Grußlos.

Wie bescheuert ist das denn, einen Kommentar mit Mit freundlichen Grüßen oder mfg zu unterschreiben? Bitte finden Sie sich in Zimmer 213 ein. Vergessen Sie aber nicht, vorher eine Wartemarke zu ziehen. Stempel. Unterschrift. Mit freundlichen Grüßen.

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Bettler.

Denn die einen sind im Dunkeln
Und die andern sind im Licht.
Und man siehet die im Lichte
Die im Dunkeln sieht man nicht.


(Bertold Brecht/Kurt Weill, Die Moritat von Mackie Messer aus: Die Dreigroschenoper)

Durch konsequente Vermeidung öffentlicher Verkehrsmittel komme ich nicht oft in die Verlegenheit, ausgestreckten Händen zu begegnen. Und verlegen, ja, schamhaft, reagiere ich, wenn eines dieser Geschöpfe in meinem Blickfeld auftaucht.
Meistens beginne ich, mich schlecht zu fühlen, denn ich weiß: Wenn ich nichts gebe, bin ich Unmensch, mitleidlos und kaltherzig. Wenn ich gebe, leiste ich der Bettelei Vorschub, unterstütze die oft im Hintergrund wirkenden Paten, die sich den Großteil des erbettelten Baren unter den Nagel reißen.
In den Sekunden der Annäherung streiten sich diese beiden Gefühle auf das Vortrefflichste. So bleibe ich in der Schwebe in einem geronnenen Moment des Nichtstuns. Bis er vorüber ist. Der Bettler und der Moment, in dem ich hätte geben können. Und es doch nie tue.

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Moral.

Kollegin III: "Sag mal, arbeitest du?"

Kollegin I (klickt heftig mit der Maus): "Nö."

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Nagel.

Von Frau Fragmentes Verletzungsfotos könnte sich Tarantino noch einen Nagel eine Scheibe abschneiden.

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Taktik.

Anderer Leute Blogroll durchklicken, um Blogs zu lesen, die man weder in seiner Blogroll noch in den Feeds haben möchte. Die irgendwie trotzdem faszinieren. Entsudelungstaktik. Muss aufhören.

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Bockskampf.

Männliches Äquivalent zu Zickenkrieg.

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Moody.

AufdemSofaeinwickelundSchokoladefressenddasschlechteTagesprogramm
genießen-Laune.

LeideraberimBürositzendundChefsverfluchend-Laune.

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Friesenengel #3.

Von der Waldmeisterbowle hatte Herr Hoffmann einige Gläschen probiert, bis er überzeugt war, sie sei für die große Sause am Samstagabend geeignet. "Heinz, dat mutt aber noch en büschn stärker, nech", fand dagegen Piet Johansen, sein bester Freund und kippte erhebliche Inhaltsmenden der mitgebrachten Flasche Korn in den großen Bowletopf. Heinz Hoffmann sah sich erschocken um. Aber seine Margit stand in der Küche und bereitete die Häppchen für das bevorstehende Fest vor.
"Nu, lass doch, Piet, es kommen doch auch die Lütten. Sogar die Kinners von de Polacksche mit ihrm Vatter, nech." "Ach", gab Piet Johansen gedehnt seinem Erstaunen Ausdruck, "die sin wieder im Lande?"
Heinz Hoffmann legte verschwörerisch den Zeigefinger über den Mund und zwinkerte nervös mit dem linken Auge. "Nüch vor Margit, hörste. Ich erzähls dir nachher, wenn meine Frau mit ihren Schnackmädels beschäftigt is."

Fortsetzung folgt

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Rucksack.

Die Hoffnungen, die du verloren hast
Der Zorn, der nie richtig verraucht
Und die verschusselten Träume, von denen am Morgen nichts bleibt
Das alles kommt mit
Das brauchen wir auch

Element of Crime, Das alles kommt mit


Sonntagsanruf. Ihre Stimme ist ein Klaglied mit anschließendem Crescendo. Aus jeder Note klingt ein Vorwurf, dem ich in einem verhaltenen Ton antworte. Ihre Hoffnungen hätten sich alle nicht erfüllt, klagt sie, denk nur, diesen Herbst hätten wir Silberhochzeit gefeiert, und jetzt fährt er alle halbe Jahre zu seiner Schlampe nach China, ich würde auch gern nach China, das hat er mir versprochen, und dann doch alle Verspechen gebrochen.
Das kannst du doch auch noch machen, es gibt gute, organisierte Reisen, und so entsetzlich teuer sind die nicht, versuche ich von ihren bösartigen Anklagen abzulenken, obwohl ich weiß, was jetzt kommt.
Ich bin zu alt für so was, kommt es prompt, diese fremden Menschen um mich herum, du, ja, du bist noch jung und machst ohnehin nur, was du willst. Du mit deiner Gefühlskälte machst es dir einfach, schon als kleines Mädchen wolltest du nie von mir angefasst werden, du bist mir auf die Nerven gegangen, meinen Schmuck hast du verschenkt im Kindergarten und als du weggelaufen bist, habe ich gedacht, du hättest dich umgebracht.
Kinder bringen sich selten ohne Grund um und laufen nur davon, wenn sie keinen Ausweg sehen, denke ich, spreche es aber nicht aus. Kinder haben meistens auch einen guten Grund, wenn sie sich von der eigenen Mutter nicht anfassen lassen wollen. Der Geruch nach Alkohol gehört dazu. Ihre Stimme hat jetzt jene Höhen erreicht, die mein Trommelfell erbeben lassen und sich einem glühenden Eisen gleich in mein Hirn bohren.
Ich sage nichts mehr, lege nur auf. Es ist der Zorn, der nie richtig verraucht, der immer mitkommt, aber ich habe noch meine Hoffnungen und wenn ich meine Träume verschussele, weiß ich, dass ich jede Nacht einen neuen geschenkt bekomme. Deinen Rucksack trägst du selbst, den nehme ich nicht mit.

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Zwei Tassen. Eine mit Kaffee gefüllt, die andere mit Hühnersuppe. Raten Sie mal, in welche ich die Milch gegossen habe.

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Friesenengel #2.

Im Flur vor dem Amtszimmer roch es nach Staub und Schmierseife. Eine der trüben Deckenleuchten flackerte. Frau Hoffmann saß auf einer langen, unbequemen Holzbank und mopste sich.
In Zimmer 213 schüttelte Richter Twetjendonk bedächtig den schweren Kopf. Er leckte an seinem dicken Zeigefinger, um besser in der Akte blättern zu können. "Nee", murmelte er unwillig. Die Kirchturmuhr schlug Mittag an und Richter Twetjendonk die Akte zu. Er hatte ein Urteil gefällt.

Fortsetzung folgt

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Friesenengel #1.

Hinter der cremigweißen Fassade des Siedlungshauses aus den 30er Jahren schien alles in bester Ordnung. Im großen Garten hinter dem Haus wuchsen Äpfel, Kirschen, Birnen und allerlei Gemüse. Viele bunte Blumen wucherten ein wenig wild, zwei Schaukeln schwangen sanft in der Brise, die sich immer Nachmittags vom Meer ins Hinterland mogelte. "Eine nette Familie, und so viele Kinder!", sagten sich die Nachbarn und freuten sich in dieser kleinen erzkatholischen Gemeinde zwischen Kanälen und Watt über jeden neuen Erdenbürger, denn mittlerweile waren es bereits neun Sprösslinge, die, Orgelpfeifen gleich, des Sonntags in der Kirche auf der fünften Bank von links eifrig beteten, sofern sie dazu schon in der Lage waren.
Eines Sonntagmorgens blieb die Bank leer. Die Gemeinde tuschelte. "Warum der Vater wohl auf Montage gehen muss, wenner doch hier auch arbeiten kann", "so richtig sauber sind die ja nicht gerade, kein Wunder, die Mutter ist ja ne Polacksche" oder "haste gesehen, die trägt Lippenstift" - der Vermutungen waren viele.
Als die Familie auch den zweiten Sonntag der christlichen Urpflicht schuldig blieb, fasste sich Frau Hoffmann ein Herz und ging nach dem Festbraten nebenan zum cremigweißen Siedlungshaus, während ihr Gatte schnarchend mit einer Zeitung auf dem Gesicht den freien Tag belärmte.
Die Vordertür - geschlossen. Die Hintertür - auch geschlossen. Frau Hoffmann erschrak. Das war ungewöhnlich und roch nach Gefahr. Sie schnupperte. Tatsächlich! Irgendetwas stank hier gewaltig.

Fortsetzung folgt

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Dessertittchen.



Wer wissen will, was sich hinter einem Hollärä Türmli verbirgt, sollte ins Nola's am Weinbergspark gehen.

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Bürosprech #2.

"Wir hatten ein Kick Off-Meeting zur Deadline."

Manchmal frage ich mich, ob ich in einem Dominastudio gelandet bin.

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Seelengärtner.

Der Teufel wohnt in Ostfriesland. Er wohnt in einem kleinen, windschiefen Häuschen am Rande des Moors, dessen Hintertür immer offen steht, denn so ist es in Ostfriesland üblich. Morgens geht er in seinen großen Bauerngarten, jätet Unkraut, bindet Bohnenranken auf, dünnt Salat aus und erntet seine Seelen, die im hinteren Teil in mehreren Reihen an zierliche Bambusstöcke gebunden sind.
Neulich wollte er gerade sein Messer zücken, um sich an der Seele einer Frau zu schaffen zu machen. Da sprach ihn die Frau an: "Teufel", sagte sie, "Teufel, was für ein wundervoller Morgen. Siehst du den Tau auf den Blättern der Bäume, hörst du die Vögel ihr fröhlich' Lied anstimmen und riechst du der Blumen wunderbaren Duft?"
Überrascht hält der Teufel inne, kratzt sich verdutzt im Schritt und antwortet: "Frau, quatsch mich nicht voll am frühen Morgen."

Warum wohnt der Teufel ausgerechnet in Ostfriesland? Warum träume ich in letzter Zeit häufiger von ihm? Will er meine Seele? Und warum ist der Teufel ein Morgenmuffel?

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Muttern.

Mutter I: "Meine Tochter geht einmal die Woche zum therapeutischen Reiten."

Mutter II: "Ist das eine sexuelle Praktik?"

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Dämonen.

"Komm", sagt sie und greift nach meinem gepackten Köfferchen. Wir gehen über das mondbeschiene Firmengelände. Von irgendwoher ruft eine rollige Katze mit heiserer Stimme ihren Galan herbei.
Laut waren auch die Stimmen der Streitenden. So laut, so nicht enden wollend, dass die Nachbarin die Polizei rief. Der Polizist ist auch unser Verkehrserzieher, er streicht mir über den Kopf. Er ruft sie an, sie antwortet, dass sie in ein paar Minuten da sei, ungeachtet der späten Stunde.
Am nächsten Morgen macht sie uns Kakao mit dicker, fetter Sahne und telefoniert viel. "Nein", sagt sie bestimmt in den Hörer, "nein, das kann ich nicht." Während mir der tiefbraune Kakao die Mundwinkel verschmiert und sich mit salzigen Tropfen mischt, kommt der Großvater kurz aus der Firma, um sich sein zweites Frühstück zu holen. "Engelchen, du kannst. Wir können. Sie bleibt", sagt er zur Großmutter.
Viel später, der Großvater hat sich in der Zwischenzeit den Strick genommen, sitzen wir an der Hafenmole und trinken Wein. "Am liebsten würde ich noch zwei Wochen hier bleiben", lächelt sie und weist mit ihrer kleinen, dünnen Hand auf die bunte Szenerie. "Du kannst doch", sage ich und nehme einen Schluck von dem teuren Roten, den ich mir so nicht hätte leisten können. Genauso wenig wie die Reise. "So als Rentnerin hast du doch viel Zeit", füge ich hinzu. Sie verschluckt sich, hustet, wie so oft in letzter Zeit. "Ach, mein Goldisch, ich komme doch lieber wieder mit zurück. So viel Zeit hat man als Rentner doch nicht."
Wie wenig Zeit uns blieb. Heute Nacht kam sie zu Besuch, saß auf meinem Bett und lächelte mich an. Manche Dämonen sieht man gern wieder.

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Nachhilfe.

Unter mir 9.000 Meter Nichts. Ganz klein Spielzeugautos, die wie Ameisen über die Autobahn, ich denke, es ist die A2, gleiten, eins nach dem anderen, spurrillengerecht. Einstein reiste mit dem Schiff "Westerland" in die USA aus, las ich vor einigen Tagen. Er sei nie geflogen, aber was ich von seiner Relativitätstheorie erinnere, ist, dass die Zeit innerhalb eines Flugzeugs eine andere ist als die des Zuschauers am Boden. Eben relativ. Oder so ähnlich. Ich Physikversager.
Vergeblich versuche ich zu berechnen, wie lange das Flugzeug braucht, bis es aus der normalen Flughöhe auf den Boden prallt. Dafür gibt es auch eine Formel, irgendwas mit Fallzeit gleich Steigzeit oder so, und ich glaube, damals sogar eine Drei für meine Arbeit erhalten zu haben, die letzte Drei in Physik, an die ich mich erinnern kann.
Würden wir jetzt abstürzen, entkäme ich dem Schicksal meiner Familiengene. Wir sterben alle an Krebs, bevorzugt Lunge, gern auch Magen oder, ganz vereinzelt, ausnahmsweise an Schlaganfällen. Das Herz ist fast nie betroffen, kein Wunder, denn das ist bei uns ohnehin schon zu Lebzeiten kalt. Hallo Herr Einstein, würde ich dann im Himmel oder in der Hölle fragen, je nachdem, denn so ganz ohne soll der feine Herr Physiker ja auch nicht gewesen sein, können Sie mir ein bisschen Nachhilfe geben?
Dafür, dass ich Höhenangst habe und mir in offenen Treppenhäusern und auf Burgtürmen beinahe in die Hosen pinkele, nehme ich immer einen Fensterplatz. Wenigstens dann habe ich das Gefühl, die Welt liegt mir zu Füßen. Alles eine Frage der Relation.

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Die Multitaskingfähigkeit der Frau ist ihr Fluch.

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Loboismus.

[Neidisches Pamphlet auf Besserblogger]

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