Mehr Herren, bitte!

Sehr geehrte Leser,

heute ist Vatertag. Wie schön für alle Väter, denke ich immer, und freue mich, dass es hier in Berlin in den östlichen Bezirken Herrentag heißt. Denn Väter haben wir alle, Herren dagegen sind so selten wie eine Kreuzung aus Tiger und Löwe.
Ein Herr – was ist das eigentlich? Versuchen wir es mit einer Negativumschreibung, und ich könnte Ihnen ein Dutzend Gelegenheiten aufzählen, an denen sich Männer definitiv nicht als Herren gebärdeten. Mein Chef zum Beispiel, der ehrenwerte Richard Wagner. (und er heißt wirklich so!), hält Türenaufhalten für Zeitverschwendung. Aufmachen, durchschlüpfen und gut ist es! Kein Wunder, dass er es so weit nach oben geschafft hat.
Oder Daniel, mein Freund während des Studiums. Immer, wenn es in Bielefeld regnete, und es regnete in meiner Erinnerung sehr oft, holte er mich ab mit seinem BMW, natürlich von Papi bezahlt. Und immer öffnete er zuerst die Tür auf der Fahrerseite, setzte sich hinein und öffnete dann die Beifahrerseite, so dass ich mindestens zwanzig Sekunden im strömenden Regen stehen musste. Sehr lange zwanzig Sekunden. Manchmal dauerte es noch ein bisschen länger, wenn er zum Beispiel noch eine ganz bestimmte Musikkassette einlegen wollte.
Frau Wortschnittchen berichtete anlässlich eines unserer selten gewordenen Treffen – sie hat ja soviel zu tun, die Gute, und dann noch diese anstrengenden Männergeschichten immer -, dass ihre Messlatte für die Herreneigenschaft recht niedrig gehängt sei. „Mir genügt schon, wenn er nicht gleich mit der Tür ins Haus fällt“, erzählte sie bei einem Glas hervorragenden Riesling in unserem Lieblingslokal in Kreuzberg, „der Rechtsanwalt aus Hamburg neulich, der meinte nach dem ersten Date mit einem lüsternen Blick zu mir, dass er sich vorstellen könne, den Nachtisch von mir zu lecken.“ Es gab Tiramisu.
Das Verhalten eines Mannes in punkto Türen ist also ein essentielles Unterscheidungsmerkmal zum Herren. Der Liebste hält mir immer die Türe auf. Ganz zu Anfang unserer Beziehung schon, als ich noch gar nicht aus seiner schicken Dachwohnung gehen wollte. Aber die Zeiten ändern sich, und heute muss er mir die Türe aufhalten, denn ich bekomme sonst einen gelangweilten Blick und bleibe stehen. Er nennt mich immer liebevoll „mein Eselchen“, aber es wirkt. Manchmal sagt er auch „Törtchen“ zu mir.
Ich bin eine Herrentorte.

Mit besten Grüßen

Ihre Lore

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Das Türe-Aufhalten ist eines der am häufigsten mißverstandenen Gesten. Wir halten den Damen nicht aus Galanterie die Tür auf, nein, das Aufhalten lässt uns die Möglichkeit, auf der sicheren Seite zu bleiben, derweil die Dame durch die Tür ins Ungewisse schreitet. Nach wenigen Sekunden wissen wir, ob sie dort auf der anderen Seite gemeuchelt wurde, oder ob es sicher ist, den Raum ebenfalls zu betreten. :)

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Da haben Sie den Sinn des Türaufhaltens bestens erkannt. Deswegen sollte laut Knigge (oder sowas) der Herr der Dame auch nicht beim Reingehen die Tür auf halten, sondern nur beim Rausgehen.

Jaja, die Zeiten haben sich geändert und wir lassen die Damen für uns in die Schlacht ziehen.

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Türe aufhalten klappt immer, auch bei erzkonservativen Feministinen. Das weiß ich aus eigener Erfahrung in einem jahrelangen Feldversuch. Türe aufhalten ist der Flashback in die Prinzessinnen-Zeit. Und, so vermute ich, da wollen sie alle wieder hin, die Damen, Frauen und Weiber. Zurück in die Zeit, wo sich alles um sie drehte. Heraus aus der Zeit, in der sie stark sind, weil Alice S. ihnen das gesagt hat.

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Singen Sie auch?

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Ich verstehe nicht. Wieso sollte ich singen wollen?

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Es gab einen Künstler, der nannte sich singende Herrentorte. Ich fragte mich, ob Sie mit ihm gleichziehen wollten.

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