KritikOper.

Frau Gröner war in Wagners Rheingold und begeistert mit Opernkritik: "Das erste Mal Rheingold ohne nutzlos nackte Oberweite."

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BüroMassage.

Wo waren Sie, werte Leser, um die Jahrtausendwende? In der Zeit, als Internetblasen an jeder Ecke waberten und alle jung, hip und Aktionär sein wollten?

Genau. Nicht anwesend. Sie haben entweder noch die unbequemen Hörsaalbänke der Uni gedrückt oder kämpften sich in irgendeinem Konzern nach oben, der seinen Internetauftritt eben jenen Agenturen anvertraut hatte, in denen junge, hippe und mit Aktien spekulierende Kreative arbeiteten. Frühstücksservice und Billardtisch inklusive ob der zunehmenden Trennunschärfe von Arbeit und Freizeit. Waren die Kreativ-Rücken einmal verspannt, kam eine hippe, junge Masseurin ins Büro und walkte so lange, bis zumindest ansatzweise wieder ein Körpergefühl vorhanden war.

Nun sind die wilden Jahre längst vorbei, und diejenigen, welche nicht daran teil hatten, pflegen ihre Kontostände, während die anderen sich eines Daseins im Halbschatten der digitalen Bohème erfreuen. Auch die junge, hippe Masseurin hat den Trend der Zeit erkannt und bietet ihre Dienste mittelalten Wellnessern an.

Doch, halt! In einem kleinen Städtchen ist irgendwie die Zeit stehen geblieben. Denn hier gibt es sie noch: die Büromasseurin! Sie hat den rauhen Charme eines chinesischen Hammerwerfers, die heilende Kraft der Hände und quetscht nicht nur gern Muskeln sondern auch die zu Massierenden aus nach Gerüchtchen, Geschichtchen und Kleinstadttratsch. Man tut also gut daran, gelegentlich gequält aufzustöhnen, um unter dieser angenehmen Folter nicht zu plaudern. "So, das hätten wir auch", freut sich die Walküren-Walkerin, als meine Wirbelsäule drei Mal hintereinander laut und vernehmlich knackst. Nach der Massage schleifen meine Füße beim Gehen ein wenig über den Boden, und ich bin wieder sicher: Ich habe einen Rücken, der seine Funktion erfüllt.

In der Provinz gehen die Uhren ein wenig anders. Aber wir sind halt auch die analoge Bohème. Mittlerweile auch mit Büromasseurin.

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WebDiaspora.

Die T*kom ist schon ein Saubeutel-Verein. Jedes normale System gibt eine Fehlermeldung ab, wenn ein Passwort ein Zeichen zu lang ist. Nicht so das Anmeldesystem der T*kom. Erst nach langer Suche ist die Fehlerquelle gefunden. Alle anderen Passwörter haben ein Zeichen mehr. Drei Tage ohne Internet. Drei Tage Diaspora.

Ich kann auch jederzeit aufhören mit dem Internet. Je-der-zeit. Hören Sie?

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KinderKinder.

Des Gentlemans Patenkind hat Geburtstag. Die halbe Schulklasse ist eingeladen, natürlich nur der männliche Teil, denn: "Mädchen sind voll blöd!" Jungs sind im Umkehrschluss supercool und so schwirren 10 Mini-Männer mit wichtigen Mienen um uns herum, die Hosen auf Halbmast, Fischermützen auf dem strubbeligen, viel zu langen Haar und Rotz unter der Nase. Fußball soll es sein, wünscht sich das Geburtstagskind, und was kann man ihm schon abschlagen? So müssen alle mit, auch Leon, der leider bewegungstechnisch kein Profi ist und entsprechend gern die Aufgabe des Mitläufers und Linienrichters übernimmt. Viktor macht den Flankengott und wirft sich des Öfteren dramatisch zu Boden. Die Geburtstagskindsmutter rollt die Augen, im Ohr schon den Kommentar der Viktormutter über Grasflecken, die gehen nie wieder raus. Ludwig, ja, genau der Kleine dort hinten mit der Beethoven-Gedächtnisfrisur, heult. Er hat den Ball von Julius auf den Solarplexus bekommen. Julius wiederum hat wenig Verständnis für die Nöte seines Kumpels und wirft diesem ein verächtliches "Flenn nicht, du Pfeife!" zu. Wir intervenieren und versuchen, richtiges Sozialverhalten zu vermitteln. Weg vom raubeinigen Fußballergebolze, hin zum Gemeinschaftswerk Tauziehen. Die Minis jubeln, fallen übereinander, kreischen entzückt. Nur Ludwig, der heult schon wieder und zeigt mir seine vom Juteseil minimal rötlich gefärbten Handflächen. Ich sage: "Da ist doch gar nichts. Sei ein Mann!" Äh, ja. Da war was mit kindgerechten Aussagen. Kinder, Kinder.

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Frühling.

Eine echte Auferstehung, ein Stück Unsterblichkeit.
Henry David Thoreau

Da, die ersten grünen Spitzen an den Bäumen! Und die Felder, so satt und feucht! Gleich der Natur sprießen auch bei uns die Triebe. Marderchen, Vögelein und Dächslein erwachen aus der winterlichen Ruhepause. Jagen sich, spielen und balzen, unschuldig wie kleine Kinder. Frühling ist eine wunderbare Zeit! An den Straßenrändern lassen sich jetzt wieder in aller Ruhe Wildtiere und Hauskatzen sezieren.

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BeziehungsTupper.

"Bitte", sagt er und klingt kläglicher als ein nasses Kätzchen, "bitte, kauf das nicht." In solchen Momenten sollte man natürlich auf seinen Partner hören. Leider bin ich etwas taub auf dem Beziehungsohr und so habe ich eben zugeschlagen.

Goldgelb glänzend und zart, mit einem bräunlichen Rand, kleine Löcher hat er, was man anderenorts als Fehler bezeichnen würde. Hier passt es. Und hier schmeckt auch alles um die Löcher. Leider, und da kommt die inständige Bitte des Gentleman ins Spiel, stinkt der von mir bevorzugte, und endlich auch im hiesigen Kühlregal gefundene, Käse bestialisch, sobald er aus seiner Plastikumhüllung geschält wird. Man riecht ihn schon bei der abendlichen Rückkehr in der Tür, wenn man ihn am Morgen auf dem Brötchen genossen hat. Und ein Genuss, ein wahrer, rücksichtsloser, elementarer, das ist er. Ich halte mir die Nase zu, wenn ich in meine Schrippe beiße, wische mir hinterher die Tränen aus den Augen und hole den hyperventilierenden Gentleman am Fenster ab. Unsere Beziehung gerät langsam in ernste Gefahr. Das kann so nicht weitergehen.

Aber was wäre der Fortschritt nicht ohne die guten Seiten und so nutzen wir seit einigen Tagen die Krone der Schöpfung der Haushaltswarenbranche und verbringen den Käse sofort in eine Tupperdose. Hier dünstet er sinnig vor sich hin und wird nur für wenige Minuten des Tages aus seinem Duft-Gefängnis befreit. Der Gentleman kann endlich wieder durchatmen. Unsere Beziehung ist gerettet. Die Nachbarn lächeln mir wieder zu.

Ich überlege den Kauf einer Zweitdose. Für den vom Gentleman bevorzugten Käse. Der stinkt mir nämlich auch. Gewaltig. Tuppern wir ab sofort weiter. Für die Beziehung.

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Erledigt.

Gesichter, Stimmen,
Namen verschwimmen.

Den ersten Arbeitstag habe ich gut überstanden. Werde ich jemals die Namen zum passenden Gesicht nennen können?

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Sieg!

Heute das erste Mal gegen Andreas Keßler und den Gentleman in Die Sonntagsfahrer gewonnen und das Auto am Motor- und Türenzuschlaggeräusch erkannt. Ha!

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Sansibar.

Also, ich erwähnte es zwar schon vor einiger Zeit, aber gern empfehle ich heute erneut Frau Müller.

Als kleine Umarmung an alle Freundinnen, die jetzt noch 100 Kilometer weiter entfernt wohnen als vorher:

Drei Männer her
zwei Amazonen wie wir
können sich nicht so leicht verlieren
gegen ne Weiberfreundschaft wächst so schnell kein Kraut

manchmal kommt´s mir vor
als ob ich Deine Stimme hör
und gerade heute fehlst Du mir besonders laut

und immer wieder seh ich Sachen
da muss ich plötzlich lauthals lachen
und weiß genau das könnt´st jetzt echt nur Du versteh´n ...


(Und Frau Müller hat jetzt 'ne gebotoxte Stirn. Ich werde dann über meinen Selbstversuch, so vollbracht, berichten.)

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VorherNachher.

Hauptstadtaussicht


Kleinstadtaussicht

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Höhle.

Unsere Altvorderen kannten keinen Widerspruch. Die Frau hatte dem Manne untertan zu sein und sich brav seinem Umfeld einzugliedern.

Heute ist das zum Glück anders. Da steht frau selbstbestimmt im Leben, erarbeitet im Schweiße ihres Angesichts ein eigenes Einkommen, kämpft sich allein durch die Fallstricke des Lebens und sucht sich selbstverständlich den Begatter ausschließlich nach Lust- und Spaßkriterien aus. Dem natürlichen Gebärdruck steht schließlich ein rasanter medizinischer Fortschritt entgegen, wenn schon, dann Anfang/Mitte Vierzig und bitteschön Zwillinge, die Hollywood-Ladies machen es vor. Alles in allem also ein total entspanntes Ding, so als Frau in der Mitte des Lebens.

Wenn da nicht die Liebe wäre. Die schmeißt einem dann so ziemlich alles über den Haufen. Für die Liebe nimmt man, sofern nicht in der selben Stadt beheimatet wie der Liebste, Kilometerfresserei inklusive schleifender Bremsen, Zugverspätungen, geplatzte Treffen, Wochenendgefühlsreduktion und allgemein den romantischen Trennungsschmerz in Kauf, den die abendlichen Telefongespräche hervorrufen. Bis dann, irgendwann und manchmal ganz plötzlich, einer von beiden sich entscheidet. Gegen oder für die Liebe. Gegen oder für den Umzug. Gegen oder für die kleinere Mittelstadt. Gegen oder für den schlechter bezahlten, aber dafür wesentlich spannenderen Job. Gegen oder für - alles.

Er hat mich in seine Höhle gelockt. Hier sind es im Winter immer drei Grade kälter als in der Großstadt, dafür besticht der Sommer mit Myriaden von kleinen Mücken, Gnitzen genannt. Der Blick geht gen Osten durch bis nach Sibirien und verliert sich nach Westen in brandenburgischen Getreide-Monokulturen. Hier gibt es noch Eisnebel, ein oder zwei Eisdielen, deren Besitzer schon die gleiche Schulbank drückten, bevor sie die Wende kalt erwischte. Dann schon lieber Eis als Hartz IV.

In der Höhle ist es warm. Ich ziehe mir jetzt meinen Pelz über und jage ein paar regionale Produkte.

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