Bombay. Verkehrter Verkehr

Links herum und schon vorbei

An eines muss man sich gewoehnen, wenn man in Indien unterwegs ist: Kein fahrbarer Untersatz ohne Hupe, kein Inder ohne Hupwahn. Hier wird der Troete abverlangt, was sie haelt. Und das ist auch gut so, denn der indische Verkehr funktioniert folgendermassen: Rein und Spass haben. Oder vielmehr, ausweichen, sprinten, springen. Denn der Inder an sich kennt kein Pardon. Die vorsintflutlich aussehenden Taxis - gleicher Baustil wie Trabis, nur aus Blech - genauso wie die roten Busse und die alles umkurvenden Vespafahrer, keiner nimmt irgendwie Ruecksicht auf Zwei- oder Vierbeiner. Warum auch? Von beidem gibt es in Indien genug. Survival of the fittest eben.

Und noch eine ausgeprochen ungewohnte Sache gibt es hier: den Linksverkehr. Nachdem ich einige Male mit Muehe und Not einem heranbrausenden Auto ausgewichen war, hatte ich den Bogen endlich raus. Die fahren einfach verkehrt herum! Aber man gewoehnt isch an alles und so sprintete, sprang und rannte ich nach zwei Tagen genauso hurtig ueber das Kopfsteinplaster wie jeder Inder.


II. Mit einem Taxi, pressiert

Nachdem ich altes Weichei der langen Zugfahrt nach Goa (8 - 14 Stunden fuer 588 Kilometer, je nachdem ob Express oder nicht) mit den Flugzeug ausweichen wollte, buchte ich erfolgreich ein Ticket mit Jet Airways. (Nein, ich habe mir absichtlich nicht die Absturzstatistik angesehen.) Alles kein Problem, jetzt musste ich nur noch mit dem Taxi zum Domestic Airport, ca. 26 km noerdlich von Mumbai.



Ich wandte mich an den vertrauenswuerdig aussehenden Taxifahrer vor dem Hotel. Vorher nur Zielscheibe, erlebte ich nun die andere Seite. Und was soll ich sagen: Es machte Spass, die Fussgaenger zu scheuchen! Der Fahrer, ich nenne ihn der Einfacherheit mal Rajim, war ein Wunder an koerperlicher Beherrschung. Hupe, Schaltung, Handzeichen, alles aus einem Guss. An einer Ampel lehnte er sich ploetzlich aus dem Fenster und fing aus Leibeskraeften an zu schreien. Rajim war offenbar mit einem anderen Taxifahrer in Disput geraten, wer jetzt die Vorfahrt hatte. Im Zweifelsfall derjenige, der die meisten Beulen am Auto aufweisen konnte. Aber alles halb so schlimm, erklaerte mir Rajim, es war sein Onkel, mit dem er noch einige Kochrezepte austauschen musste. (ja, das ist natuerlich frei erfunden, aber spaetestens seit Tom Kummer wissen wir, dass nicht jede Geschichte wahr sein muss)



Weiter ging die Fahrt, der Zeiger der Uhr rueckte bedrohlich auf Viertel vor Elf, um Elf sollte ich mich langsam am Flughafen einfinden. Aber Rajim hatte es sich wohl zur Aufgabe gemacht, meinem Willen zur Entschleunigung Folge zu leisten. Er bog scharf links ab und sagte: "Need 2 Minutes for Petrol." Nun gut, alles besser, als mit leerem Tank auf dem Highway liegen zu bleiben, dachte ich. Das Tanken ging schnell, vermutlich, weil ich ihm schon mal 100 Rupies Vorschuss gab.

Wieder auf der Strasse, ballte sich etwas Bedrohliches zusammen: Ein Stau. Von Weitem erkenn- und hoerbar am wilden Hupkonzert, aber schlecht umfahrbar. Dachte sich Rajim wohl auch und bog wiederum scharf links ab. Ungluecklicherweise war ausgerechnet an diesem Tag Markttag. Und so knallten uns Flueche und Verwuenschungen der Marktfrauen an den Kopf respektive ans Blech.

Aber Rajim machte es moeglich. Nach einer Stunde in einem Backofenwarmen Taxi und vielen unsicheren Momenten raste er vor das Terminal, wo ich gluecklicherweise wieder mit dem Indian Way of Life konfrontiert wurde. Der Abflug verspaetete sich um eine halbe Stunde.


So, und demnaechst werde ich von den Resten des einstigen portugisischen Kolonialreiches Goa berichten, von einer Ayurveda-Massage und einem echten Fortune-Teller, der mir natuerlich nichts anderes weissagte als Reichtum, Glueck, Liebe und viele Kinder. Was sonst!

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funny story. i like your style. nicht ganz so rabiat, aber aehnlich geht es hier in NYC zu. :-)

take care,
june

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Oh, oh - seit ich Shanghai gesehen habe, kommt mir New York City wie verkehrstechnisch wie ein Dorf vor. Und Bombay klingt nach Shanghai mit Bonus. ;)

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