Geistesgegenbad.

Wissen Sie, werte Leser, ich bin stark frustriert. Nein, nein, nicht, was Sie jetzt denken, da ist alles in Ordnung, ich kann nicht klagen. Es ist vielmehr die Erkenntnis über die Grenze des menschlichen Schaffens, die mich so wurmt. Wieso, mögen Sie sich fragen, regt sich Frau Wortschnittchen ausgerechnet darüber auf, soll sie doch einmal die U 6 von Endhaltestelle zu Endhaltestelle durchfahren, da begegnet sie jeder Form der menschlichen Begrenztheit! Nun fahre ich diese Strecke ja berufsbedingt täglich zur Winterszeit und habe mich bislang immer für den geistesbegabten Rand der Gaußschen Glockenkurve gehalten, gepaart mit einem außergewöhnlichen handwerklichen Talent. Aber wenn Sie wüssten, wie mir die Schamesröte ins Gesicht stieg, als ich folgendem Dialog lauschen durfte:

Handwerker I: "Neulich, da ha' ick 'ne Wohnung jesehn, überall hatten die voll krass unprofessionell Wände jeweißt. Wennse dit allet ma von richtije Handwerker machn lassn würdn!"

Handwerker II: "Hab isch meim Vatta gesacht, der wollte ooch selba fliesen, is aba Bäcker, sach ich: Baba, machst du nischt selbst, lass misch machn, nix bei Maxe Bahr oda Bauhaus, kann isch besser, hab isch gelernt."

Leider bin ich nicht in der Lage, das Gespräch wirklich wahrhaftig wieder zu geben, denn ich versank umgehend vor der geballten Kompetenz der Handwerker in den buntgemusterten Sitzen des öffentlichen Nahverkehrs. Ich gestehe: Ich bin eine Hobbyhandwerkerin. Beseelt von dem Gedanken, alles zu können, was Handwerker auch können, war ich lange Stammgast in Heimwerkermärkten, nervte fachlich kompetente Verkäufer mit dummen Fragen und beschloss sodann, mein Bad selbst auszubauen.

Eines schönen Sommertags kaufte ich Fliesen, Fliesenkleber, Fugenkitt und diverse Gerätschaften, um endlich der unschönen Elektrodusche, untergebracht im hintersten Winkel meines vier Meter langen aber nur 90 Zentimeter breiten Bades (Berliner wissen, wovon ich spreche) den Garaus zu machen und alsbald einen Tempel der morgendlichen Erfrischung zu erbauen. Ich werkelte drei Tage und Nächte, schraubte, bohrte, flieste, fugte und schraubte wieder, bis ich endlich eine silikonverfugte Eckdusche mein Eigen nennen durfte. Nun haben aber Rigipsplatten als Untergrund von Fliesen in Feuchträumen die unangenehme Eigenschaft der Saugfähigkeit eines lybischen Kamels. Sie schimmeln nur ein wenig mehr. Ich werde also jeden Morgen mit den unschönen Ergebnissen meiner handwerklichen Selbstüberschätzung konfrontiert. Jeden Morgen.

Ich bin frustriert. Ich möchte ein richtiges Bad. Wenn es Not tut, lege ich gern ein wenig selbst Hand an. Ich habe ja jetzt ein neues Schraubenset.

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Schrauben.

Dass bei mir so manche Schraube locker ist, wusste ich schon länger. Aber jetzt gibt es Ersatz. Als alte Heimwerkerin freue ich mich darüber besonders!

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Waldtod.

Es mag wohl am Orange Blossom des gestrigen Barabends liegen, dass die Schlieren eines Traums sich bis weit in den Vormittag hineinziehen.

Über mir bewegt sich sanft das Blätterdach. Einige kleine Buchenblätter fallen taumelnd von ihrer Höhe der Erde entgegen, in der ich liege. Ein Käfer sucht nach Nahrung und krabbelt über mein rechtes Auge hinweg. Es ist warm, die Walderde umgibt meinen Körper wie eine flauschige Decke.
Mein Mörder hat sich nicht die Mühe gemacht, mich vollständig mit Laub und Humus zu bedecken. Er war wohl in Eile, wollte die Schleifspuren beseitigen, die von seinem alten Passat zu meinem Liegeplatz führen. Ich kannte ihn nicht. Aber er hatte mich beobachtet, lange schon.
Er wusste, dass ich gern auf die Tram verzichte, nachts, und lieber laufe, ein, zwei, drei Kilometer. Besonders in diesen Herbstnächten, die sich nicht entscheiden können zwischen dräuender Kälte und dem letzten Atemhauch des Spätsommers.

Es kitzelt. Eine Fliegenlarve bohrt sich in meine linke Brust. Sie muss sich beeilen, sollte sich satt fressen und zum Fluginsekt werden, bevor der Winter kommt und meine Reste steinhart gefroren, wenn nicht sogar von den Tieren des Waldes auseinandergerissen und in alle Winde verstreut sein werden.
Es kitzelt. Eine Fliege krabbelt über meinen Arm. Ich verscheuche sie wie die Schlieren des Traums. So tot bin ich noch nicht.

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Beiklang.

Schätzenswert: Aufräumen mit den Klängen von Muse und The Strokes.

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Wahlrecht.

Ich möchte niemals erwachsen werden.

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Burgerglück.

Wie friedlich doch auf einmal die lieben Kollegen sind, wenn zum Mittagessen die Gutscheine von B*rger K*ing eingelöst wurden. Bis auf Kollegin I. Die macht Diät und löffelt lieber den Sauertopf aus.

Edit: Anruf aus dem Stockwerk unter uns. "Habt Ihr eine Frittenbude bei euch aufgemacht?" Man hört uns nicht nur. Man riecht uns jetzt auch. Wir sind präsent.

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Präsenz.

Was zum Teufel ist bei Anke los?

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Nasenklau.

Es ist bekannt: Ich bin ein Nasenflötengroupie. Daher finde ich es auch nicht weiter schlimm, dass die Herren mich auf ihrer Homepage verlinken. Ahaber, meine lieben Nasenflötisten: Ohne zu fragen, ein von mir geschossenes Foto als Einstiegsbild auf Eure Seite zu stellen, gehört bestraft! Dafür muss ein Gästelistenplatz (plus 1) auf Lebenszeit drin sein. Oder, Gogo?

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Abgrenzung.

Wenn man nach drei Monaten immer noch nicht darüber nachdenkt, ob man das Richtige tut, schlittert man in eine Beziehung." Lesen Sie den Don.

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Fernweh.

So recht entscheiden kann man sich nicht. Das eine Ziel stand in der jüngeren Vergangenheit im Visier von Terroristen, das andere Ziel erfordert Pullover und Jacke im Gepäck und den Verzicht auf Sonne auf der Haut. Und das dritte, das Traumziel eines der Protagonisten, ist einfach zu teuer. Vor einigen Wochen hätte man buchen sollen, entfährt es mir missgelaunt. Da gab es sie noch, die günstigen Flüge ins Reich der Khmer, an die Küsten Thailands oder in den mexikanischen Urwald. Vor einigen Wochen allerdings, da kannte man sich noch nicht gut genug, jedenfalls offiziell, denn eigentlich hätte man es wissen müssen, gleich zu Anfang schon, als man die ersten zaghaften Annäherungen wagte, und plötzlich mit großen Augen staunend begriff: Da ist ja noch so jemand. Einer, der ähnlich denkt und fühlt und keine Angst vor schlechten Witzen hat, auf den man sich verlassen kann und dem man gern den einen oder anderen Stein aus dem Weg räumt ohne dass einem selbiger aus der Krone fiele. Einer, mit dem man bis ans Ende der Welt reisen würde. Allein, die Urlaubsveranstalter wollen es hindern. Sie sind keine Romantiker.

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Meise.

Unbestritten ist: Des Gentleman' Meise zwitschert recht laut. Allerdings muss sie auch gegen die meine ankommen.

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Wiedergänger.

Sie kommen wieder. Nachdem die alte Location nicht funktioniert hat, öffnet das Bassy erneut seine Pforten. Freunde des gepflegten Country-Pop, wir sehen uns!

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Rügentier.

Die unübertroffene Schmackhaftigkeit von Sanddorngummitierchen.

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Route.

Empfehlung des Hauses: Eine Tour durch Mecklenburg und Rügen im Herbst.

Die Dame aus dem Navigationsgerät und ich liefern uns einen Kleinkrieg. "Demnächst rechts abbiegen", fordert sie mit metallisch klingender Stimme. "Das kann gar nicht stimmen", behaupte ich und drehe die Karte ein wenig in der Hand. Der bestmögliche Mitreisende (BMM) grinst und meint, ich solle der Navi-Dame ruhig vertrauen, sie habe immer Recht. Pah!, trotze ich innerlich, hört er etwa mehr auf sie als auf mich? "In sechzig Metern rechts abbiegen." Sie lässt sich nicht beirren.

Es ist dämmrig, als vor uns die Lichter von Schloss Klink auftauchen. Der BMM hatte in weiser Voraussicht auf meinen geistigen Nulllinienzustand auf die Option "Übernachtung im Froschmobil ohne Standheizung" verzichtet und stattdessen ein Zimmer mit Seeblick gebucht. Schloss Klink ist in jeder Hinsicht für fortgeschrittenes Rentnern zu empfehlen: Geschmackvolle Zimmer, Wellness-Möglichkeiten (Panorama-Bad, Massagen, Beauty-Angebote) und ein grandioser Ausblick auf das "Kleine Meer", wie die Müritz in einschlägiger Reiseliteratur gern genannt wird. Ein "kleines Meer" anderer Art findet sich in Waren/Müritz. Empfehlenswert: Ein dreigängiges Menü, gekocht von einem der besten Köche Mecklenburgs.

Derart gesättigt und nach etlichen medizinischen Massagen gestützt, machen sich der BMM und ich auf den Weg ans richtige Meer, denn "Ich bin auf Entzug", wie ich kategorisch behaupte. Die Navi-Dame weist uns immer Richtung Norden, über Land, denn sowohl in des BMM Herzen als auch in meinem haust ein wilder Entdeckergeist. Dem wird auch bald Genüge getan.

Denn: Kennen Sie auch diese Orte, bei deren Erwähnung Sie Ihrem Gegenüber unwillkürlich ein "Gesundheit" wünschen? Tützpatz ist so einer. Man findet diesen Ort eigentlich nicht. Er findet einen. Wenn man von Stavenhagen aus eine Tour zu 1000jährigen Eichen unternehmen möchte, sich ein wenig verfährt und selbst die Dame aus dem Navigationsgerät keine Straßen mehr kennt, stolpert man irgendwann über Tützpatz. Was gibt es dort zu sehen? Eigentlich nichts. Aber allein wegen des Namens wollte ich den Ort nicht unerwähnt lassen. Und natürlich wegen der ihn umgebenden, herbstlich öden mecklenburgischen Landschaft, die man genießen sollte, denn nichts entspannt so sehr wie das Nichts.

Andererseits sind der BMM und ich jetzt auf den Geschmack gekommen und mit ein wenig mehr als Nichts geben wir uns schon nicht mehr zufrieden. So rollen wir unser Froschmobil über buntbelaubte Alleen, nehmen in Stahlbrode bei Greifswald die Fähre über den Bodden nach Rügen und grinsen uns einen, als wir auf dem Parkplatz von Schloss Ralswiek zwischen all den standesgemäßen Karossen stoppen.

"Sie haben das Arrangement 'Goldener Oktober'", belehrt uns die Rezeptionistin. Neben einigen Herrschaften, deren goldener Oktober mit Sicherheit bald einem zweiten Frühling weichen wird, sind wir glücklicherweise nicht die Einzigen außerhalb des Pensionsalters. Zumal wir immer die richtigen Reiseutensilien dabei haben:



Fahren Sie doch auch einmal im Herbst an die Küste. 100 Stunden Erholung sind in der richtigen Begleitung manchmal so viel wert wie 1000. Und bei der Dame aus dem Navi will ich mal nicht mehr so sein. Sie ist ja doch ganz nett.

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100.

100 Stunden Auszeit von der Arbeit. 100 Stunden, in denen der BMM (bestmögliche Mitreisende) nicht nur für die Navigation über Mecklenburgs Straßen, eine perfekte Organisation und herbstlich angenehmes Wetter sorgte, sondern sich ganz allgemein als eben jener bestmöglicher Mitreisender zeigte, die man so selten findet, mit denen man aber dann gern bis ans Ende der Welt reisen möchte.

Und an den Herrn Kreuzberger vielen, herzlichen Dank für diese tolle Überraschung! Country rules!

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48.

Wie lang 48 Stunden sein können. Ohne eine einzige Stunde Schlaf, mit nur einigen wenigen Erholungspausen zwischendurch, zunehmend unangenehmen Pfeifgeräuschen im Ohr, voll mit beginnender körperlicher Schwäche und eines erlahmenden Geistes, der trotzdem zu Höchstleistungen in der Lage sein muss. Der Termin konnte gerade so gehalten werden. Danke, du Totalausfall von Führungsperson. Wie lang 48 Stunden sein können.

Vor mir liegen 100 Stunden Erholung. Vielleicht bin ich danach wieder Mensch. Und Bloggerin. So long und dank allen, die sorgenvoll nachgefragt haben.

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