MittWoch.

Was hatte ich heute Morgen Schwierigkeiten, auf Touren zu kommen! Mir fehlt der morgendliche Kaffee vor neun, den mir der in München weilende Gentleman üblicherweise kredenzt. Denn an sein Espressomaschinen-Schmuckstück traue ich mich nicht heran. (Außerdem ist sie gerade so schick geputzt, und ich möchte sie nicht noch mal putzen müssen.)

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Der kurzfristig eingesprungene Kollege bereitet sich wieder auf den Rückzug nach Berlin vor. Schade, denn gern habe ich mit ihm gearbeitet. Die Koffer seien schon gepackt, sagt er, jetzt müsse er nur noch die drei verbliebenen Arbeitstage in der kommenden Woche und die Übergabe an die neue Kollegin gut überstehen. Dann - endlich - warte wieder sein Berliner Leben auf ihn. Wie gut kann ich ihn verstehen.

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Der Urlaub rückt langsam näher. Trotzdem schmiede ich schon einmal Pläne für den Winterurlaub. Noch sind die Flüge günstig, wenn auch nicht mehr ganz so günstig wie in der vorvergangenen Woche. Es gilt, sich zu entscheiden.

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Ich bin eine laufende Knoblauchzehe. Gyros mit Zaziki als Geschäftsessen ist jetzt auch nicht die genialste Idee des Tages.

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SMS bekommen: T., mein Patenkind, kann jetzt laufen. Wenn er will. Bekommt er seinen Willen nicht, werfe er sich laut schreiend und strampelnd auf den Boden. Bisweilen erkenne ich keinen Unterschied zu den Verhaltensweisen erwachsener Geschlechtsgenossen in Leitungspositionen.

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E-Mail bekommen: Die südkoreanische Patenstudentin ist wohlbehalten in Seoul angekommen, hört sich die Klagen der Eltern an und entschied kurzfristig, sich bei einer Freundin einzuquartieren. Ein skandalöses Vorgehen! Die Freiheit Europas fehle ihr, schreibt sie. Ab kommender Woche suche sie eine Teilzeitstelle um das Studium unabhängig beenden zu können. Ich maile mal meine deutsch-koreanische Studienkollegin an, unter deren Leitung die Korea-Abteilung eines großen versandhandels arbeitet. Vielleicht hat sie was. Wäre ich nur auch so eine begnadete Netzwerkerin für mich selbst.

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E-Mail bekommen: Mein Vater erkundet radelnd die chinesischen Verkehrsregeln. Stellen Sie sich eine rotblonde, einsneunzig große, Anzug tragende Langnase mit niedersächsischem Temperament vor, die sich mit einem einzigen bösen Blick die Vorfahrt vor einem ganzen Bus erzwingt. "Den chinesischen Führerschein bekomme ich auch noch", droht er. Dann seien die Chinesen dran. Maos Erben wissen noch gar nicht, welcher Urgewalt in ihrer Mitte sie Gastrecht gewähren.

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Die kleinen Erfolge sind doch manchmal jene, welche einen am Leben erhalten. Nach dem gestrigen Super-GAU in Sachen Sorgfalt und Glaubwürdigkeit - ich schrieb das erste Mal in meinem Leben einen Entschuldigungsbrief an einen offiziellen Würdenträger, und es tat mir wirklich unendlich leid und ich war sehr peinlich berührt, ihn in einer offiziellen Drucksache fünf Jahre älter gemacht zu haben - erhielt ich heute von einem Kollegen ein Lob, wie angenehm es doch sei, mit mir zusammen zu arbeiten. Es sei so stressfrei. Himmel, was habe ich ihm getan?

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Ich weiß, dass die Schildkröte hier immer noch herumliest. Will er wieder schriftlich über die Blogger herziehen? Jetzt, da er der Chef des Feuilletons ist, ist das doch geradezu Pflicht!

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Am Freitag habe ich frei. Daher kommt mir dieser Mittwoch wie ein Donnerstag vor. Gutes Gefühl.

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Wenn Sie den meinen, an den ich jetzt spontan denke, dann hat er ja unter seinen Ressort-Mitarbeitern auch weitere, die über ihre Verachtung gegenüber Blogs keinen Hehl machen. Vielleicht schreiben die mal was.

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Ich weiß nicht, ob wir da an die selbe Schildkröte denken, aber manchmal ist die schriftliche Verachtung doch eine geheime Verehrung. Aber man findet in der etablierten Kulturpresse immer noch überwiegend Ablehnung gegenüber den Blogs.

Dabei sind wir doch harmlos und nehmen noch nicht einmal Geld für unsere Zeilen! :)

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Genau das
macht die Bloggerei so suspekt (unter anderem).

Ein Fachpresse-Kollege, dem meine Blog-URL zugespielt wurde, kommentierte sinngemäß, das lese sich ja ganz nett, sähe aber nach einem Projekt von jemandem aus, der zuviel Zeit hat.

Das sagte nun ausgerechnet jemand, der nächtelang obskure Spiele zockt und auf Facebook alle fünf Minuten seine geistigen Ergüsse in Statusmeldungen gießt. Tja, dafür fehlt dann mir wiederum die Zeit...

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Ich gehe bei Otto Normal davon aus, dass ihm die Bloggerei suspekt erscheint. Privates ins Netz stellen, eigene Meinungen ungeschönt an die Öffentlichkeit bringen - und dann die Technik! Kann man ja verstehen.

Aber gerade von Journalisten erwartet man doch beinahe, dass sie aufgeschlossen sind für neue Formen der Kommunikation, der Darbietung von Inhalten. So vernagelt wie die Altherren-Riege der FAZ sind Gott sei Dank ja nicht alle, aber im Geheimen denken sicherlich viele: die Konkurrenz aus dem Netz, der/die schreibt besser als ich, hätte ich auch schreiben können (aber der Ressortleiter hat das Thema abgewiegelt) usw.

Aber das ist ja schon eine altbackene Diskussion.

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