Männer brauchen Hobbies, die sie von Kindesbeinen an bis ins hohe Alter betreiben können. Angeln ist so eines: Mit dem Opa hat alles angefangen, der nahm sie immer mit und stundenlang saßen sie schweigend nebeneinander, bis ein winziger Fisch im Eimer zappelte, den die Oma später mit angeekeltem Gesichtsausdruck schlachten musste.
Oder Autos, natürlich. Das Männerhobby schlechthin. Erst die Carrera-Bahn, später der Carrera von Porsche, und wenn es dazu nicht ausreicht, muss es wenigstens das neueste Tuning-Set für den Opel Calibra sein.
Noch so eine Freizeitbeschäftigung, die Männer fasziniert und Frauen einigermaßen ratlos hinterlässt, sind Fische. Nicht die eben erwähnten zum Verspeisen, sondern Guppies, Seidenschwänze, Putzerfische und Konsorten.
Ich kann mich an nicht wenige Pressspan-Jugendzimmer erinnern, die neben der kompletten Sammlung TKKG-Bücher, diverser Fisher Price Bausets und Muttis Kakteen im Fenster auch ein Aquarium beherbergten. Bei Matthias waren alle diese Ausstattungsmerkmale gegeben, und zumindest wegen der TKKG-Bücher war ich häufiger Gast, denn Matthias verlieh seine Literatur nicht. Die Mädchen mussten schon kommen um bei ihm zu lesen. Immer beobachtet von einem Schwarm Guppies, die er mit Leidenschaft züchtete.
Wenn er dann das Licht ausdrehte, um in der Dämmerung einen zarten Kuss zu erhaschen, leuchtete das Aquarium romantisch und die Filteranlage gab leise Schlürfgeräusche von sich.
Einige Jahre später, wir befinden uns in einem WG-Zimmer in Berlin Schöneberg, war die Technik der Aquarien sowie ihrer Anhänger erheblich fortgeschritten. Das 100 Liter-Glasmodell von Sven stand am Fußende und beherbergte eine einzigartige Meeresfauna, wie er mir stolz erzählte. Er informierte mich noch einige weitere Minuten und Wodka-Lemons mehr über dessen Bewohner, bis ich endlich genug hatte und ihn in die Kissen zog.
Mitten in einer Stellung, die durchaus Freude machen kann, wurde ich unaufmerksam. Mein Blick schärfte sich wieder und ich konnte einen Putzerfisch sehen, der, die Lippen dicht an die Scheibe gesaugt, das Geschehen beobachtete. Ich vermeinte Schlürfgeräusche zu hören, aber die Filteranlage summte nur leise und der Putzerfisch stülpte bloß lautlos seine Lippen über Algenreste.
Im Hintergrund sausten Guppies und andere Fische umher und hielten Gericht über Svens und meine Leistungen. Mitten in der Kür tauchte er plötzlich wieder über der Decke auf. Sein Mund senkte sich auf meinen. Für einen kurzen Augenblick hatte ich eine Eingebung: Er sei der Putzerfisch. Und alle seine Guppies klatschten mit ihren Flossen Beifall.
Seitdem bin ich immer gespannt, wenn ich die Wohnung eines potenziellen Bettgefährten betrete. Er könnte ja ein Aquarianer sein.
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Unterschätzen Sie nicht die nonverbale Kommunikation von Guppies. Nicht alle Noten, die sie ihrem Herrn erteilten, waren gute.
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Das erinnert mich irgendwie an dieses ehemalige Boy Group Mitglied, der sich, angeblich um Selbstmord zu begehen, in einer artistisch waghalsigen Aktion unter seinen Mercedes warf.
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