Stellen Sie sich ein Westdeutschland Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts vor. Es gibt Fachgeschäfte für die meisten Dinge des Lebens, Einkaufszentren und Shopping Malls sind exotisch beziehungsweise Zukunftsmusik, Läden dürfen maximal bis 18.30 Uhr unterwöchig bzw. bis 14 Uhr samstags geöffnet haben. Kollegen verabschieden sich mittags mit "Mahlzeit" und eilen zur selben nach Hause, im sicheren Gefühl, dass von 12 bis eins keiner vor dem Laden steht, keiner in der Firma anruft. Denn: Deutschland macht Pause. Ohne wenn und aber.
Auch in der Firma der Großeltern, in der mein Vater, der Juniorchef, und meine Mutter - „sie hat das ja studiert, also kann sie das“ - mitarbeiten, schließt um kurz nach 12 Uhr mittags der Stift das Messingschloss des Büros ab und begibt sich in die „Leutestubb“*.
In der „Leutestubb“ warten schon die Kollegen auf ihn, um ihn liebevoll aufzuziehen, wenn er wieder einmal ein komplettes Menü in der Blechassiette auspackt. Seine Mutter sorgt sich halt um den „Bubb“. Dort ist auch der einzige Ort auf dem ganzen Firmengelände, wo die Mitarbeiter rauchen dürfen (außer im Büro des Juniorchefs und der Chefin), denn es ist ein Holzgroßhandel und man mag es sich gar nicht vorstellen, was ein Funke bewirken könnte. Entsprechend verqualmt ist der Raum. Sechzehn Männer unterschiedlichen Alters, Handwerker, Ungelernte, aus der Region stammend oder als „Polacke“ nach der Zwangsarbeit im Krieg hängen geblieben. Und der Neuseeländer, von dem mein Vater anerkennend sagt, „der habe was auf dem Kerbholz, aber wenigstens säuft er nicht“.
In der Leutestubb stehen auch Kisten mit Getränken, die meine Großeltern bezahlen. Zitronenlimo, Orangenlimo, Wasser und einmal in der Woche am Freitag ein Kasten Bier, der dann schon mittags leer ist. Das ist der Tag, an dem ich es hasse, wenn ich nach der Schule in die Leutestubb geschickt werde. Meine Aufgabe in der Firma ist es, den Sechzehn auszurichten, wann meine Großmutter die Lohntüten ausreicht. Lohntüte, immer freitags, immer nachmittags. Die Kollegen wissen eigentlich Bescheid, aber meine Großmutter möchte das so. Sie ist da sehr Herrschaft.
Ich gehe also in die Leutestubb, gleich gibt es Mittagessen, ich muss mich beeilen. Die Sechzehn sitzen dicht an dicht um den großen Eichenholztisch, es ist furchtbar verqualmt, es riecht nach Bier und Essen, einige der Männer haben schon einen glasigen Blick. Ich muss husten und vermeide, es zu bemerken, dass da eine Flasche Schnaps auf dem Tisch steht.
„Ei gude“, sage ich, „ab halb fünf.“ „Ei gude“, antwortet der Platzmeister W., dessen Bruder Dieter auch bei uns arbeitet, und von dem mein Vater sagt, dass er behindert ist, meine Mutter, dass er deswegen Steuern spart und eingestellt wurde und der von meinem Großvater ganz gern mal rumgeschubst wird, wenn er nicht gleich kapiert, was er von ihm will. Einer steht in der Hackordnung immer ganz unten und hier ist es der Dieter. Dieter hat das Down-Syndrom, er ist schwerfällig und langsam und darf ganz und gar nicht an der Kreissäge stehen, das hat er mit mir gemein. „Und wie war's heut in der Schul?“, fragt W., der kümmert sich um alle in der Mannschaft, auch um mich, ich gehöre irgendwie auch dazu. Auf jeden Fall gibt er mir nachmittags immer was zu tun: Latten ausrichten, Kanthölzer sortieren, Sägemehl fegen und in Säcke füllen. „Hilfste dem Dieter nachher noch e bisssche? Mer kennt noch e Säckelsche Seschemehl brauche.“ Mache ich. Ich werde auch nichts von der Schnapsflasche erzählen. Trinken, das hat meine Großmutter, die Chefin, verboten. Wer trinkt, fliegt. Bier ist okay, freitags, und dass ihre Schwiegertochter, meine Mutter, sich oft mehr Sektchen und Cognac genehmigt als gut ist, übersieht sie großzügig.
Später fegen der Dieter und ich Sägemehl zusammen. Neben der Kreissäge. Dieter singt vor sich hin, ich denke an die großen Ferien am Chiemsee, bald geht es los. Auf einmal heult die Kreissäge auf. Der Dieter lacht und singt und schiebt ein Brett in die Sägeschiene. „Hör auf“, schreie ich, „das dürfen wir nicht!“ Dieter hört nichts, er trägt noch nicht mal einen Gehörschutz wie der Zuschneider, ein finsterer Mann, der nie etwas zu hören scheint. Er schiebt ein Brett nach dem anderen an die Kreissäge. Ich überlege, was zu tun ist. Eine Sekunde zu lang, denn da ist plötzlich Blut und der Dieter schreit. Sein Daumen, der linke, aber ich weiß es nicht mehr genau, hängt nur halb abgeschnitten herunter. Das helle Sägemehl wird rotfleckig, der Dieter fällt lautlos hinein. Ich renne zur Kreissäge und ziehe den Stecker, während das führungslose Restbrett von der Sägeunterlage geschleudert wird. Da kommt auch schon der W., der Zuschneider rennt heran, der war nur kurz auf dem Örtchen, alle kommen sie. Ich stehe nur da und heule wie ein Schlosshund. Muss der Dieter sterben? Das ist doch alles meine Schuld! Ich weiß doch, dass wir da gar nicht an der Kreissäge spielen dürfen!
Ein oder zwei Wochen später ist der Dieter wieder auf Arbeit. Den Daumen konnten die Ärzte wieder annähen. Jetzt trägt er einen dicken Verband und singt wieder. Aber es gibt kein Bier mehr in der Leutestubb. Und die Sache mit der Schnapsflasche ist auch irgendwie rausgekommen. Jedenfalls ist der Neuseeländer nicht mehr da. Hat wohl doch was auf dem Kerbholz gehabt.
*es wird versucht, den hessischen Dialekt dort wiederzugeben, wo es notwendig ist.
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Wenn ich dieser Tage die Nachrichten lese und die Bilder der überschwemmten Städte in Bayern, Sachsen, Österreich und Tschechien sehe, höre ich immer unterschwellig das von Journalisten so oft gebrauchte Wort "Jahrhundertflut", das sowohl das große Oderhochwasser 1997 als auch die Überflutungen der Elbe und ihrer Zuflüsse begleitete.
Wie viele "Jahrhundertfluten" werden in den kommenden Jahren wohl folgen? Und werden wir alle mit unseren SUVs zum Begaffen hinfahren?
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Nun mache ich seit einiger Zeit Yoga und bin mittlerweile davon überzeugt, dass es meinem Körper nichts Schlechtes tut. Im Gegenteil, es entspannt sogar den Geist, denn hinterher bin ich in der Regel so platt, dass ich noch nicht einmal Hunger geschweige denn Lust zum Streiten habe. (Edit: Vielleicht mal drüber nachdenken, Firmenyoga einzuführen.)
Dass auch Kinder die Kunst von An- und Entspannung, ausgefeilter Atemtechnik und Umfeldwirkung kennen, beschreibt Frau Nuf ganz wunderbar. Wer Kinder hat oder wie ich einen liebenswert theatralischen Patensohn, kennt die ein oder andere Übung sicherlich.
Absolute Leseempfehlung!
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Es ist der Geruch nach den dicht gefüllten Rosen, ein leichter Dunst, der von der nahen Kuhwiese des Gassner-Bauern herüberweht. Den Saurierrücken der Kampenwand kann man nur erahnen. In der Küche klappert die Omama mit dem Geschirr, gleich wird sie mich zum Bauern schicken, mit der Plastikmilchkanne. Dort treffe ich das Lieserl, die Braunbunte mit der rauhen Zunge und Wimpern, auf die jede Frau neidisch wäre. Vom nahen Holzplatz höre ich den Gabelstapler brummen. Der Großvater arbeitet, damit er der Omama zwischen den Füßen weg ist. Sie sprechen gerade nicht so viel miteinander. Kann am Besuch des Freundespaares liegen, deren Tochter doch verdächtig dunkle Augen hat, fast genauso wie die meines Großvaters, das ist das sizilianische Erbe. Hat sich bei mir nicht durchgesetzt. Ich habe blaugraue Augen und mittelblonde Haare. Dunkel werde ich erst später werden, genauso wie meine Halbgeschwister. Das und die Ohren, darin sind wir uns genetisch einig.
Meine Füße stören die Ameisenstraße. Die kleinen Schwarzen machen einfach einen Umweg um meine Zehen. Ein Spiel: Wie lange kann ich sie ärgern, ohne dass mich eine zwickt? Mir ist ein bisschen langweilig. Es gibt hier gar nicht so viele Kinder in der Gegend. Die Jungen arbeiten alle in der großen Stadt und mit den Bauerngören habe ich Saupreußin es nicht so. Die mit mir natürlich auch nicht, aber die Revierkämpfe rund um das Haus, das Sägewerk und den Holzplatz habe ich gewonnen. War ohnehin nur ein Milchzahn unten links, und der wackelte schon.
Wenn die Eltern nächste Woche kommen, muss ich wieder zurück. Dann wird's wieder anstrengend. Bis dahin mopse ich mich noch ein bisschen, aber vielleicht geht der Großvater mit mir noch mal zum Flori an den Chiemsee und der setzt mich dann auf das Pony. Reiten will ich immer und ein eigenes Pferd versprechen die Großeltern zu Weihnachten. Erwachsene lügen doch nicht. Oder?
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Familiengeschichten werden viel zu selten erzählt. Und sie werden viel zu selten gut erzählt. Frau Koma schenkt uns die wunderbare Geschichte ihrer Großmutter Charlotte in zwei Teilen.
Absolute Leseempfehlung!
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Nachdem nun alle Relevanzblogger das Stöckchen aufgenommen und weitergeworfen haben, mache ich Metooblogger mit.
Bloggerinnen-Typ: Ach, wie gern würde ich schreiben, dass in meinem Blog interessante Texte zu ausgewählten Themen der Zeitgeschichte stünden, einzigartige Gedanken oder wenigstens gute Rezepte oder Strickanleitungen. Wahlweise alles über Love, Sex, Drugs und Rock 'n Roll. Ist aber nur ein Durchschnittsblog ohne großen Anspruch.
Arbeitsweise: fokussiert, aber mit Hang zum Delegieren
Welche Tools nutzt du zum Bloggen, Recherchieren und Bookmark-Verwaltung?
Zum Bloggen nehme ich nach wie vor das blogger.de-CMS, obwohl ich auch ein bisschen mit WordPress umgehen kann. Die Kenntnisse müsste ich – sollte ich es jemals schaffen, mein Blog auf eine „richtige“ Seite umzuziehen – allerdings wieder auffrischen.
Wo sammelst du deine Blogideen?
In meinem Kopf. Manchmal fange ich dann an, einen Text zu schreiben und komme nicht weiter, weil mir eine andere Idee querschießt. Ich bin dann verwirrt und stelle den Text nie online.
Was ist dein bester Zeitspar-Trick/Shortcut fürs Bloggen/im Internet
Hahahahaha! Zeitsparen? Internet? Ja, nee, is klar.
Benutzt du eine To-Do List-App? Welche?
Ich war schon immer der Listen-Typ. Einkaufslisten, To-Do-Listen, Checklisten. Ich streiche einfach gerne. Leider vergesse ich die Listen dann immer irgendwo. Insofern ist mein Smartphone meine Rettung. Eine richtig gute App suche ich aber noch, bislang ist alles in meinen Kalenderfunktionen gespeichert, versehen mit einer widerlichen, nicht zu überhörenden Piepsmelodie.
Gibt es neben Telefon und Computer ein Gerät ohne das du nicht leben kannst?
Meine elektrische Zahnbürste. Also, ich könnte schon ohne, aber ich will nicht.
Gibt es etwas, das du besser kannst als andere?
Nichts. Leider. Ich bin durch und durch durchschnittlich.
Was begleitet dich musikalisch beim Bloggen?
Selten Musik. Oft sitze ich schreibend neben dem Mann auf dem Sofa, während er fernsieht.
Wie ist dein Schlafrhythmus – Eule oder Nachtigall?
Hätte ich einen gesunden Schlafrhythmus und müsste nicht arbeiten, dann wäre ich wohl eine gemäßigte Nachtieule, so mit Aufstehen um 8 Uhr, Mittagsschläfchen um 13 Uhr und Ins-Bett-gehen gegen halb eins nachts. Habe ich aber nicht, und so stehe ich um halb acht auf, halte keinen Mittagsschlaf, gehe gegen zwölf ins Bett, um aber nicht vor halb zwei, halb drei einschlafen zu können, was dazu führt, dass ich mich am nächsten Tag weder wie Nachtigall noch wie Eule sondern einfach nur ausgekotzt fühle.
Eher introvertiert oder extrovertiert?
Antwort von Radio Eriwan: Das kommt darauf an. Auf öffentlichen Veranstaltungen wie der re:publica oder anderen Kongressen fühle ich mich entsetzlich introvertiert und muss mich verstellen, weil ich völlig unvorbereitet auf andere (Internet!) Menschen stoße. Je kleiner die Veranstaltung, desto besser bin ich vorbereitet. Dann stelle ich mich sogar auf eine Bühne und lese Texte vor oder erzähle Geschichten zu meinen Zeichnungen. Ich habe auch keine Angst vor Präsentationen, die kann ich schließlich vorbereiten. Ansonsten: Kommt immer darauf an, was und wieviel ich getrunken habe.
Wer sollte diese Fragen auch beantworten?
Frau Franziskript, denn die hat mich schließlich zum Bloggen gebracht. Und vielleicht auch Frau Modeste, wenn sie wieder aus dem Urlaub zurück ist.
Der beste Rat den du je bekommen hast?
Humor und Wissen, mehr brauchst du nicht im Leben. Das ist leichtes Gepäck. (Meine Omama, immer.)
Noch irgendwas wichtiges?
Nö.
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Frühjahrsputz in der Berliner Wohnung. Das Bücherregal muss aus- und umgeräumt, die Küche renoviert, Fenster geputzt werden und außerdem ist da die Erkenntnis, einen ganzen Zoo voll mit Wollmäusen zu besitzen freudiger Anlass, mal so richtig durchs Leben durchzufeudeln.
Was man da so alles findet:
Zwei Relikte aus der Vergangenheit, als Schreiben ein ganz elementarer Bestandteil meines Arbeits- und Privatlebens war. Der kleine Nörgeli, Geschenk meiner lieben Ex-Arbeitskollegin Frau Franziskript, erinnert mich an die Redaktionszeit, in der wir alle jung, hungrig und Nachrichtengeil waren. "Alle 10 Minuten eine neue Homepage" hieß das Motto der Onlineredaktion der Zeitung mit den großen vier Buchstaben und so handelten wir auch. Bauten Klickstrecken, schoben Nachrichten auf die Hauptteaser, "stageten" und - zumindest mir ging es so - hatten eine Menge Spaß miteinander und an der Arbeit. Gut, substantieller Journalismus geht anders, aber dafür wäre ja später immer noch Zeit, dachten wir.
Damals machten besagte Frau Franziskript und ich unsere ersten Bloggehversuche, Ventil und Kommunikationsmittel zugleich. Wir fanden ein Stück virtuelle Heimat für andere als berufliche Texte und eine nette Nachbarschaft, in der jeder sein Ding machte und man im übertragenen Sinne abends gemeinsam auf dem Hof grillen konnte. Es gab Lesungen, aus virtuellen Dialogen wurden persönliche, manche verbanden sich beruflich, andere privat (mindestens vier Ehen und etliche Kinder als Folge sind mir bekannt).
Heute würde man dazu "Flausch-Zeit" oder "was mit Einhörnern" sagen und alles in 140 Zeichen auf Twitter packen. Wie Frau Diener geht es mir auch: Die Kurzform ist nett, aber wirklich, obacht, böses Wort!, wirklich nachhaltig ist das Medium nicht, obwohl die Nachbarschaft auch überaus nett ist, aber eben eher so eine oberflächliche, man fühlt sich fast wie ein Rentner im Szeneviertel. Irgendwie alt, irgendwie Relikt.
Exkurs: Mich hat Twitter über einige Jahre quasi gerettet, denn dort ist mein Account geschützt, nur ich entscheide, wer mich lesen darf und was und wann. Weder Ehemann noch Arbeitskollegen oder Freunde dürfen Dinge lesen ohne Erlaubnis. Das befreit ungemein.
Das Buch mit der schönen Namensgoldprägung hat mir eine befreundete Grafikerin geschenkt, verbunden mit der Aufforderung, aus meinem Leben, egal ob als Wortschnittchen oder mit Klarnamen, ein Buch zu schreiben. Wie es mir gefällt, Drama, Liebesroman oder Thriller, ich sei frei.
Ich schlage also heute und hier eine leere Seite auf, die ich zu füllen gedenke. Mit allem, was das Leben zu bieten hat. Bis zum glücklichen Ende ist ja noch viel Zeit übrig.
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Neues Wort gelernt: Liminalität.
Oder, wie es auf gut Englisch heißt, betwixt and between. Gefällt mir, der Zustand des noch nicht und nicht mehr. Passt zum Alter, zur Lebenssituation, zur Arbeit. Zur Persönlichkeit. Nix Grenzsituationen - einfach nur: betwixt and between.
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Hören Sie mal genau hin! War das nicht eben eine Nachtigall? Oder dieses "Zizibe" der kleinen Kohlmeise? Haben Sie schon Mauersegler gesehen?
Hören Sie hin. So klingt übrigens der Frühling. Ich hatte es fast schon vergessen.
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Wenn es um Frauen in Führungspositionen geht, sind wir ja alle ein wenig gespalten, aus den unterschiedlichsten Gründen. Frau Koma schrieb darüber anlässlich einiger Vorträge zum Digital Media Women Day. Am besten gefiel mir das Zitat von Sheila Marcelo: It’s not important, be just a leader.
Was das in der Praxis bedeutet, haben Frau Engl, Frau Casino und Frau Kopffüssler und ich mal beim Queer-Tango in der Tanzschule bebop geprobt. Da ging es - nach einigen Practicas zu Beginn - für mich als sonst immer vom Mann geführte Tänzerin nämlich genau darum, sich von der passiven Rolle zu verabschieden. Was nicht heißt, dass Frau Engl nicht eine probate Führungsfigur ist! Nein, ganz im Gegenteil - sie umschiffte gekonnt versunken in der Laufrichtung tanzende Paare und sah sehr ladylike über meine tänzerischen Tango-Unkenntnisse hinweg.
Nachdem wir uns ein wenig eingegroovt hatten, forderte ich die Tangokennerin Frau Casino auf - und musste mich erst einmal in die Führungsrolle einfügen (Frau Casino ist überdies noch einige Zentimeterchen größer als ich). Sehr ungewohnt, das Ganze! Aber ich gewöhnte mich schnell daran, die Richtung anzugeben, Hinweise zu geben, welche Figur - von den ungefähr eineinhalb, die ich überhaupt kann - ich denn gern getanzt hätte. Führen ist doch gar nicht so schwer, denke ich noch, und dann lassen wir das doch lieber sein für den Rest des Abends, zumal mich die Grippeviren da schon fest im Griff hatten.
Aber um zum Ausgangspunkt zurück zu kommen - es ist vollkommen unerheblich, welche Chromosomen man mitbekommen hat - führen muss man wollen, man muss Biss haben, die richtigen Hinweise/Befehle geben und es sollte Spaß machen! Vielleicht sollte man an den Universitäten einfach mal Tangokurse für Frauen anbieten...
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