Karosserie.

Als Irene die Garagentür aufschließt, dringt muffiger Geruch nach alten Reifen, im Betonboden eingeschlossenen Benzinflecken und stockfleckigen Segeltüchern durch die Öffnung.

"Wow."

Da steht er. Der weiße Lack ist ein wenig trübe, verstaubt, aber der Schriftzug quer über dem kurzen Heck gut zu lesen. Ein Schmuckstück aus Stuttgart von 1970. Wir gehen langsam an der längs des Wagens aufgestapelten Bootsausrüstung vorbei für ein kleines Segelboot, das es längst nicht mehr gibt. Einer von vielen Luxusgegenständen, die der Großvater nach und nach verkaufte, um die Arztrechnungen für Lotte bezahlen zu können. Ein Leben im Überfluss hatten sie geführt. Unter Verzicht auf Krankenversicherung. Nur der Porsche ist noch übrig. Da war sie schon sterbenskrank und voll von Metastasen, dass auch der Verkauf von 100 Porsche sie nicht mehr auf die Seite der Lebenden hätte bringen können.

"Wer soll den Verkauf übernehmen?" Meine Mutter umkreist den Wagen, während Irene sich eine Zigarette anzündet.

Der Großvater hat uns den Auftrag gegeben. Ganz im Geheimen hege ich den unvernünftigen Wunsch, dass meine Mutter erkennen möge, wie sehr mein soziales Prestige davon abhängt, dass der Renault 5, den ich seit dem Erwerb des Führerscheins vor Kurzem mein Eigen nennen darf, in naher Zukunft durch ein höherwertiges Auto ersetzt wird. Beispielsweise durch einen alten Porsche 911, den ich selbstredend liebevoll restaurieren und dann vorsichtig über die Straßen rund um Frankfurt steuern würde.

Irene nimmt einen tiefen Zug. "Das macht Hans-Günter. Der kennt sich mit Autos aus."

Mit Trabant und Wartburg, hätte ich beinahe vorwitzig eingeworfen. Aber Hans-Günter, der Jagdaufseher in den Revieren der schießwütigen SED-Bonzen und Herr über Wild und Wald, hat offenbar verborgene Qualitäten. Ich begrabe meinen Traum, Porschefahrerin zu werden. Gegen Hans-Günter komme ich nicht an.

Später, bei einem Kaffee im Restaurant Alpenrösl, wohin wir den Großvater ausgeführt haben, seufzt er: "Der Porsche, ja, den habe ich mir geleistet, als ich die Agentur verkauft habe." Ich seufze ebenfalls. Tolle Zeiten waren das sicherlich, damals.

Ich bin neugierig auf mehr Geschichten, verspreche beim Abschied am Abend, ganz bestimmt im Sommer wiederzukommen. Wenn ich mein Abi habe, zwischen Abschied vom Elternhaus und erster eigener Wohnung in Berlin, dann komme ich vorbei beim Großvater und hole mir mehr Geschichten ab.

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Stolz.

DSL in 15 Minuten. Endlich Franzis TV-Filmvorschau als Podcast hören.

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Umzugsfolgen.

Wie unmittelbar man doch entdecken kann, dass Tonsillensteine offenbar weit verbreitet sind.

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Umzug.

Die Möbelpacker lassen ihre Muskeln spielen. Kollegin I starrt ungeniert auf den Knackarsch von Packer I:

"Ich muss wieder mal zum Sport."

Zeiten ändern sich. Früher hätte man gesabbert und gesagt: "Ich muss wieder mal das Sportgerät wechseln."

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Mangel.

Das Gefühl, durch eine Mangel gedreht worden zu sein. Alle Energie in einem über drei Wochen dauernden täglichen Marathon ausgepresst. Nur noch Buchstaben und Grafiken bleiben als kleiner See übrig.

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Definition.

"Man könnte sagen: es ist eine Regionalbeziehung."

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Ausklang.

Nach zwei Gläsern Rotwein, dem Anhören einer guten, frisch gemixten CD und einem Telefongespräch fühlt sich dieser Tag fast wieder so an wie ein Tag sein sollte.

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Druckversionen.

Wenn Worst Case Szenarios eintreten, haben meistens Zahlen über den gesunden Menschenverstand gesiegt.

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Sommer.

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Evolution.


(Foto: G.)

Ich weiß nicht, ob Don seine Katze wiedererkennen wird.

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Amethyst.

"Hier", sagt der Großvater und drückt mir ein Schächtelchen in die Hand. "Das ist für dich. Von Lotte." Ich bin überrascht und öffne die kleine Pappschachtel. Auf einen lilafarbenen Wattbausch gebettet liegt ein massiver Goldring. Eine eckige Fassung im Art Déco-Stil umfängt zwei Amethyste im Brillantschliff. "Danke", hauche ich und freue mich sehr über das Geschenk einer mir Unbekannten.

Lotte, das war einmal die beste Freundin meiner Großmutter. Sie waren einige Jahre unzertrennlich, stiegen gemeinsam auf die Almen der Umgebung und feierten zusammen mit meiner Großtante Mimi in die letzten Kriegstage und beginnende BRD-Zeit hinein. Und Lotte war die dritte Frau im Bunde, welche sich der Gunst von Großvater Curt erfreuen durfte. Allein, sie trug die Siegespalme davon. Weder Ehefrau samt Töchtern Irene und Inge noch Geliebte samt meiner Mutter Iris konnten ihn so für sich einnehmen wie Lotte es tat.

"Die Lotte", sagt er und sucht den Blick zum silbergerahmten Foto auf dem Schreibtisch, "die war schon was Besonderes."

"Erzähl mir von ihr", fordere ich ihn auf. Schließlich möchte ich wissen, wieso er meine Großmutter verließ, seine Familie, und allen ein Leben mit einer hakennasigen Blondine mit eiskalten Augen vorzog.

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Moinsen.

Wie es scheint, hat MC ein neues Groupie! Der Gentleman hat sich den SMS-Mitteilungston von MC heruntergeladen. Peace.

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Horofrage.

Auf indirekte Anregung von Moni eine Frage an die geneigte Leserschaft: Wie sieht's mit Horoskopen aus? Soll ich wieder?

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Musik.

Musik ist die Stenografie des Gefühls.
(Leo N. Tolstoi)

Erinnern Sie sich, wie Sie auf der Tanzfläche dieses Lied hörten? Wie sich die Melodie in Ihr Ohr, Hirn, Herz schlich? Beinahe hätten Sie angefangen zu weinen, so sehnsuchtsvoll und erhaben fanden Sie Töne und Text. Sie schlossen die Augen und fingen an, nur für sich selbst zu tanzen. Das Lied nahm Ihnen den Atem und als es endete, öffneten Sie die Augen und alle sahen Sie an, weil Sie so lächelten. Erinnern Sie sich? Damals, als Sie jung waren? Hören Sie The Killers.

He doesn’t look a thing like Jesus
But he talks like a gentleman
Like you imagined when you were young

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Reiz.

Kochtipp: Keine Chillischoten schneiden und danach die Augen reiben.

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Putsch.

Ob der ausgebrannte Lieblingsthailänder mit dem schönen Namen Bangkok Treff mit dem Putsch in Zusammenhang steht? Verschwörungstheorie galore.

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Wandersleute.

Vom Ferchensee zum Lautersee wandern wir über gut ausgebaute Wege an dichten Föhrenwäldern und kleinen Almen entlang. Eben noch saßen wir am Ufer des glasklaren Ferchensees. Meine Mutter starrte in die Tiefe, wo abgebrochene Fichtenstämme ihrer langsamen Verrottung entgegendämmern.

"Das war nicht einfach, damals. Ich wusste ja nicht, dass ich gar nicht die Tochter von Omis Mann bin. Erst, als ich in die Schule kam und den Mädchennamen von Omi als Nachnamen tragen musste, während ich vorher dachte, ich hätte ihren Ehenamen, da habe ich gemerkt, dass das gar nicht sein kann."

Ein wenig verwirrt frage ich: "Warum musstest du denn den Mädchennamen als Nachnamen tragen?"

"Früher war das so: Wurde ein Kind unehelich geboren, erhielt es den Mädchennamen der Mutter. Und da der Mann von Omi im Krieg gefallen ist, war sie nicht mehr verheiratet sondern eben Witwe. Deshalb hieß sie anders als ich. Und ich wusste ja nicht, dass ihr Mann gar nicht mein Vater sein konnte."

"Warum sie das bloß so erzählt hat", wundere ich mich über meine Großmutter, die so ganz anders war, als sie jetzt scheint. Lustig, damenhaft und wenig unkonventionell trotzdem.

"Darauf scheint der Onkel großen Einfluss gehabt zu haben."

Der Onkel, Hahn im Korb seiner Schwesterhennen. Meine Großmutter lebte bis zu seinem Tod mit ihm zusammen in seiner Villa, die er, in seiner Eigenschaft als Notar, in großem Stile zu führen pflegte. Sie organisierte Veranstaltungen und Parties, bewirtete seine Gäste, die aus exotischen Ländern kamen und gelegentlich das kleine blonde Mädchen an ihrer Seite mit ebenso exotischen Leckereien verwöhnten.

"Komm", sagt meine Mutter, steht auf und streicht sich den Rock glatt. "Wir gehen weiter. Die anderen warten sicherlich schon auf uns." Die anderen, das ist die noch unbekannte Familie.

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Katzengym.



Ich geb' sie nicht mehr her. Was musste auch in den Urlaub fahren, Don!

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