Sternstunden-Statistik.

Neben der Vorliebe für den schönen Namen ‚Horst’ hege ich noch zwei weitere heimliche Leidenschaften: Statistik und Sternzeichen. Jedes für sich ein wunderbares Betätigungsfeld für unterbeschäftigte Akademikerinnen, denen Töpfern zu langweilig und Sticken zu Augenschädigend ist.
Mit Statistik lässt sich ja beinahe jedes Problem erklären. Man bildet hier ein Cluster, dort eine Normalkurve und schwupps!, ist man argumentativ auf der sicheren Seite.
Sternzeichen sind da eine schon schwerer fassbare Wissenschaft, dem Beweise nur vermindert zugänglich und darum dem XY-Träger mitunter Grund für verächtliche Äußerungen. Gunter Sachs hat in seinem schönen Buch 'Die Akte Astrologie' den mathematischen Beweis für die Eigenschaften von und Anziehung zwischen Sternzeichen versucht. Er kam zu dem Ergebnis: Es ist nicht wirklich quod erat demonstrandum, aber bei bestimmten Dingen gibt es Signifikanzen. So sollte ich als Wassermann-Frau der Statistik nach eine Vorliebe für männliche Wassermänner haben.

Listig mit Statistik
Und hier kommt meine ganz persönliche Leidenschaft - manche sprechen sogar von Besessenheit - ins Spiel: Listen. Irgendwann, ich glaube, es war schon recht früh in meinem sexuell aktiven Leben, begann ich, Listen zu führen und Statistiken zu erstellen. Ich bin ein vergesslicher Mensch, die Datenflut fordert ihren Tribut an meine grauen Zellen. Der Anfang dieser Liste lag also im Bestreben, die Geburtstage meiner Lieben (und Liebhaber) nicht zu übergehen.
Es gibt zudem ein eindeutiges Indiz für das Interesse einer Frau an einem Mann: Sie fragt nach seinem Geburtsdatum oder Sternzeichen. Das ist eine ganz weibliche Form der Datenerhebung. Ich bin da keine Ausnahme. Nur schreibe ich eben alles in eine Liste und werte aus.

Wer hat's erfunden? Die Schweizer
Kommen wir kurz auf Gunter Sachs zurück. Seine Grundgesamtheit ist sehr viel größer und genauer dokumentiert als die meine: Die Schweizer. In ihrem eidgenössischem Ordnungssinn haben unsere Alpennachbarn seit 1875 alles an Daten gesammelt, was das Volk hergibt.
Meine Liste dagegen ist so kurz, dass man gerade mal von einem Trend sprechen kann. Und der geht deutlich in Richtung Steinböcke, Fische, Waagen und Zwillinge. Deutlich unterrepräsentiert: Skorpione, Stiere und Krebse. Obwohl ich mal mit einem Krebsmann verlobt war - nun, das könnte man notfalls bedenkenlos als Jugendsünde verbuchen. Aber warum ist das so? Signifikanzen? Sich selbst erfüllende Prophezeiung?

Signifikanzen
Angeblich sollten sich Luftzeichen wie Waage, Zwillinge und Wassermann fast blind verstehen (hier vermeide ich einfach mal die Anekdote, dass eine Waage meiner Vergangenheit eine ähnlich hohe Dioptrinzahl hat wie ich). Das mag stimmen, jedenfalls sind mir diese Herren allesamt in bester Erinnerung geblieben, auch wenn die Verbindung nicht von Dauer war. Was aber haben die behäbigen, pragmatischen Steinböcke an Anziehungskraft auf ein so unstetes Wesen wie eine Wassermannfrau? Was die vordergründig sozialen, hintergründig aber egozentrischen Fische? Hier versagt die Statistik jämmerlich. Ich könnte allenfalls anführen, dass mein Mond im Steinbock steht und ich daher ähnlich maulfaul bin wie die astrologischen Nachbarn, wenn es um Gefühle geht. Oder dass ich gern mal vor mich hinträume wie Fische (mein Aszendent, na bitte!), aber im Gegensatz zu ihnen unter einer ausgeprägten Soziophobie leide. Und warum mag ich keine männlichen Wassermänner wie es laut Gunter Sachs' Statistik sein sollte?

Ach, es lässt sich ja doch nichts beweisen, die Sterne sich nicht zwingen. Aber Gunter Sachs hat schließlich auch nur die Schweizer ausgewertet. Und die sind bekanntlich etwas anders als andere Europäer.

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Mailverkehr.

Mail Nummer 500 in sieben Monaten bestätigt: Es gibt keine Brieffreundschaften mehr.

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Diätbloggen (5. Tag).

Der Lieblingskollege macht mit: "Ich bin sowieso auch zu fett."

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Concours Berlin - Paris.

Frau Modeste hat einen Schönschreibwettbewerb ausgerufen: Den Concours Berlin - Paris.

Dem Sieger winken wundervolle Sachpreise.

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Brandenburgschnipsel.

Durch Dörfer fahren, die aussehen, als habe man die Bevölkerung schon vor langer Zeit evakuiert.

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In Prenden gibt es einen Hundesalon namens "Doggy Styling". Ein Schelm, wer... oder so.

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In Brandenburg leben Menschen, die Uniformität sehr schätzen. Auf jeden Fall aber den gleichen Versandhandel für neonfarbene Badebekleidung.

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Alle Mädchen jenseits der 13 versuchen, wie Ruslana oder Paris H. auszusehen. Es gab damals, vor der Wende und kurz danach auch, dieses bestimmte Haarfärbemittel in Rot, Richtung Mahagoni. Wer war vor 15 Jahren das Idol der Friseurzunft?

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Auszugsweise vorgelesen bekommen und für gut befunden: "Adler und Engel" von Juli Zeh. Ihr Erzählhabitus ist wie Brandenburgs Wälder und Felder: Trocken, sparsam, weit.

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SMS-Verkehr führt nicht zu Stau.

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Schmetterlinge lassen sich schwer fangen. Aber geschriebene Küsse werden von Gespenstern getrunken (Kafka).

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Scheiß auf Diät. Ich habe mich genug bewegt.

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Im Netz.

Schmetterlinge im Bauch einfangen gehen.

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Diätbloggen (2. Tag).

Noch bin ich guter Dinge. Auch die kleine Sünde des gestrigen Abends (Schokolade, aber immerhin keine Vollmilch sondern 70 prozentige) kann die optimistische Stimmung nicht trüben, binnen einer Woche die kleinen Fettpölsterchen an Hüften und Armen zum Schmelzen zu bringen.
Ich gebe also die Bloggerversion der Bridget Jones, nur dass ich keine Schokolade zum Frühstück esse, nicht rauche und beileibe nicht so viel Alkohol vertrage wie jede minderjährige Engländerin.

Facts

- Außentemperatur: bis 34 Grad
- Gefühlte Temperatur: heiß
- Fitnesszustand: Hoffnungsvoll.
- Vorhandene Fitnessbekleidung: Leopardenbikini
- Vorhandene Mitstreiter für Fitnessbetätigung: Einer. Ca. 1,88 m, 80 Kilo, sportlich, tanzbar.
- Vorhandene Motivation: Jawoll.

Plan

- Frühstück: Vollkornbrot mit Frischkäse, drei Anrufe.
- Mittagessen: Gesunder Salat
- Abendessen: Gebratener grüner Spargel, Reis und eine leichte Sauce aus Spargelsud
- Zwischenmahlzeiten: Karotten, bis ich gelb werde
- Alkohol: Ja.
- Sport: Schwimmen im See etc.

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Diätbloggen (1. Tag).

Nachdem der derzeitig meine Körperbeschaffenheit genauer erkundende Herr mir Oberarme wie Bärbel Schäfer attestierte (die Bezeichnung "Winkfett" hörte ich an anderer Stelle), nehme ich dies zum Anlass, lange hinausgeschobene Pläne in die Tat umzusetzen und die Diät gleich heute zu beginnen.

Facts

- Körpergröße: 165 cm.
- Tatsächliches Gewicht: 60 Kilo.
- Gefühltes Gewicht: 120 Kilo.
- Kleidergröße: 38/40. Vor einem halben Jahr war es noch 36. Verflucht.
- Schuhgröße: 38. Wenigstens die ändert sich nicht.
- Cellulitisbericht: Vorhanden, wenn auch nicht im Übermaß.
- Sonstiges: Winkfett.
- Fitnesszustand: Beklagenswert. Einmal in der Woche Joggen reicht nicht. Einmal in der Woche Sex auch nicht.
- Vorhandene Kleidung für Fitnessbetätigung: Ja.
- Vorhandene Mitstreiter für Fitnessbetätigung: Nein.
- Vorhandene Motivation: Nein.

Plan

- Frühstück: Nichts. Heute.
- Mittagessen: Brötchen mit Käse- und Salatbelag.
- Abendessen: Spargel, Kartoffeln und wenig (!!) - Buttersauce, dazu einen gesunden (wuäh) Salat.
- Alkohol: Unbedingt.

Falls Sie, liebe Leser, Anregungen und Tipps für den schnellstmöglichen Erfolg dieser Aktion haben, zögern Sie bitte nicht, mir diese mitzuteilen.

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Arm.

"Winkfett."

"Bärbel-Schäfer-Oberarme."

Aus: Bezeichnungen für Körperbeschaffenheiten, die man nicht hören möchte.

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Prinzenrolle.

Vier Frauen, ein Thema: Wie soll der ideale Partner beschaffen sein? Ansprüche wie "Anzugträger sein, natürlich, und das gern", "gut ficken können" oder "seine Neurosen sollen zu meinen passen" sind noch die geringsten.

Fragt man genauer nach, kommt endlich Butter bei die Fische, wie der Pöttler gern mal sagt. Der Herzbube sollte nämlich nicht nur intellektuell ein Überflieger sein, sondern zusätzlich Aussehen wie ein junger Gott - ein ordentlich frisierter selbstverständlich. Kulturell interessiert, mit wohlerzogenem Habitus und angenehmen Tischmanieren möge er der Dame des Herzens regelmäßig kleine oder größere Geschenke machen. "Was war euer wertvollstes Geschenk?", fragt Frau F. in die Runde.

Wir überlegen. Welchen Wert hatte der Auserwählte uns einmal zugedacht, den er in messbaren Ausdruck brachte? Frau M. spricht von einer Reise, die er ihr spendiert habe. Frau F. kontert etwas kleinlaut mit einer "Reisekostenbeteiligung". Ich denke an die vielen Reisen, die Anlass waren zur Erleichterung, wenn sie wieder vorbei waren und resümiere kurz, dass der Reisespaß meist ein teuer erkaufter war. Grund, weshalb ich gern allein die Welt für mich entdecke.

Mein teuerstes Geschenk gab ich nach Beendigung einer unseligen Verbindung ohnehin wieder zurück, freiwillig und leichten Herzens: Den goldenen Verlobungsring mit halbkarätigem, eingelassenem Diamanten, den mir mein damaliger Prinz an den Finger gesteckt hatte.

"Die haben doch heutzutage sowieso alle kein Geld", murrt Frau M und fügt hinzu: "Hier in Berlin ausserdem noch nicht einmal einen zukunftsträchtigen Job." Der Prinz, also, potent und mit Potenzial, ist schwer zu finden. Ein wenig lächelnd denke ich, dass mit zunehmendem Alter auch Prinzen mit geflickten Gewändern und kleinen Rissen in der Firnis ins Blickfeld geraten. Manchmal vergreift man sich dann sogar am Hofnarren, ebenso unterhaltsam wie inadäquat. Ich warte noch auf den Tag, an dem ich mich mit einem Hofnarren zufrieden gebe.

Einig sind die vier Damen nur in einer Aussage: Verdammt viele Frösche laufen herum, die nicht zur Prinzenrolle passen, die man ihnen zugedacht hat. Aber wir sind ja auch alle keine Prinzessinnen. Immerhin: Erbsenzählen, das können wir.

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Zimmer ohne Aussicht.

Ismail Merchant ist tot.

Schade. Wer verfilmt jetzt meine Groschenromane in ansprechenden Bildern?

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Zufall.

Es ist schon seltsam, dass in einer 3,5 Millionen-Stadt ein kleiner Umweg um den Stau zu einem Zusammentreffen an einer Ampel führt, das so eigentlich gar nicht statt finden konnte.

Gilt Murphys Gesetz auch für Ex-Freunde?

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Dachgefühl.

Er sieht nicht aus wie Cary Grant und meine Anmut reicht nicht im mindesten an die Grace Kellys heran. Wir fahren nicht im Oldtimer-Cabrio sondern auf einer wackeligen Vespa. Die Straßen Berlins sind auch nicht die Croisette.
Aber wenn wir auf der Dachterrasse sitzen und dem Wettstreit zwischen Nachtigall und Paolo Contes "Bamboolah" lauschen, dann verwandelt uns die laue Sommerluft. Er ist der Meisterdieb und ich die Millionärstochter, und anstatt in Kreuzberg sitzen wir über den Dächern von Nizza.

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Satz des Tages.

"Ich wüsste zu gern, was in den Gehirnen der Männer vorgeht, die einen nicht angraben."

Das wüsste ich auch gern.

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Klopf, klopf.

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Wedding Taste.

Individualität oder einfach nur schlechter Geschmack?

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Grußwort.

Der European Song Contest, der seine Fühler bis an den Ural und die irakische Grenze ausstreckt, hinterlässt auch bei mir Spuren. Woher kommen meine Leser, von denen ich immer so viele Punkte, äh, Klicks bekomme?

Zuerst möchte ich einmal meine regelmäßigen Leser aus Thailand und der Ukraine, aus Indien, Finnland, Italien und den USA grüßen. Ich würde gern mal was von Ihnen lesen. Mein Fernweh schüren, Sie wissen schon. Machen Sie mal.

Sehr willkommen ist mir auch der eine Besucher, der mit der immer gleichen Suche nach dem "Boy des Tages" aus Belgien zu mir gelangt. Ich glaube, es muss eine Qual sein, in einer christlichen Organisation zu arbeiten.

Mit einem Hallo begrüße ich auch das Herzchen aus Luxemburg, das eine Vorliebe für Alexander Klaws zu haben scheint und auch nach vielfachem Klicken auf meiner Seite nicht viel mehr Informationen finden wird, als dass er die Titelmelodie zu "Gute Blogs, schlechte Blogs" singt (begleitet von Jeannette Biedermann).

Last but not least möchte ich natürlich den zahlreichen Österreichern ein nachbarschaftliches "Grüß Gott" zurufen und den Schweizern rund um Lausanne und Genf ein kratziges "Grüezi", oder gilt dort ausschließlich ein Bonjour? Egal.

Wir sind ja alle eine ganz große, glückliche, globale Blog-Familie. (Erwähnte ich schon, dass ich Alliteration liebe? Erwähnte ich weiterhin, dass ich heute gaga drauf bin? Nein? Na, macht nichts.) Lesen Sie weiter. Ich freue mich.

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Thema des Tages.

Bürosoziophobie.

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Neologismus des Tages.

Sarkascharisma.

Aus: Abteilung für Sprachverehrung.

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Gemischtwarenladen.

Aus berufenem Munde: "Dein Blog ist ein Gemischtwarenladen."

Alles billig, oder was?

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Satz des Tages.

"Ich bin momentan so geil, ich könnte sogar eine Frau anfallen. Heute an der Ampel habe ich diese Blondine angelächelt..."

Aus: Weisheiten des Lieblingskollegen.

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Vertrauensbildung.

Ja, ich gebe es zu: Ich habe ein Problem damit, Menschen blind zu vertrauen. Meine misstrauische Grundhaltung erstreckt sich daher nicht nur auf abgründige sondern generell auf alle Situationen, in denen ich Kontrolle abgeben muss.

Immer, wenn zwei Menschen aufeinander treffen, müssen sie einen kleinen Vertrauensvorschuss geben um sich aufeinander einzustellen. Sex ist da nur eine der Situationen. Beim Tanzen ist das nicht anders. Die Folgende gehorcht den Anweisungen bzw. Zeichen des Führenden. Da dies nicht nur nicht immer leicht ist, sondern gelegentlich hitzige Diskussionen der Tanzpartner provoziert, hatte sich unser pädagogisch wertvoller Lehrer eine Übung zur Vertrauensbildung ausgedacht. Da wir mittlerweile vom Gehen zum Tanzen komplizierter Figuren übergegangen waren, diese mitunter aber noch reichlich wackelig aussahen, wurde uns die Anweisung gegeben: „Die Folgenden schließen bitte die Augen und legen ihre Hände nebeneinander auf die Brust des Führenden. Er gibt durch Gewichtsverlagerung die Figur an. Achtet auf eure Tangorezeptoren.“
Augen schließen? Blind folgen? Niemals! Verweigerung kommt in einem Tanzkurs aber nicht wirklich gut an, also legte ich die Hände auf die Brust meines Tangopartners. Ich konnte unter dem Hemd seine erigierten Brustwarzen spüren. War es das, was der Tanzlehrer als ‚Tangorezeptoren’ bezeichnet hatte?

Ich schloss die Augen. Mein Gefühl der Schwäche wurde stärker. Jeder Schritt war wie ein Schritt ins Verderben. Jeden Moment konnte ich in einen Abgrund stürzen. Oder zumindest das Gleichgewicht verlieren.
Doch, oh Wunder!, ich fiel nicht, noch schwankten wir wie ein betrunkener Matrose und seine trippelnde Hafenhure. Nein, wir tanzten, dass es eine wahre Freude war. Mitsamt allen komplizierten Figuren und Schleifen und Achten, die unsere Füße hergaben.

Was ich mit dieser Geschichte sagen will? Weiß ich leider selbst nicht mehr. Aber die Übung hat funktioniert: Wir tanzen besser denn je und das sogar mit geschlossenen Augen.

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