Strandbarfuss.

Ein Abend in der Strandbar in Mitte. Die Sonne gibt einen letzten Hauch ihres Lichts an die Schäfchenwolken ab, die den Himmel bevölkern, als hätte der Oberwolkenleithammel allen zugerufen: "Bleibt hier über Berlin, nicht weiterziehen!" Rosig angehaucht gegenüber das Bode-Museum, Stein gewordene Geschichtsbesessenheit der Gründerväter.

Unsere nackten Füße graben sich in den Sand, während wir uns erzählen, was in den letzten sechs Jahren nach unserer Trennung geschehen ist. Wir haben uns nie aus den Augen verloren, wir wussten immer, wer gerade mit wem wie zusammen oder getrennt ist. Trotzdem gibt es Vieles, was wir nicht mehr voneinander wissen.
Er, der dynamische, so völlig untypische Junganwalt mit dem hinreißenden bayerischen Zungenschlag. Ich, die gescheiterte Juristin und trotzdem irgendwie zum BWL-Diplom gekommene Szene-Maus, die ihren Nasenring kurz vor dem Kennenlernen endgültig auf den Müll geworfen hatte.

Wir hatten eine schöne Zeit. Sein Kombi, mein Gaskocher, unsere Ideen, wohin wir am Wochenende fliehen wollen. An den Strand, ans Meer, einfach alles in den Sand geworfen, auch unsere Verliebtheit, sie knirschte recht laut und regelmäßig fanden wir Sand in den Taschen unserer Jeans.
Nun also das Wiedersehen. Gleiche Ausgangslage. Er von seiner Freundin frisch getrennt, ich mit dem Kritiker nie wirklich zusammen gekommen. Den Gedanken kurz angedacht, verworfen. Nein, die Dinge sind gut so, wie sie sind.

Im warmen Sand berührt sein rechter Zeh meinen Fuß, verharrt, fängt an, sanft zu streicheln. Ich ziehe ihn nicht weg, ein Kribbeln breitet sich von der Stelle aus, die er mit gleichmäßigen Bewegungen liebkost. Wir sehen uns an. "Du bist die Frau mit der ich am liebsten im Sand gespielt habe", sagt er und seine blaugrünen Augen leuchten in der Dunkelheit. Im Sand spielen. Wie Kinder. Wir spielen ein wenig weiter, bevor wir uns verabschieden.

Barfuss im Sand. Strandbarfuss. Ich ziehe meine Schuhe wieder an. Zurück auf den harten Asphalt der Straße.

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Klein.

Wenn ein Mann von sich sagt "Ich bin ja nicht so groß", dann sollte man so schnell wie möglich das Thema wechseln. Oder weglaufen.

Aus: Wenn Männer leiden.

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Ticktack.

Herrje, meine Eierstöcke tanzen Tango.

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Vorschlag.

Heute mal einen Brainfick haben.

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Aquarianer.

Männer brauchen Hobbies, die sie von Kindesbeinen an bis ins hohe Alter betreiben können. Angeln ist so eines: Mit dem Opa hat alles angefangen, der nahm sie immer mit und stundenlang saßen sie schweigend nebeneinander, bis ein winziger Fisch im Eimer zappelte, den die Oma später mit angeekeltem Gesichtsausdruck schlachten musste.
Oder Autos, natürlich. Das Männerhobby schlechthin. Erst die Carrera-Bahn, später der Carrera von Porsche, und wenn es dazu nicht ausreicht, muss es wenigstens das neueste Tuning-Set für den Opel Calibra sein.
Noch so eine Freizeitbeschäftigung, die Männer fasziniert und Frauen einigermaßen ratlos hinterlässt, sind Fische. Nicht die eben erwähnten zum Verspeisen, sondern Guppies, Seidenschwänze, Putzerfische und Konsorten.

Ich kann mich an nicht wenige Pressspan-Jugendzimmer erinnern, die neben der kompletten Sammlung TKKG-Bücher, diverser Fisher Price Bausets und Muttis Kakteen im Fenster auch ein Aquarium beherbergten. Bei Matthias waren alle diese Ausstattungsmerkmale gegeben, und zumindest wegen der TKKG-Bücher war ich häufiger Gast, denn Matthias verlieh seine Literatur nicht. Die Mädchen mussten schon kommen um bei ihm zu lesen. Immer beobachtet von einem Schwarm Guppies, die er mit Leidenschaft züchtete.
Wenn er dann das Licht ausdrehte, um in der Dämmerung einen zarten Kuss zu erhaschen, leuchtete das Aquarium romantisch und die Filteranlage gab leise Schlürfgeräusche von sich.

Einige Jahre später, wir befinden uns in einem WG-Zimmer in Berlin Schöneberg, war die Technik der Aquarien sowie ihrer Anhänger erheblich fortgeschritten. Das 100 Liter-Glasmodell von Sven stand am Fußende und beherbergte eine einzigartige Meeresfauna, wie er mir stolz erzählte. Er informierte mich noch einige weitere Minuten und Wodka-Lemons mehr über dessen Bewohner, bis ich endlich genug hatte und ihn in die Kissen zog.

Mitten in einer Stellung, die durchaus Freude machen kann, wurde ich unaufmerksam. Mein Blick schärfte sich wieder und ich konnte einen Putzerfisch sehen, der, die Lippen dicht an die Scheibe gesaugt, das Geschehen beobachtete. Ich vermeinte Schlürfgeräusche zu hören, aber die Filteranlage summte nur leise und der Putzerfisch stülpte bloß lautlos seine Lippen über Algenreste.
Im Hintergrund sausten Guppies und andere Fische umher und hielten Gericht über Svens und meine Leistungen. Mitten in der Kür tauchte er plötzlich wieder über der Decke auf. Sein Mund senkte sich auf meinen. Für einen kurzen Augenblick hatte ich eine Eingebung: Er sei der Putzerfisch. Und alle seine Guppies klatschten mit ihren Flossen Beifall.

Seitdem bin ich immer gespannt, wenn ich die Wohnung eines potenziellen Bettgefährten betrete. Er könnte ja ein Aquarianer sein.

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Verkettet.

Als wir das Kettenhemd unserer Ironie fallen gelassen haben, und mit jedem Stoß unserer Körper dessen Glieder mehr auseinander reißen, bis zum Schluss nicht mehr übrig bleibt als ein fadenscheiniger Schutzwall aus Eisen, hinter dem wir uns versteckt halten. Als alle Wut aus uns hinaus ejakuliert ist, stehen wir nackt voreinander. So nackt. Verletzlich wie kleine Kinder, die noch keine Doktorspiele kennen, dafür die Angst vor der Dunkelheit. Wir klammern uns aneinander, bedecken unsere Gesichter mit Küssen und haben für einige wenige Momente das gefunden, was wir suchten.

„Das zwischen uns kann nicht funktionieren“, flüsterst du und ich weiß, dass du Recht hast. Wir sind zwei Hälften eines Ganzen, die jede so gut alleine existieren kann, dass sie die Existenz der anderen schon vergessen hat. Nur ganz selten durchleidet sie noch diesen Höllenschmerz, wenn sie auf die andere Hälfte trifft.
Wir haben uns gut arrangiert. Mit dem Leben, dem Leiden und der Antwort auf jene Frage, ob denn da mehr sein könne. So gut, dass wir uns vor Angst in die Hose scheißen, wenn das Schicksal uns die andere Hälfte auf den Teller schiebt. Iss oder stirb, heißt es dann und wir sind schon satt, bevor wir auch nur gekostet haben. Denn wenn wir uns festlegen würden, müssten wir auch den kostbar geschmückten Kelch neben dem Teller bis zur Neige leeren. Auf ihm steht graviert: Beziehung.
Nein, da bleiben wir doch lieber hungrig und stopfen in gelegentlichen Fressattacken alles in uns hinein, was das Leben zu bieten hat. So lange bis wir kotzen.

Irgendwann, wenn wir längst zu Staub zerfallen sind, wird jemand die rostigen Überreste unserer Kettenhemden ausgraben und ironisch lächeln.

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Gespräch des Tages.

"Was hast du denn da am Hals? Das sieht aus wie ein Knutschfleck."

"Das ist kein Knutschfleck. Das ist ein Sexfleck."

Bin ich jetzt altmodisch, wenn ich das seltsam finde?

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Sternstunden-Statistik.

Neben der Vorliebe für den schönen Namen ‚Horst’ hege ich noch zwei weitere heimliche Leidenschaften: Statistik und Sternzeichen. Jedes für sich ein wunderbares Betätigungsfeld für unterbeschäftigte Akademikerinnen, denen Töpfern zu langweilig und Sticken zu Augenschädigend ist.
Mit Statistik lässt sich ja beinahe jedes Problem erklären. Man bildet hier ein Cluster, dort eine Normalkurve und schwupps!, ist man argumentativ auf der sicheren Seite.
Sternzeichen sind da eine schon schwerer fassbare Wissenschaft, dem Beweise nur vermindert zugänglich und darum dem XY-Träger mitunter Grund für verächtliche Äußerungen. Gunter Sachs hat in seinem schönen Buch 'Die Akte Astrologie' den mathematischen Beweis für die Eigenschaften von und Anziehung zwischen Sternzeichen versucht. Er kam zu dem Ergebnis: Es ist nicht wirklich quod erat demonstrandum, aber bei bestimmten Dingen gibt es Signifikanzen. So sollte ich als Wassermann-Frau der Statistik nach eine Vorliebe für männliche Wassermänner haben.

Listig mit Statistik
Und hier kommt meine ganz persönliche Leidenschaft - manche sprechen sogar von Besessenheit - ins Spiel: Listen. Irgendwann, ich glaube, es war schon recht früh in meinem sexuell aktiven Leben, begann ich, Listen zu führen und Statistiken zu erstellen. Ich bin ein vergesslicher Mensch, die Datenflut fordert ihren Tribut an meine grauen Zellen. Der Anfang dieser Liste lag also im Bestreben, die Geburtstage meiner Lieben (und Liebhaber) nicht zu übergehen.
Es gibt zudem ein eindeutiges Indiz für das Interesse einer Frau an einem Mann: Sie fragt nach seinem Geburtsdatum oder Sternzeichen. Das ist eine ganz weibliche Form der Datenerhebung. Ich bin da keine Ausnahme. Nur schreibe ich eben alles in eine Liste und werte aus.

Wer hat's erfunden? Die Schweizer
Kommen wir kurz auf Gunter Sachs zurück. Seine Grundgesamtheit ist sehr viel größer und genauer dokumentiert als die meine: Die Schweizer. In ihrem eidgenössischem Ordnungssinn haben unsere Alpennachbarn seit 1875 alles an Daten gesammelt, was das Volk hergibt.
Meine Liste dagegen ist so kurz, dass man gerade mal von einem Trend sprechen kann. Und der geht deutlich in Richtung Steinböcke, Fische, Waagen und Zwillinge. Deutlich unterrepräsentiert: Skorpione, Stiere und Krebse. Obwohl ich mal mit einem Krebsmann verlobt war - nun, das könnte man notfalls bedenkenlos als Jugendsünde verbuchen. Aber warum ist das so? Signifikanzen? Sich selbst erfüllende Prophezeiung?

Signifikanzen
Angeblich sollten sich Luftzeichen wie Waage, Zwillinge und Wassermann fast blind verstehen (hier vermeide ich einfach mal die Anekdote, dass eine Waage meiner Vergangenheit eine ähnlich hohe Dioptrinzahl hat wie ich). Das mag stimmen, jedenfalls sind mir diese Herren allesamt in bester Erinnerung geblieben, auch wenn die Verbindung nicht von Dauer war. Was aber haben die behäbigen, pragmatischen Steinböcke an Anziehungskraft auf ein so unstetes Wesen wie eine Wassermannfrau? Was die vordergründig sozialen, hintergründig aber egozentrischen Fische? Hier versagt die Statistik jämmerlich. Ich könnte allenfalls anführen, dass mein Mond im Steinbock steht und ich daher ähnlich maulfaul bin wie die astrologischen Nachbarn, wenn es um Gefühle geht. Oder dass ich gern mal vor mich hinträume wie Fische (mein Aszendent, na bitte!), aber im Gegensatz zu ihnen unter einer ausgeprägten Soziophobie leide. Und warum mag ich keine männlichen Wassermänner wie es laut Gunter Sachs' Statistik sein sollte?

Ach, es lässt sich ja doch nichts beweisen, die Sterne sich nicht zwingen. Aber Gunter Sachs hat schließlich auch nur die Schweizer ausgewertet. Und die sind bekanntlich etwas anders als andere Europäer.

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Im Netz.

Schmetterlinge im Bauch einfangen gehen.

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Prinzenrolle.

Vier Frauen, ein Thema: Wie soll der ideale Partner beschaffen sein? Ansprüche wie "Anzugträger sein, natürlich, und das gern", "gut ficken können" oder "seine Neurosen sollen zu meinen passen" sind noch die geringsten.

Fragt man genauer nach, kommt endlich Butter bei die Fische, wie der Pöttler gern mal sagt. Der Herzbube sollte nämlich nicht nur intellektuell ein Überflieger sein, sondern zusätzlich Aussehen wie ein junger Gott - ein ordentlich frisierter selbstverständlich. Kulturell interessiert, mit wohlerzogenem Habitus und angenehmen Tischmanieren möge er der Dame des Herzens regelmäßig kleine oder größere Geschenke machen. "Was war euer wertvollstes Geschenk?", fragt Frau F. in die Runde.

Wir überlegen. Welchen Wert hatte der Auserwählte uns einmal zugedacht, den er in messbaren Ausdruck brachte? Frau M. spricht von einer Reise, die er ihr spendiert habe. Frau F. kontert etwas kleinlaut mit einer "Reisekostenbeteiligung". Ich denke an die vielen Reisen, die Anlass waren zur Erleichterung, wenn sie wieder vorbei waren und resümiere kurz, dass der Reisespaß meist ein teuer erkaufter war. Grund, weshalb ich gern allein die Welt für mich entdecke.

Mein teuerstes Geschenk gab ich nach Beendigung einer unseligen Verbindung ohnehin wieder zurück, freiwillig und leichten Herzens: Den goldenen Verlobungsring mit halbkarätigem, eingelassenem Diamanten, den mir mein damaliger Prinz an den Finger gesteckt hatte.

"Die haben doch heutzutage sowieso alle kein Geld", murrt Frau M und fügt hinzu: "Hier in Berlin ausserdem noch nicht einmal einen zukunftsträchtigen Job." Der Prinz, also, potent und mit Potenzial, ist schwer zu finden. Ein wenig lächelnd denke ich, dass mit zunehmendem Alter auch Prinzen mit geflickten Gewändern und kleinen Rissen in der Firnis ins Blickfeld geraten. Manchmal vergreift man sich dann sogar am Hofnarren, ebenso unterhaltsam wie inadäquat. Ich warte noch auf den Tag, an dem ich mich mit einem Hofnarren zufrieden gebe.

Einig sind die vier Damen nur in einer Aussage: Verdammt viele Frösche laufen herum, die nicht zur Prinzenrolle passen, die man ihnen zugedacht hat. Aber wir sind ja auch alle keine Prinzessinnen. Immerhin: Erbsenzählen, das können wir.

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