Sternepflücken.

Eine schlaflose Nacht hat auch ihre schönen Seiten. Ich habe mir einen Strauß Sterne gepflückt, die für mich ganz allein leuchten.

Aus: Neoromantisches Blabla

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La Famiglia.

Von Zeit zu Zeit machen sich die winzigen Spuren italienischer Gene in meinem Blut bemerkbar. Ach, was sage ich: Sizilianische Gene, das ist sogar noch viel besser! Sizilianer sind laut, misstrauisch und haben die Mafia erfunden.
Ich verabscheue Vereine, daher bin ich der Mafia nie beigetreten. Misstrauisch werde ich nur, wenn mir meine Mitmenschen besonders freundlich gegenüber treten. Das kann allerdings auch daher kommen, dass ich schon seit 15 Jahren in dieser Stadt wohne. Hier verfallen die Menschen in sofortige Schockstarre, wenn sie angelächelt werden, und entsichern unter der geblümten Bluse die Luger.

Aber was mein Entäußerungsorgan betrifft, bin ich sicherlich besser ausgestattet als meine Mitmenschen. „Einen Mund zum Spargel quer essen“, so nannte meine immer zu Scherzen aufgelegte Großmama aus dem Hessischen das, was mein Gesicht sauber in zwei Hälften teilt. Ich achte daher auch auf meine Zähne. Sie sind immer sauber und fast weiß, ganz ohne Bleaching. Blendendes Weiß würde auch nicht zu den roten Äderchen im Auge passen.
Zurück zum Mund: Aus diesem breiten Schlitz kommt gelegentlich sehr viel Blödsinn - eine Freundin nennt meine pseudowissenschaftlichen Erklärungen gern „Wortschnittchens Weltspiegel“ - und ich neige bekanntlich zum Kalauern. Dabei werde ich selten wirklich laut.

Nur manchmal. Manchmal kocht das sizilianische Blut ganz unvermittelt hoch, bricht aus wie der Ätna und streut Geröllbrockenworte. Das Manchmal findet, wie italienisch, meistens im Straßenverkehr statt. Blöd nur, dass ich mit meiner Vespa nicht nur überaus schnittig unterwegs bin, sondern auch sehr hörbar.

Mein gestriges genervtes:„Idiot, schau doch, wo du lang fährst“ jedenfalls war dem Herrn neben mir an der Ampel das Zücken seines Dienstausweises wert. Beleidigung. Alles Leugnen hilft nichts. Also muss der Charme herhalten. Sophia Loren, pah! Ich bin besser: Augen aufreißen, mit den Wimpern klimpern, Mund nur zum Lächeln öffnen – und leugnen. Wenn das nicht hilft, kommt meine stärkste Waffe: Die Familie. Was kann ich für meine Gene?

Der Polizist in Zivil versteht und lächelt zurück. Auf seinem Dienstausweis lese ich seinen Namen: T. Mercatore. Ah, wir sind alle eine große Familie! Deshalb muss ich für die Geschwindigkeitsübertretung auch nur intime 15 Euro zahlen.

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Bescheid.

Gesagt.

Aus: Erbauliches vom Geschlechterkampf

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Fußlamento.

Frauen neigen ja dazu, an sich herum zu kritteln. Und dabei ist es egal, ob sie den Körper eines Supermodels besitzen oder eher aussehen wie eine moderne Version der Venus von Willendorf.

Neulich seufzte meine Freundin S. aus tiefster Seele: „Ich kann meinen Bauch nicht mehr sehen.“ Und ob sie das konnte! Wer hätte dieses weiche, mollige Bäuchlein übersehen können? Aber als gute Freundin sagte ich: „Der ist doch gar nicht dick, was hast du bloß immer? Guck dir lieber mal meinen Hintern an! Auf dem könnte man Spiegeleier braten, genug Verpflegung für ein ganzes Panzerbataillon.“ S. sah kurz hin, und für einen winzigen Moment konnte ich in ihrem Blick uneingeschränkte Zustimmung lesen. Wir versicherten uns gegenseitig, dass wir doch viel besser seien als diese ganzen Hungerhaken von Mitte, die zwar in ihrem 80er-Heroin-Schick nett anzusehen waren, aber bei etwaigen Begattern Hämatome hervorrufen würden. Bauch und Hintern, also. Die Hauptproblemzonen neben Busen, Beinen, Nase und Oberarmen – ich sage nur Winkfett! Ach was, Frauen sind eine einzige Problemzone.

Letztens nun entdeckte ich ein Körperteil, das es wert ist, der König der Problemzonen zu werden. Meine Füße rufen sich immer nur dann in Erinnerung, wenn sie blasenbedeckt endgültig bestätigen, dass diese wundervollen Pumps doch vielleicht eine halbe Nummer zu klein und damit wenig geeignet für ausschweifende Tanznächte sind. Im Allgemeinen funktionieren sie trotz Senk-Spreiz-Symptoms auf das Allerbeste und tragen mich brav durchs Leben. Dass ein Mann ihnen Aufmerksamkeit schenkt, ist eher selten. Und wohl auch gut so.

Ein nettes Tête-à-tête mit einem netten Mann. Kein optischer Überflieger, aber durchaus Wohlgefallen erregend. Und das war ja schließlich der einzige Zweck unseres Kennenlernens gewesen. Ich verzichte auf Einzelheiten, aber als er sich langsam von der Körpermitte in Richtung Füße vorarbeitete, wurde mir unwohl. Er untersuchte mit lässiger Geilheit meine Zehen, fuhr liebevoll über die verhornten Stellen an der Ferse und übersah auch nicht die beiden kleinen Hühneraugen an den kleinen Zehen. Ich fühlte mich noch nie so ausgeliefert.
Die kleinen Dellen am Hintern – lachhaft, und mit geeigneten Dessous gut zu verstecken. Schwerkraft, die an Brüsten zerrt? Es gibt doch LaPerla, Aubade oder La Passionata! Ein Bäuchlein? Ich bin Meisterin im Baucheinziehen. Bei Füßen hilft alles nichts. Sie sind da: unverpackt, unschön, unübersehbar. Eine neue Problemzone. Ich geh dann mal Schuhe kaufen.

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Antworten.

Mit manchen Antworten kann man leben. Nur muss man es dann ohne den Anderen tun.

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Traum(a).

Das Unterbewusstsein soll ja angeblich ein ganz verkanntes Genie sein. Und der Mensch, der vernunftgesteuert durchs Leben geht, erstarrt in Furcht, wenn es sich dann einmal den Weg ins Allzumenschliche bahnt.

Ich war in Wien, die Lieblingstierärztin besuchen. Wie immer vertrödelten wir uns ein wenig, tranken noch einen Kaffee im Salzberg, wanderten kurz über die Mariahilfer Straße, um dann den Heimweg anzutreten. Ich sollte wieder heim nach Berlin, der Flug ging um halb acht.

In der Wohnung im grenzvornehmen 4. Bezirk warteten schon die Schwiegereltern. Und, welche Überraschung! Ich kannte die beiden schon. Der Ede war's, samt seiner Muschi-Gattin. Wie immer schon ganz aufgeregt, wenn es um die Frauen geht, sagte er: "Ja, äh, wir, äh, müssen dann mal, äh, los." Hektisch schob er seine Brille auf der spitzen Nase hin und her, während sein Frauchen ihn mal hierhin, mal dorthin in der Wohnung schob und die Gepäckstücke einsammelte und ihm in die Arme drückte. Eine herzliche Umarmung zum Abschied, und dann verzog sie sich wieder in die Küche.

Wir stiegen in Edes großen Dienst-BMW, schwarz mit hellbraunen Ledersitzen. Die Lieblingstierärztin und ich im Fond, Ede am Steuer. Er fuhr schlecht. Unsicher, viel zu schnell. Selbst beim Fluchen polterten die Äh's aus seinem Mund.

Und hier kam der Moment, in dem ich mich ernsthaft fragte, ob ich verrückt sei. Ich bejahte freudig, schlug das Unterbewusstsein mit dem Knüppel nieder und wachte lachend auf. Frau Wortschnittchen und ihr Chauffeur - Herr Freud, übernehmen Sie!

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Schmerz.

An manchen Tagen wacht er noch vor mir auf. Er wühlt sich ins Unterbewusstsein, spielt eine Komparsenrolle in den schönsten Träumen. Manchmal verdrängt er die Hauptdarsteller. Wird zum Klaus Kinski der Träume, schreit, wütet, verletzt.
Das Aufwachen ist eine Erlösung, aber nur für den Moment. Dann übernimmt er das Bewusstsein. Lässt die Gedanken Walzer tanzen, so lange im Kreis, bis der Magen nur noch ein Klumpen ist, die Augen kurz vor dem Überlaufen, das Herz brennend und blutend, und der Geist, ja, der Geist löst sich auf, Stück für Stück, denn wo er ist, da ist kein Platz mehr für gedankliche Kapriolen.

Schmerz, alter Freund, sei mir willkommen.

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Auskotzen.

Ein Tag, der nach einer kurzen Nacht mit einem Anruf meiner Mutter beginnt, kann nicht gut weiter gehen. Und genau so ist es: Der Himmel ist so grau wie meine Stimmung.

+++ Meine Wohnung ist so unordentlich wie meine Gedanken ungeordnet.

+++ Ich mag nicht mehr arbeitslos sein. Zur finanziellen Ohrfeige kommt die emotionale hinzu.

+++ Ich bin nicht Jesus und halte die andere Wange hin.

+++ Warum habe ich was Anständiges studiert, um dann doch zu alt, zu jung, zu überqualifiziert, zu unterqualifiziert, zu dick, zu dünn zu sein? Ich hätte doch Kunstgeschichte studieren sollen.

+++ Warum habe ich eine so gnadenlose Angst davor, wieder Geschichten zu machen und sie den Redaktionen anzubieten? Mehr als ablehnen können sie nicht.

+++ Klinkenputzen.

+++ Die rechte Schulter tut weh.

+++ Liebt er mich oder will er nur vögeln? Wenn ich nicht so ein verlogenes Stück wäre, wüsste ich die Wahrheit. Scheiß-Gefühle.

+++ Natürlich will ich geheiratet werden. Und eine Fußballmannschaft Gören dazu. Es fehlt das geeignete Personal.

+++ Einladungen nach Malaysia, Neuseeland und Südafrika liegen im Postfach. Wer zahlt die Zeche?

+++ Ich, übertriebene Reaktion? Nie!

+++ Verdrängung ist alles, sagte der Kutter und ging unter.

Relevanzbloggen ist was Anderes.

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Ehepaar.

"Wenn du mich besuchst, spielen wir drei Tage lang Ehepaar. Wir suchen eine Einbauküche zusammen aus und hängen Bilder im Wohnzimmer auf."

"Muss ich mit dir vögeln?"

"Mach's wie eine Ehefrau: Hab Migräne."

Aus: Erbauliches vom Geschlechterkampf.

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Ohr.

Ein fast zugewachsenes Ohrloch entdecken und es für das schönste der Welt halten.

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