Gebirgsflüsse.

Vor dem Treffen habe sie Angst, sagt meine Mutter.

"Wir können immer noch umkehren", schlägt mein Stiefvater vor.

"Nein, ich will endlich wissen, wer mein Vater ist."

Wir fahren an buntbemalten Häusern vorbei durch enge Gassen. Wenig Platz bleibt hier, um den Himmel zu sehen. Aber die meisten Häuser sind ohnehin nur für Kurzzeitbesucher geöffnet, Erholungssuchende auf dem Weg nach Italien oder Menschen, die das Reizklima des nahen Karwendelgebirges schätzen.

"Da hinten muss es sein. Dort steht ja auch schon Irenes Auto."

Sie zeigt durch die mit Fliegenkadavern verschmierte Windschutzscheibe. Wir halten. Der nahe Gebirgsfluss rauscht laut. Das Haus, ein gesichtsloser Wohnblock, aber dem Anlass, der Aufbewahrung alter Menschen, angemessen. Mein Großvater. Meiner Mutter Vater. Wir kennen nur seinen Namen. Wer wird der Mensch dahinter sein?

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Katzencontent.

Sie sitzt hinter dem Sofa, unter dem Sofa, unter der Heizung und so ziemlich in jeder verstaubten Ecke meiner Wohnung. Ich stelle Katzenmilch hin. Ich serviere Whiskas, verwerfe den Gedanken an ein Petersiliensträußchen als Dekoration und ertappe mich beim Ausstoß zirpender Geräusche, die mütterliche Zuwendungen imitieren sollen. Allein, es hilft nichts. Karla sitzt weiter ausdauernd in Ecken herum. Von Don habe ich eine zur Not dreiseitige Bedienunganleitung für sein Schätzchen erhalten, die ich für schnellen Zugriff auf dem Küchentisch platziert habe.

Zwei Tage ging das so. Heute sitzt sie auf dem Sofa, pufft mich mit ihrem Köpfchen an und wollte mir eben übwerd ie TaStatur lau en. Wenn das kein ERfol ist. Don, einen schönen Urlaub wünsche ich dir!

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Favorites.

Heimlich hat mir der Gentleman eine CD in die Tasche gesteckt. Mit Erschrecken ist festzustellen, dass 90 % der Songs meine Lieblingslieder sind.

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Besuch.

Eine blaue Wolke senkt sich langsam hinter der Hecke. Es knattert, dann geht der Motor des Wartburgs aus. Wir sitzen auf der Terrasse, haben das gute Geschirr aufgedeckt. Es gibt Apfelkuchen.

"Halloooo!" Meine Mutter sprintet zum Gartentor.

Davor stehen unsere drei Besucher. Eine Frau, so dunkelhaarig wie meine Mutter blond, ein etwas grimmig dreinschauender Mann mit Schnauzbart und ein Junge, klein, schmächtig mit Brille.
Die beiden Frauen sehen sich an. Diese Nase!, denke ich. Was für eine Nase. Unverkennbar, das ist die Schwester meiner Mutter.

"Man sieht's", flüstert mein Stiefvater neben mir.

"Ich bin Irene, das ist Hans-Günther, mein Mann und Benjamin, unser Sohn. Du bist bestimmt meine Nichte!"

"Äh. Ja. Hallo." Sie umarmt mich fest. Hans-Günther und Benjamin schütteln mir die Hand. Benjamin sieht mich nicht an.

Wir bitten den Besuch an den Kaffeetisch. Nach einem Stückchen Apfelkuchen - "mit Schlagsahne extra für Benjamin, bitte" - fängt Irene an zu erzählen: "Der Papi hat nie so richtig mit der Sprache rausrücken wollen über dich und deine Mutti. Inge, unsere andere Schwester, ist ja auch nur einen Monat jünger als du."

Selbst mir, der mathematisch unbegabtesten Person der Erde, erschließt sich die Brisanz dieser Eröffnung. Gespannt warte ich auf weitere Informationen.

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Rosenmund.

Der Gentleman bringt eine rote Rose mit zum Date. Das Weib frohlockt und bietet den Mund zum Kusse dar. Bezahlen darf er trotzdem.

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Zusammenführung.

"Erzähl doch mal", ermutige ich meine Mutter. Schließlich fallen nicht alle Tage zwei neue Tanten, deren Ehemänner samt Cousine und Cousin vom Himmel.

"Ich kann dir nur sagen, was ich bislang weiß: Dass die eine Schwester Irene heißt und die andere Inge und ich eben Iris und dass die beiden in Wernigerode wohnen."

"Aber hat denn Omi nie darüber gesprochen, dass du noch Halbschwestern hast?"

"Nein. Sie hat mir ja nocht nicht einmal verraten, wer mein Vater ist."

Ich denke kurz nach. Warum hat meine Großmutter ihr Geheimnis mit ins Grab genommen? Ich bin sehr gespannt, wie die neuen Verwandten sein werden. Und ob sie zur Auflösung des Rätsels beitragen können. Morgen kommen sie zu Besuch.

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Wende.

Die Stimme klingt sehr weit entfernt. "Spreche ich mit Familie xy?" Ich bejahe. "Dann sind wir verwandt. Ich bin Irene xy und würde euch gern kennenlernen. Wir sind Morgen bei euch in der Stadt." Ich bin etwas überfordert, gebe an meine Mutter weiter, die im Verlauf des Gesprächs zu weinen beginnt. Unauffällig halte ich mich in der Nähe, bis sie auflegt.
Sie geht ins Wohnzimmer, schenkt sich einen Cognac ein und setzt sich auf das grüne Ledersofa. "Und?", dränge ich, "wer war denn das?"
Sie schweigt, nippt an dem kristallenen Schwenker.

"Das war meine Schwester."

"Wie, jetzt? Seit wann habe ich eine Tante?"

"Seit heute, du Witzbold. Und du hast sogar zwei Tanten, von denen die eine samt Familie Morgen zu Besuch kommt."

"Wieso wussten wir nichts davon?"

"Das ist eine lange Geschichte..."

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Anpassung.

"Es gibt zwei Arten, auf den Klimawandel zu reagieren: Wir können uns anpassen oder wir können versuchen, den Prozess zu verlangsamen." (Frances Cairncross, via SPON)

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Verhältnis.

Der Mann habe genau das richtige Verhältnis zwischen Kinn und Wangenknochen, frohlockt das Weib am Telefon. So manch Eine tat sich schwer bei der Suche nach dem Richtigen.

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Filmografie.

Der neue Drehbuchguru bewarf mich mit einem Filmstöckchen, das ich gern in den Vorführraum trage.

Bei welchen Filmen packe ich vorsorglich eine Packung Taschentücher ein?

Nun bin ich von eher gleichmäßigem Gefühlstonus (behaupte ich mal) und selten nah am Wasser gebaut. Bei diesen Filmen jedoch brechen alle Dämme und das Wortschnittchen schnieft und schluchzt, was die Tränendrüsen hergeben:

1. Love Story
Meine Herren, gut, dass dieser Film nicht allzu oft wiederholt wird. Wenn Ali McGraw als mein absolutes Modevorbild immer durchscheinender und madonnenhafter in die Erkrankung sinkt und sich eine wahrhaft große Love Story dem Ende zuneigt, flenne ich los. Seit Jahren. Immer wieder.

2. Schindlers Liste
Muss man nicht viel dazu sagen. Sollte man sehen und sich in den dunklen Tunnel begeben.

3. Drei Haselnüsse für Aschenbrödel
Jedes Jahr an Weihnachten begehe ich ein gesundes Ritual der Selbstreinigung. Ich mache mir eine Tasse starken Kakao mit fetter Schlagsahne, setze mich vor den Fernseher und tauche ein in einen Märchenfilm, der mich seit meiner Kindheit begleitet. Zum Heulen schön ist diese Adaption des Grimmschen Märchens rund um das wilde Mädchen und seinen Prinzen. Und wenn sie (oder ich) nicht gestorben sind, dann sitze ich auch dieses Jahr wieder vor der Glotze.

Das Stöckchen werfe ich weiter nach Kiel zu MC und Effchen und zur Segelkönigin, die sich hoffentlich bald wieder aus dem Urlaub zurück meldet.

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Glamourama.

Ich verweise an dieser Stelle auf die morgige Veranstaltung im Seitenteaser links, auf der meine Wenigkeit zusammen mit RICHTIGEN SCHAUSPIELERN das wunderbare Stück von Glam lesen wird: Großes Kino, das in den Ohren anfängt. Viel Spaß!

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Männlichkeiten.

Allen Herrmans, Schirrmachers und Päpsten zum Trotz hat sich die Emanzipation doch ihren Weg gebahnt. Frau trägt nach wie vor Hosen, bestimmt selbst über Bauch und Karriere und hält die Wirtschaft durch hormonelle Konsumräusche am Laufen. Kurz: Frau kann alles tun, was man(n) schon immer konnte. (Umgekehrt kann Mann ja immer noch keine Kinder gebären. Ungerecht, das.)

Einzig zwei Bastionen der Männlichkeit haben nicht ansatzweise den Neid der Frauen erregt: Bärte. Und Pfeifenrauchen. Der Damenbart fristet, nicht ganz zu Unrecht, ein Nischendasein. Selbst Vertreterinnen des gepflegten Achselhaardschungels mögen doch keinen Flaum über der Oberlippe und rasieren, zupfen oder bleichen. Man möge mir verzeihen: Auch Männer mit Bärten sind, sofern diese nicht hervorragend kurz getrimmt, in meinem Beauty-Ranking ganz weit hinten. Meistens sieht es ungepflegt aus und die Mode junger Männer mit Adornoambitionen ist Gott sei Dank das, was sie ist: eine Mode, vorübergehend und später viel belacht.

Das zweite Bollwerk der Männlichkeit ist wiederum oral orientiert und steht Frauen ebenfalls nicht wirklich gut zu Gesicht. Berühmte Pfeifenraucherinnen sind rar gesät. Die große George Sand verkleidete sich als Mann, um ihrem Laster Pfeiferauchen zu frönen. Im wilden Rokoko zogen die Damen der feinen Gesellschaft an kleinen Pfeifchen, aber in jener Epoche wurden auch Schäferspielchen erfunden und die Damen suchten sich ihre Geliebten selbst aus. Letztens aber, in einem schicken Café, saß eine dieser Frauen. Zarter, roter Lockenkopf zu einem Dutt gesteckt, ein elegantes Blumenhängerchen zu spitzen Stiefeln. Und sie sog an einer zierlichen Pfeife, blies genussvoll einen leicht vanilligen Rauch in die Höhe und sah sehr zufrieden aus. Ist das der Beginn einer neuen Weiblichkeit? Oder nur Rauch?

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Allschlampe.

Nicht, dass es dann heißt: Paris, wir haben ein Problem. Die Windel ist voll.

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Nie!

Wenn mich noch einmal jemand fragt, ob ich verknallt bin, setzt's was!

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