Büroliebe

Seine Message kommt dezent vor Feierabend: "Hast du gleich mal fünf Minuten, ich würde gern was mit dir besprechen." Was er wohl will? Habe ich einen Fehler gemacht, den ich selbst nicht bemerkte? Oder will er mich vor einer in Kürze zu erwartenden Kündigung warnen? Alles ist möglich in solchen Zeiten, obwohl wir gar nicht so eng zusammen arbeiten. Manchmal gehen Informationen einfach an einem vorüber.

In diesem Fall ist die kurz darauf in der Raucherecke zu Gehör gebrachte Information offenbar vollkommen an mir vorüber gegangen: "Ich bin verknallt in dich." Sein Benehmen sei ihm zwar peinlich, aber er hätte schon länger Gefühle für mich und wolle es einmal gesagt haben. Es ändere sich daran auch nicht so schnell etwas. Ich finde es ja schon mutig, überhaupt mit einem solchen Statement heraus zu rücken (nein, nicht mutig, in Anbetracht der kollegialen Distanz, die wir bisher immer pflegten, eher strange, sehr strange).

Solche Situationen erfordern Fingerspitzengefühl, schließlich teilt man sich fünf Tage die Woche ein Großraumbüro, immer in Sichtweite, nie unbeobachtet. Ich überlege kurz, wie ich ihm am freundlichsten sage, dass er weder mein Typ ist noch dass er es jemals sein wird. Und entscheide mich dann für die direkte Methode: "Ich befürchte, ich kann dir da keine Hoffnungen machen." Batsch! Eine Phrase, wie sie im Buche steht, aber was soll man in einem solchen Moment sagen? Es bleibt ein wenig Überforderung und leichtes Staunen, was in stillen, blassen Menschen für eine Entschiedenheit steckt.

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Krönung

Zurzeit giere ich nach Zuneigung zur Deckung meiner emotionalen Defizite. Da ist mir jedes Mittel recht. Auch vor Bestechung und Einschleimen schrecke ich nicht zurück. Besonders bei Kindern wirkt ein kleines Geschenk manchmal Wunder.

Gestern habe ich ein kostbares Kleinod meiner häuslichen Trash-Sammlung geopfert. In meinem Bad hing bislang immer hinter dem WC (dem Thron, sic!) ein Marienbild und daran aufgehängt eine Plastikkrone, die ich einmal auf einer Veranstaltung habe mitgehen lassen. Diese Krone nahm ich kurzerhand, entstaubte sie ein wenig und drückte sie Lea, niedliche Arbeitskollegin-Tochter, auf die blonden Locken. "So, du bist jetzt eine Prinzessin", sagte ich und sah sie auffordernd an. Wäre doch gelacht, wenn daraus nicht eine innige Zuneigung zu 'Tante Wortschnittchen' erwüchse!

Und so kam es: Nach der Krönung entschloss sich Prinzessin Lea, dass ich ihres Hofstaates würdig sei und fortan wuselte sie um mich herum, dass es eine wahre Freude war. So sehr, dass sie den ganzen Nachmittag meine Hand nicht mehr losließ, ob ich nun Geschenke auspacken oder essen wollte oder die Toilette besuchen. Ich dachte kurz an Putsch, aber leuchtenden Kinderaugen kann ich nie widerstehen und so schenkte ich ihr die Krone. Und für so ein Fitzelchen Kinderglück gebe ich gern mein letztes Krönchen. Ach, manchmal bin ich schon ein Gutmensch!

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Kleine Eitelkeiten

Prinzessin Lea findet: "Ich bin noch fünf Jahre alt. Sechs werde ich erst am Dienstag."

Der Jugendwahn beginnt früher als erwartet.

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Julienne

Gefühlte 150 Kilo Gemüse in kleine Streifen schneiden. Dabei aus voller Kehle singen. Wehe, die Suppe wird nichts.

Aus: Das Beste aus Wortschnittchens Küche.

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Partykuchen

Alle Zutaten da. Alle? Eine fehlt. Kann man nicht kaufen. Kann man nur geschenkt bekommen. Danke.

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Liebe Eltern und Tanten,

ich weiß eure Besorgnis um meine Ernährungssituation zu schätzen. Wäre es trotzdem möglich, mir nicht in jedes Paket ein bis zwei Gläser Marmelade einzupacken?
Ein Vorschlag: Anstatt süßer, klebriger Fruchtkonfitüren ein leckerer Whiskey? Oder luftgetrockneter Schinken? Eine feine Salami? Nein, ich bin nicht zu anspruchsvoll. Es ist nur so, ihr Lieben, ich habe keinen Platz mehr im Regal. Sieben Gläser reichen.

Danke für euer Verständnis. Ich bezahle meine Strafzettel in Zukunft auch selbst.

Euer Wortschnittchen

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Zeitablauf

"Kinder, wie die Zeit vergeht." - dieser Satz meiner Großmutter klingt mir heute noch in den Ohren. Wie Recht sie hatte, wird mir täglich bewusster. Damals, als Kind, verging die Zeit ungleich langsamer. Der Nachmittag gehörte dem ausgedehnten Spiel, die Ferien zogen sich unübersehbar durch den Sommer. Einzig die Abende, an denen ich länger aufbleiben durfte um "Am laufenden Band" zu gucken, gingen schneller vorbei als mir lieb war.

Seit einigen Jahren fliegen Tage, Wochen und Monate nur so dahin. Daten, Menschen, Fakten - alles kann ich nur mühsam in einen bestimmten Zeitraum einordnen. (Note to myself: Mehr Listen machen!) Ein Tag ist nicht wie der andere, aber sie ähneln sich. Am Montag liegt die Woche wie ein hässlicher, muffelig riechender Flickenteppich vor mir, dienstags habe ich mich schon an den Geruch gewöhnt und die restlichen Tage trampele ich in Überschallgeschwindigkeit auf ihm herum.

Schön, ja, denn so ist das Wochenende eher da. Andererseits: Was bleibt vom Leben? Die paar und dreißig verbleibenden Jahre, die einem die Lebensuhr anzeigt, verrinnen schneller als Sand zwischen den Händen. Es ist nicht der äußere Alterungsprozess, der mich erschreckt. Viel mehr als die paar Fältchen oder weiße Haare stimmt mich nachdenklich, dass Dinge, die früher einzigartig erschienen, unschuldig, ungefiltert, dass diese oft mit dem Gedanken erlebt werden: Hatte ich schon mal, kenne ich, geht vorbei. Das gilt auch für Gefühle. Obwohl mir eines die letzten Monate über treu blieb. - Aber auch das wird verschwinden und vergessen sein.

Am besten, ich entschleunige mal mein Leben. Sonst bin ich eines Tages alt und seufze wie meine Großmutter zum Zivildienstleistenden, der, falls es dann noch Zivildienstleistende geben wird, mich im Rollstuhl durch den Park oder über den Friedhof schiebt: "Kinder, wie die Zeit vergangen ist." Ich werde sehen, wie er seine Augen zum Himmel rollt und denkt, was will die Alte denn, die hat den ganzen Tag nichts zu tun, die hat doch genug Zeit! Und ich werde mir insgeheim sagen: Warte mal ab, mein Lieber, du wirst auch noch dahinter kommen.

Anmerkung: Entschleunigung kann schnell gehen. Zum Beispiel in der Visum-Stelle der indischen Botschaft. Satte zwei Stunden für einen Stempel.

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Berechnung

"Wie viel muss ich noch machen, bevor ich ganz furchtbar faul sein darf?"

Aus: Nie gestellte Fragen an den Arbeitgeber.

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SMS-Wünsche

Die Gegenwart meldet sich pünktlich fünf Minuten nach Mitternacht mit vielen guten Wünschen und Küssen. Die Vergangenheit folgt um viertel vor eins mit ebenso vielen guten Wünschen. Die Zukunft hat sich noch nicht gemeldet.

[Note to myself]

Heute mal drüber nachdenken.

[/Note to myself]

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Altersk(r)ampf

Sie lauert auf mich, in einer Ecke. Morgen springt sie mich an und ich muss mich ihr stellen. Kämpfen hilft nichts, sie hat das Recht auf ihrer Seite. Jedes Jahr überfällt sie mich unversehens: Die böse Zahl. Ich werde mich nie daran gewöhnen, dass ich schon wieder älter werde.

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Ehefake

Ich muss mir noch einen Ehering aussuchen. Denn ich werde in Kürze verheiratet sein. Für indische Männer zumindest. Diesen Tipp aus meinem Lonely Planet beherzige ich doch gern mal.

Da wäre dann noch die Frage, welcher Ex-Freund mich denn als "Ehemann-Brieftaschenfoto" begleitet. Am Besten, ich mache einen Haufen und ziehe blind. Oder ich nehme den, der am seriösesten aussah. Oder doch lieber den Sponti? Hm. Vielleicht täte es ja auch ein Foto von Brad Pitt. Der soll wieder zu haben sein.

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Film: Hautnah (Closer)

Eine Vorbemerkung: Paare, die kurz vor der Trennung stehen, sollten sich diesen Film nicht ansehen. Paare, die glücklich verliebt sind, sollten ebenfalls darauf verzichten. Überhaupt sollten eigentlich alle nicht in diesen Film gehen, die noch an die große, allumfassende Liebe glauben. Oder gerade doch?

Ich weiß es nicht. Aber selten habe ich ein so amüsantes Machwerk auf der Leinwand gesehen, das gleichzeitig die bösartigsten Dialoge feiert, die man in Beziehungen haben kann. Das ist zwar Desillusionierung pur, aber man muss den Film gerade dafür lieben, dass seine Figuren schonungslos ehrlich sind.

"Ich bin ein Höhlenmensch", brüllt Dermatologe Larry (Clive Owen) seiner Angetrauten Anna (Julia Roberts) entgegen, nachdem er ihr einen Seitensprung gestanden hat. Sie dagegen bleibt gelassen und bietet ihm eine Tasse Tee an - wohlwissend, dass sie seit einem Jahr eine Affäre mit Dan (Jude Law in einer Spießerrolle par Excellence) hat. Solche Szenen gibt es zuhauf, und sie sind gruselig. Unwillkürlich stellt man die eigene Beziehung - so man denn eine hat - auf den Prüfstand. Bloß nicht so werden!, sagt man sich. Und weiß: Es könnte so enden.

Denn Beziehungen sind letztendlich wenig anderes als Spielchen um bekannte Einsätze: Vertrauen, Zuwendung, Treue. Verspielt einer der Partner den Einsatz, gerät alles erbarmungslos in Schieflage. Machtverhältnisse drehen sich ins Gegenteil, wer schwach war, wird stark und vice versa. Stripperin Alice (Natalie Portman) mutiert von einer unabhängigen Kindfrau in ein bedauernswertes Anhängsel des Langweilers Dan und später zur Verbal-Domina. Alle Protagonisten durchlaufen diese Entwicklung. Am Ende arrangiert man sich und bleibt insgeheim nur einem treu: Dem Traum von der großen Liebe.

Fazit: Unbedingt reingehen. Aber nicht zu zweit. Oder gerade doch.

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Salsatrampel

Im Halbdunkeln sieht man Fehltritte nicht, denke ich, und begleite R. zum Salsakurs in der Kulturbrauerei. R., seines Zeichens versierter Brasilienbesucher und Salsatänzer, muntert mich mit den Worten auf: "Schwenk einfach ein bisschen den Hintern, die Füße folgen dann." Ah ja.

Der Kurs beginnt mit einigen Anleitungen, ich tapere mal hier, mal dort auf R.s Füßen herum und schwenke eifrig meinen Allerwertesten. Elfengleich oder zumindest feurig ist etwas anderes. Ich bin wohl eher ein Salsatrampel. Aus dem Hintergrund immer genauestens beobachtet von I., der eifersüchtigen brasilianischen Freundin von R. Irgendwann klappt es dann auch, dass sich meine Füße dem Schwenken unterwerfen und R. und ich so etwas ähnliches wie Salsa tanzen. I. sieht mittlerweile weniger eifersüchtig aus. Wenn ich mich nicht irre, leuchtet eindeutig Mitleid aus ihren Augen. Ich beachte sie nicht weiter, selbst schuld, wenn sie ihren Typen mit mir tanzen lässt.

Auf einmal habe ich zwei Hände von hinten auf den Hüften liegen und befinde mich inmitten einer schlecht choreografierten Version von "Dirty Dancing" (Kenner wissen, wovon ich spreche). I. packt kräftig zu und bringt meine Hüften in den endgültig korrekten Salsaschwung. So tanzen wir gute zehn Minuten zu Dritt, und ich komme mir nicht einmal blöd vor.

Immerhin: Den Dreh habe ich jetzt raus. Auch, wenn ich dafür einen flotten Dreier in Kauf nehmen musste.

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Spielerisch

Es ernst meinen, aber verspielt gesehen werden.

Spielen wollen, aber ernst genommen werden.

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Schaumschlagen

Ich beneide Menschen, die eine Badewanne besitzen. Man kann so herrliche Dinge darin tun, die nichts, aber auch gar nichts mit der körperlichen Grundreinigung zu tun haben.

Schon als ich das erste Mal seine Wohnung betrete, fällt mir die Wanne auf. Für einen Mann hat er untypisch viele Badezusätze am Beckenrand stehen: Sprudeltabletten, Milch-Honig-Bad, Diverses. Beim dritten Besuch überfalle ich ihn dann mit der Aussage, dass ich gern baden würde. Er hatte es mir schon einmal angeboten, aber g'schamig, wie ich mich nunmal gern gebe, abgelehnt. Rotwein hilft. Viel Rotwein hilft noch mehr. Also, ab ins Wasservergnügen!

Es muss nur noch die Frage geklärt werden: Wer sitzt auf dem Stöpsel? Wir streiten nicht, er nimmt ganz gentlemenlike den undankbaren Platz ein. Dass die andere Seite auch ihre Tücken hat, bemerke ich, als ich immer wieder herunterrutsche, ihm entgegen. Also packe ich meine Füße unter seinen Hintern damit ich einen festen Stand habe. Das gefällt ihm, merke ich.

Das Milch-Honig-Bad produziert Unmengen von Schaum, den ich dekorativ auf meinem Körper verteile. Mal lasse ich neckisch eine Brust aus der samtigen Mousse blitzen, mal tupfe ich mir ein Flöckchen auf die Nase oder puste ihm den Schaum entgegen. Einladend strecke ich ein Bein in die Höhe. Das Wasser schimmert im Kerzenschein und malt schmeichelnde Reflexe auf die Haut. Er soll sich daran satt sehen, aber nicht anbeißen. Ich weiß, dass er weiß, dass ich nur eine Schaumschlägerin bin.

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