Kollegiale Glückwunschkarten im Wandel der Zeit:
2011
2010
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Gefühlte 20 Anrufe gemacht, erhalten, ignoriert (davon ein privater Anruf, ignoriert). 17 E-Mails geschrieben, 19 E-Mails erhalten (10 Spam-Mails, unbestellte Newsletter und sinnfreie Anfragen bereits abgezogen). Einen Brief, drei Werbematerialien, ein Paket erhalten. Zwei berufliche Meetings mit einigermaßen guten Ergebnissen. Eine Bratwurst mit Pommes zu Mittag, zwei Kaffee (schwarz), einen Liter Mineralwasser medium, KEINE Schokolade, dafür ein geschenktes Blättchen Traubenzucker vom Kollegen. Geschriebene Texte: zwei. Gut geschriebene Texte: eineinhalb.
Ein ganz normaler Donnerstag.
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Draußen nur Kännchen, drinnen nur Tässchen. Mit diesem Problem muss sich Frau Kaltmamsell befassen und hat ihre ganz eigene Lösung dafür gefunden. Was ungeahnt mehr Arbeit mit sich bringt.
Bei uns im Büro gibt es die klare Regelung: Hände weg von der Tasse, die meinen Namen trägt. Dafür habe ich der Abteilung auch drei Tassen mit Werbeaufdruck spendiert, zusätzlich zum bereits vorhandenen, ordentlich weißen China Bone-Geschirr, das für Meetings rausgekramt wird. Der Kollege, welcher sich einmal wagte, wusste recht schnell nach einem Blick in meine Augen, dass dies nie wieder passieren sollte und nennt jetzt auch eine Namenstasse sein Eigen.
Ich bin sicher, dieses unser Verhalten hat nichts, aber auch gar nichts mit Revierverteidigung zu tun.
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Am Donnerstagabend hatte der gelegentliche Zwang zum Antichambrieren einen wunderbaren und unerwarteten Vorteil. Während oben in der ersten Etage die Wichtig-wichtig-Menschen des Städtchens bei Rindfleischsalat und Häppchen empfingen, um hernach ein Stockwerk höher einem der Sahnstückchen des Festivals (und das meine ich tatsächlich, man hörte durch die geschlossene Tür, was die Pianistin auf einem historischen Flügel Wunderbares vollbrachte) beizuwohnen, wartete ich im Erdgeschoss bei den Diensthabenden auf meinen späteren Einsatz als Marketingtante. Bis der Haustechniker meinte: "Wollense nich mal die Ausstellungen anschauen? Wir machen für Sie noch mal Licht an."
Ein Museum, ganz allein für mich! Alle Räume leer, ganz in Ruhe die Beschreibungen der Exponate lesen, sich wundern, was für kostbare Alltäglichkeiten ausreichen, ganze Epochen auferstehen zu lassen. Die Stadtlandschaft interaktiv erspielen und nunmehr durchaus verstehen, warum sehr alte Menschen von der Stadt sagen, sie sei einmal eine schöne gewesen.
Später kommt der Haustechniker und bringt mir noch einen übriggebliebenen Rindfleischsalat und ein paar Häppchen. Gemeinsam stehen wir inmitten der Ausstellung, plaudern, essen, lauschen den fernen Klängen und finden es so viel besser, hier zu sein als bei all den Würdenträgern und Wichtigmenschen zwei Stockwerke über uns. Ein Museum ganz für mich allein, wer von denen hatte das schon einmal?
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Nach dem Halber-Berg-geschafft-Fest am Mittwochabend steuert das Festival jetzt auf den Höhepunkt und Abschluss zu. Langsam werden die 12- bis 14-Stundentage zur Gewohnheit. Am Dienstagabend war ich stehend k.o., aber das kann auch an ungewohnten Musikerlebnissen gelegen haben. Die Ohren haben aufgehört zu bluten.
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Vier Tage "Arbeits-WG" mit Gentleman, Redakteurin und Kameramann waren eine interessante und belustigende Erfahrung. Das Ergebnis im Werden zu beobachten, die Professionalität und das feine Gespür für aussagekräftige Bilder und gute O-Tongeber haben mich wirklich beeindruckt. Dabei hatte ich schon Befürchtungen, mit einer guten Bekannten zusammen zu arbeiten. Schon einmal ist eine Freundschaft zerbrochen, weil nach einem mangelhaften Arbeitsergebnis der Anwalt eingeschaltet wurde. Die Festival-Videos sind klasse geworden, da dürfen sich so manche Berichterstatter anderer Sender eine Scheibe abschneiden.
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Schon die zweite, halbprofessionelle Einladung auf einen Kaffee erhalten. Ein Tandem wurde vorgeschlagen. Ich solle doch so besser Polnisch lernen, er spräche gern besser Deutsch.
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Neuerwerb der Woche: mildgrüne Wildlederpumps mit 10 cm-Blockabsatz. Drei Stunden Tragedauer sind schmerzfrei möglich. Danach Wechsel in die flachen Ballerinas.
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Vorfreude auf arbeits- und Festivalfreie Tage.
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Drei Kilo abgenommen.
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Und bei Ihnen so?
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Seit Heute trage ich rote Ringel. Im Tierreich heißt das mitunter: Vorsicht, mein Revier! Hilft sicherlich auch als Warnung für allzu neugierige Mitmenschen.
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Erst zwei Tage wieder im Büro und schon schlechte Laune. Mir geht's zu gut.
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Etwa einmal pro Monat scharen sich rund 100 Rentner um mich, manchmal mehr, manchmal weniger, um zu hören und zu sehen, was das Haus zu bieten hat. Ein Erbe einer meiner Vorgängerinnen und bisweilen sehr charmant, aber auch anstrengend.
Sie sind meistens sehr freundlich, auf ihre ostbrandenburgische Art und Weise ruppig-nett. Kleine Gruppen zu zehn, manchmal noch kleiner, die sich so lange kennen, dass sie noch Geschichten erzählen können aus den Aufbaujahren, als sie mit Gummistiefeln und mit den feinen Schuhen in der Tasche den Rübenlaster für die Fahrt ins Theater kaperten. Ein zähes Völkchen aus den umliegenden Landgemeinden. Und wenn ich sie so sehe, wie vorsichtig sie doch miteinander umgehen, wie erfahren im Umgang über die Jahrzehnte hinweg, dann finde ich sie so menschlich und verletzbar in ihrer Vergänglichkeit.
Ich hoffe, meine Nachfolgerin oder mein Nachfolger dereinst wird das auch mal so sehen.
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Nachdem nun schon den dritten Tag in Folge Kollegenanfragen mit "ich möchte Sie überhaupt nicht provozieren" begannen, scheint meine schlechte Laune in letzter Zeit nicht unbemerkt geblieben zu sein.
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Um fünf vor neun, ich habe gerade meinen Ledermantel in den Schrank gehängt, klingelt das Telefon zum ersten Mal. Man habe, so wird mir mitgeteilt, bereits versucht mich zu erreichen, aber ich sei wohl noch nicht im Dienst gewesen. So ist es, erkläre ich, und dass ich zwar immer im Dienst sei (Versuch am frühen Morgen gute Laune vorzutäuschen), aber doch erst ab neun erreichbar. Dieser Anruf ist der erste in einer langen Reihe von Telefonaten, die am Tag der Festivaleröffnung bei mir auflaufen. Neben gefühlten einhundert E-Mails, selbstverständlich. Es gibt noch einige Orgasachen zu klären, die Banner für die Medienpartner müssen zur rechten Zeit am rechten Ort sein, auch wenn dieser rund 30 Kilometer in der Pampa liegt und etliche Zufahrtsstraßen gesperrt sind. Und, der größte Batzen für diesen Tag, die Presse muss eingenordet werden, die Preisträgerin gut zu behandeln und das richtige zu schreiben. Pressemitteilungen mit Sperrfrist müssen raus, in aller Eile bearbeitete Fotos. Dazu kommt am Abend der Preisverleihung noch eine Live-Schaltung.
Die Preisträgerin ist sehr nett, jung, hat aber schon zwei Studiengänge abgeschlossen und nimmt noch nicht einmal den Hagelsturm übel, der uns auf dem Weg zum ersten Interview im Sender ereilt. Immerhin, nach fünf Einzelinterviews mit den unterschiedlichsten Medien ist sie nach eigener Einschätzung fit für die Preisverleihung. Dann darf sie sich endlich ein bisschen ausruhen, die Solistengarderobe steht bereit, und ich begebe mich ins Auge des Sturms.
Genau eineinhalb Stunden spüre ich, wie alles um mich herum wirbelt, Konzepte zerrissen werden, Abläufe umgeworfen, technische Pannen behoben, gearbeitet wird. Mein Schreibtisch steht ruhig, das Telefon klingelt nicht, endlich Zeit für andere Dinge. Bis mich um kurz nach sechs die ersten Windböen erfassen, mitreißen in den Strudel der Ereignisse, befeuert von einer Dynamik, die nicht nur dem Zeitdiktat unterworfen ist, sondern von den Menschen getragen wird, die täglich mit mir zusammenarbeiten. Ein Rädchen greift ins andere, wenn mal eines kurzfristig aussetzt, ist ein Notfallmechanismus da damit kein Unglück geschieht.
Am Ende des Abends hat sich der Sturm gelegt, einiges ist in Fetzen gegangen (darunter meine kleine Seidenblume, die sich so neckisch ans Abendoutfit schmiegte), vieles heil geblieben, und der Kollege, der sonst nur etwas brummbärig an mir vorbei sieht, klopft mir auf die Schulter und knurrt: Siehste, et hat ja immer noch jot jegange.
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