dank einer umfangreichen Erbschaft.

Aber gut, wir suchen also das verlorene Paradies, die Refugien des goldenen Zeitalters oder doch zumindest den ein oder anderen schoenen Strand. Gefahren werden wir von Mr. Bappa, dessen buergerlicher Name schlicht unaussprechlich ist, und der nachweislich bereits den Dalai Lama durch Goa chauffierte. Und man merkt sofort: Dieser Mann hat wahrhaft seine goettliche Berufung gefunden. Er faehrt uns fast gaenzlich ohne Zuhilfenahme der Hupe ueber abseitige Strassen durch den Sueden Goas, an alten Forts vorbei, durch Palmenplantagen und Reisfelder, zu kleinen Fischerhaefen und wunderbaren Aussichten.

Und er faehrt uns nach Palolem, dem urspruenglichen Ziel. Hier moechte ich Herrn Rochus Wolff bitten wegzulesen, denn es wird ihm nicht gefallen, wie ich ueber seine Erinnerungen schreiben muss. Palolem, im Lonely Planet als ruhiger und idyllischer Strand mit wenigen Backpackern und einigen Hippies beschrieben, praesentiert sich als Muellhalde: Die allgegenwaertigen Plastikabfaelle werden vom Wind durch die Palmenanlagen gefegt, die Wohlstandsgesellschaft hinterlaesst deutliche Spuren. Der Strandweg ist gesaeumt von Buden mit billigem Tand, fliegenden Haendlern und kreischend bunten Faehnchenverkaeufern. Der Strand dagegen lohnt die Anfahrt: Eine lange Sichel feinster Sand, im Hintergrund Palmen und malerische Holzboote.

Die Ex-Hippies und ich sind ein wenig enttaeuscht. Deshalb fahren wir weiter nach Agunda, einige Kilometer weiter noerdlich, wo wirklich wenig los ist. Einige Bambushuetten auf Stelzen, ein, zwei Restaurants. Mehr braucht es auch nicht.
Nach dem Tagesausflug ist klar: Schoen ist der Sueden. Quasi hippiefrei dennoch.

Den letzten Hippie fand ich dann einige Tage spaeter in Vagator, aber das ist eine andere Geschichte, die spaeter erzaehlt werden soll. Bleibt mir gewogen!

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Apropos gewogen - wie ist das Essen. :)

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Das Gewicht sinkt.
Nicht aufgrund der Qualitaet des Essens (hier bin ich mutig und esse sogar Salat, bislang gaenzlich ohne die befuerchteten Folgen) sondern aufgrund der Hitze esse ich nur zweimal taeglich.

Also hat die Reise bislang schon einen schoenen Effekt! :)

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konnte natürlich nicht
weglesen. ich hatte dergleichen schon befürchtet, nachdem sich ja auch schon filmcrews dort niederlassen.

mich hatte seinerzeit eher verwundert, daß es so leer war am strand: eben weil er im lonely planet als so ruhig und leer beschrieben war - das ist üblicherweise (wenn man also überhaupt im lonely planet steht) eine sichere garantie für völliges überfülltsein. anscheinend hatten ja auch die einheimischen mit mehr publikum gerechnet, es standen nämlich reihenweise hotels und privatunterkünfte leer.

andererseits war damals weihnachten und neujahr, da sind vielleicht alle touristen zu den techno-stränden in den norden gefahren, drogen nehmen. oder so. ;-)

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