Drei Spritzen waren nötig! Drei! Da, wo normalerweise eine genügt hätte, führten heute alle Nervenenden zusammen. Zahnarzt, irritiert: "Sie brauchen doch sonst nicht so viel." Ich vertrage halt mehr als früher, Doktor.
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Der Gentleman kleidet sich gern modisch, wenngleich überwiegend sportlich. Nun dräuen Veranstaltungen und Aktivitäten, die ein etwas festlicheres Erscheinungsbild verlangen. Anzugkauf, also.
"Was für eine Farbe findest du denn gut?", fragt der Gentleman leicht verunsichert ob der Vielfalt des Angebots nicht nur in Material und Schnitt. "Na, so ein dunkles Braun oder Anthrazit", antworte ich, und: "Bloß keine Nadelstreifen!" Nadelstreifen ist was für Aufschneider, Werber, Autoverkäufer oder sonstige Versprengte. Die Herrenbekleidungsfachverkäuferin sieht das genauso: "Besser ein dunkles Braun, so ein sattes, und dann ein zweiknöpfiges Sakko, das kaschiert." Der Gentleman hört gerade nicht hin, und so bleibe ich einzige Adressatin dieser Vertraulichkeit unter Frauen. Frauen, die ihre Männer kennen, wissen, was gut für sie ist und darum auch grundsätzlich als Miteinkäuferin angesprochen werden. Alter Verkäufergrundsatz: immer den Partner einbeziehen!
"Und, sitzt die Hose?", fragt die Herrenbekleidungsfachverkäuferin, als der Gentleman aus der Umkleiderkabine tritt. Sie fragt es mich, nicht ihn. Gern hätte ich jetzt geantwortet: Ich habe die Hosen zwar sonst gern an, aber augenblicklich eben nicht. Leider versagt in solchen Momenten meine Schlagfertigkeit.
"Ja, sitzt", springt der Gentleman ein und begutachtet sich im Spiegel. Großartig sieht er aus, wie ein Herr, und nur eine Spur dandyhaft, genau, wie ich es mag. Und dann rutscht mir raus: "Sieht er nicht klasse aus?"
Wir Frauen unter uns. Ja, ja.
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Im Beruf sollte man immer ein wenig gepflegt herumlaufen. Und so befindet sich seit einigen Jahren eine erkleckliche Sammlung von mehr oder minder bequemen Hosenanzügen. Allergene Nadelstreifen gehören ebenso dazu wie ein Pfeffer- und Salz-Tweedensemble und zwei schwarze Kombinationen. Ich bin also gut ausgestattet.
Allerdings habe ich es in den letzten 24 Stunden geschafft, jeweils die Säume an zwei Anzügen herunter zu treten, Knöpfe abzureißen und Futter einzuschlitzen. Offenbar bin ich von einer Zerstörungswut des Establishment besessen. Or to say: Turn down the churn!
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Die Kassiererin, deren künstlicher Nagel (rot-blau gestreift mit Strasssternchen) abbrach, welchen sie in die Brusttasche ihres Kassiererinnenkittels steckt, wo er sich deutlich in den Stoff bohrte.
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Nun ist das deutsch-polnische Verhältnis kein ungetrübtes. Im Unterschied zu anderen Ländernachbarn gibt es kaum jenes spöttisch-grantelige Miteinander, das beispielsweise Bayern mit Österreichern pflegen, oder das auf gemeinsamen kulinarischen Vorlieben im deutsch-französischen Grenzgebiet basiert. Als Deutscher, so mein Eindruck, ist man immer ein wenig vorsichtig im Hinblick auf die gemeinsame und dann - bis auf die gerade einmal acht Jahre geöffneter Grenzen zu DDR-Zeiten - überwiegend getrennte jüngere Geschichte. Ein wenig getragen, ja fast staatstragend wirkt jeglicher Versuch, den neuen Nachbarn zu verstehen. Humor überhaupt!, ein schwieriges Thema zwischen Deutschen und Polen. Waren früher Eigentumsdelikte Grund zum verschämt-überlegenen Lachen, gibt es heute gerade einmal den gemeinen Erdapfelwitz, der nur eine kurze Saison wirken durfte.
Wer sich einmal so herrlich bösen kabarettistischen Humor über das angesprochene schwierige Verhältnis antun mag, sollte in den Club der polnischen Versager gehen, um sich der Frage zu stellen, was der Codex des Hammurabi mit Zahnärzten und der Anna-Amalia Bibliothek zu tun hat. Und warum Polen die besseren Liebhaber sind. Alles auf Deutsch, oczywiście.
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Eben die erschreckende Entdeckung gemacht, dass auch in meiner Nase Haare wachsen.
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Immer, wenn ich im Flugzeug sitze und die Landschaft tief unter mir vorüberzieht, kommt der Gedanke: Was wäre, wenn? Wenn ich abstürzen würde, dem Boden in Sekundenschnelle entgegen, um mich herum Chaos, Schreie, in mir Stille, eine schreckliche, sichere Stille der Gewissheit?
Die Gedanken spinne ich dann weiter. Ich bin die einzige Überlebende. Steige aus den rauchenden Flugzeugtrümmern, nur eine Schramme auf der Stirn, ansonsten völlig unverletzt.
Mit dem Lottospielen ist das genauso. Ich werde die einzige sein, die gewinnt. Bis ich dann um 20 Uhr sicher gelandet bin. Oder abgestürzt.
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Essen sei die Erotik des Alters, heißt es, und wenn diese Weisheit stimmt, dann hat unsere geriatrisch-geprägte Gesellschaft ständig Hunger. Kein Wunder, dass sich Kochsendungen, -shows, Showkochen, Promidinner, oder welches Format auch immer sich mit dem leiblichen Wohl befasst, so ungeheurer Beliebtheit erfreuen. Allein, das Starren auf die Produktion von Essen ist auf die Dauer langweilig, selbst wenn sich fünf Sterneköche bei Kerner auf die Füße treten und die Kochlöffel langziehen. Also: Raus zum Volk und ran an die Buletten! Man verzeihe mir die köstlichen Metaphern.
Sarah Wiener kurvt mit ihrem altersschwachen Käfer durch europäische Bilderbuchlandschaften, um höchselbst zu schlachten, den Köchen abgelegener Bodegas in die Töpfe zu gucken. Antony Bourdain schreibt Bestseller über die Suche nach dem absoluten Genuss und schreckt selbst vor einem Schlangenmahl in Kambodscha nicht zurück. Bobby Chinn wiederum, aufstrebender Fernsehkoch aus Vietnam mit amerikanischen Wurzeln, rennt den sogenannten Foodstalls zwischen Dubai und Kyoto die Bude ein, um auch dort vor Ort dem Zuschauer den möglichst originalen Genuss zu zeigen.
Nur so kann es auch sein, dass der mittlerweile TV-Showlose Koch Tim Mälzer, deutsches Äquivalent zu Jamie Oliver, sein Rampensau-Gen im Tempodrom ausleben darf. In einer fast vierstündigen Bühnenshow zeigt er, dass Köche die neuen Rockstars sind. Neben allerlei Effekthaschereien küchentechnischer Art (Flambier! Mich! Jetzt!) kracht Feuerwerk, raucht der Kühlschrank und sämtliches Lichtequipment wird erprobt. Nebenbei kocht er auch ein bisschen, sorgt mit ausgewählten Zuschauern aus dem Publikum für den nötigen Drive. Ironisch frotzelt Tim Mälzer über die Machos in der Küche und wirft der im Publikum sitzenden Sarah Wiener kleine Bösartigkeiten an den Kopf. Das Konzept stimmt offenbar. Das Publikum (überwiegend jung bis mittelalt, bunt gemischt) johlt, wenn sich der verdächtig schwäbelnde 'Engländer' Duncan ungeschickt am Roastbeef in Brotmantel zu schaffen macht.
Was der Zuschauer mitnimmt? Für's Auge sollte es immer sein. Und so werden wir in naher Zukunft sicherlich alle Gerichte mit wenigestens einem Minzblatt, einem Rosmarinzweig oder dem obligaten Basilikumsträußchen garnieren.
Leider, leider dauert die Show mit fast vier Stunden dann doch deutlich zu lang, allen Effekten zum Trotz. Verkocht. Ach, diese köstlichen Metaphern.
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Der Effekt ist bekannt: Bestellt ein Fluggast Tomatensaft, folgen andere sogleich nach, selbst, wenn sonst der Konsum gegen Null geht.
Ähnliches passiert mit Wörtern. Krass (mit osmanisch gerolltem 'r') zum Beispiel, wurde von Kollegin V zuerst benutzt, um diverse firmeninterne Vorgänge zu bewerten. Dann übernahm Kollegin I (mit fränkisch gerolltem 'r'), Kollegin II folgte auf dem Fuß (Normalaussprache, aber dafür mit unterstreichender Handbewegung).
Krass ist der legitime Nachfolger des berühmten Morgengrußes unserer Abteilung. "Morningsen" erfreute sich fortschreitender Beliebtheit, bis der oberste Chef einmal durch den Gang schrie, er könne dieses bekloppte Wort nicht mehr hören und der nächste, welcher ihn morgens so begrüße, könne sich seine Papiere abholen.
Seit Heute bin ich Schöpferin eines neuen TomatensaftWorts. Ich habe mir ein experimentelles Wort ausgesucht, dessen Wirkweise und Verbreitung ich analysieren möchte: schwark, ein englisch ausgesprochenes Adjektiv ohne konkrete Beschreibung einer Eigenschaft, inhaltlich weder positiv noch negativ bewertend. Als Kollege II angesichts diverser, aufgrund eigenen Versagens verbummelter, Deadlines bleich wurde, rief ich ihm ein aufmunterndes schwark! zu. Auch dem freundlichen Kollegen aus dem Vertrieblerschweinestall, welcher mir mit seiner feuchten Aussprache regelmäßig sofortigen Ausschlag verursacht, wies ich darauf hin, die Dinge seien doch recht schwark gediehen.
Nach der Bedeutung des Wortes fragte mich bislang Keiner. Aber eben gerade vernahm ich von meinem Chef, wie er zur entnervten Kollegin IV sagte: "Nun sei doch nicht immer so schwark!"
Ich werde die naturwissenschaftlichen Beobachtungen fortsetzen und ein Verbreitungscluster erstellen.
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Noch eine Frage, die mich zurzeit umtreibt: Warum erhob sich der Volkszorn anlässlich der Volkszählung, aber nicht beim Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung?
Sind wir ein Volk von resignierten Abnickern geworden?
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