IchBinChefin.

Eigentlich hätte ich den Fragebogen gern selbst ausgefüllt. Aber nachdem ich einige unschöne Erfahrungen mit Mitlesenden in der Realwelt gemacht habe, werde ich in Zukunft so lange nichts Persönliches mehr schreiben, wie ich mich nicht von diesem Maulkorb befreien kann. Daher nehme ich Percantas Idee auf.

Ich bin Chefin.

1. Was machst du beruflich?
Ich bin Geschäftsführerin eines Unternehmens, eines Familienbetriebs. Unsere Firma handelt mit Holz und Holzerzeugnissen wie Parkett und Leisten. Wir schneiden auch zu und lassen in Kooperation mit örtlichen Schreinereien Sonderanfertigungen für Industriebetriebe herstellen. Ich bin Chefin von 35 Mitarbeitern und kümmere mich neben den klassischen Geschäftsführeraufgaben darum, welche Produkte wir weiterhin vertreiben, z.B. ob wir in Zukunft auch auf den Verkauf von Fertigkonstruktionen wie Carports oder Gartenpavillons setzen wollen, um der Konkurrenz durch Baumärkte begegnen zu können. Meine Mutter, die Seniorchefin, arbeitet noch einige Stunden pro Tag und hält die jahrzehntelang gewachsenen Kontakte zu Großkunden. Wir sprechen uns bei wichtigen Entscheidungen meistens ab, aber sie will sich nächstes Jahr, wenn sie 75 wird, langsam aus der Firma zurückziehen und meinem Sohn ihre Firmenanteile übertragen. Dann wird er hoffentlich sein Ingenieurstudium abgeschlossen haben und mit Frau und Enkeltochter wieder an den Main zurückkehren. Meinem Mann, unserem Logistikverantwortlichen, wird das wohl nicht ganz passen, aber da muss er durch. Wie gesagt, ich bin die Chefin.

2. Was ist gut – was ist nicht so gut daran?
Ich habe Freude an der Arbeit. Entscheidungen fallen mir leicht, ich mag es, Probleme zu analysieren und dann Lösungen zu finden. Erleichtert wird mir die Arbeit natürlich durch unsere Angestellten, die allesamt sehr verlässlich sind und teilweise direkt nach dem Krieg bei uns als Lehrlinge angefangen haben. Sie gehören einfach zu uns.

Vereinfacht wird die Arbeit auch durch die Nähe zu unserem Haus, das gleich auf der anderen Straßenseite zum Firmengelände liegt. Dort wirbelt Frau M., die Haushälterin, der J. kümmert sich um den Garten und die Hühner, und Anna aus Kroatien, die sonst Frau M. hilft, soll sich auch ab dem nächsten Jahr um unsere Enkeltochter kümmern, wenn unser Sohn und die Schwiegertochter in der Firma anfangen. Die Schwiegertochter hat schließlich Betriebswirtschaft studiert, da wird sie sicher zur Hand gehen.

Es ist natürlich manchmal schwer, in einem Familienbetrieb zu arbeiten. Meine Mutter und ich haben in den letzten dreißig Jahren gelernt, damit umzugehen und arbeiten konstruktiv zusammen. Mit meinem Mann gibt es auch kaum Probleme, obwohl er manchmal noch diesen Offizierston anschlägt. Aber das nehmen ihm die Angestellten mittlerweile nicht mehr krumm, denn er hat die Logistik gut im Griff. Schließlich war er bei der Wehrmacht auch bei den Pionieren. Mal sehen, wie es nächstes Jahr mit unserem Sohn und der Schwiegertochter wird. Wir sind eine Familie und müssen zusammenhalten und -arbeiten.

3. Was wäre dein absoluter Traumberuf?
Ich wäre gern Ärztin geworden. Im zweiten Studienjahr kam der Krieg auch zu uns nach Hause mit der Nachricht, dass mein Bruder gefallen sei. Mein Vater holte mich eines Abends von der Universität ab und ging mit mir ins beste Restaurant der Stadt. Ich solle mich entscheiden, ob ich die Firma übernehmen wolle. Dafür müsse ich mein jetziges Studium aufgeben und Holzökonomie in Eberswalde studieren. Ich könne bei Tante Luise wohnen. Er würde trotz seiner Gicht sicherlich noch einige Jahre den Betrieb führen und meine Mutter arbeite ohnehin schon viel ab. Aber es sei meine freie Entscheidung. Ich habe mich dann für die Firma entschieden. Aber ich sehe meine beste Studienfreundin jetzt regelmäßig in ihrer Praxis schwitzen und glaube, es war damals keine so schlechte Entscheidung für die Familie.

4. Warum gerade dieser?
Mich haben Naturwissenschaften immer interessiert. Mit meinem Bruder, der ja nur eineinhalb Jahre älter war als ich, habe ich viele Experimente mit Chemikalien gemacht. Mein Onkel, der Apotheker, gab uns immer mal wieder ein paar Grundstoffe zum Experimentieren. Gern hätte ich als Ärztin in der Forschung gearbeitet. Aber das sollte eben nicht sein.

(H.M.H, *1922, meine Großmutter)

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FreizeitPlanung.

Im Berufsleben, so sagt man mir nach, sei ich ein extrem strukturierter Mensch. Struktur kann man lernen, das musste ich auch, nachdem durch meine schlechte Zeitplanung beinahe einmal ein Riesendruckauftrag in die Hose gegangen wäre. Lasst also Exceltabellen und Deadlines um mich sein. Von 9 to 5, jedenfalls.

Denn ganz anders bin ich privat. Da hasse ich jede Form von Verpflichtungen zeitlicher Art und plane am Liebsten von Jetzt auf Gleich. Besonders im Urlaub - den ich gerade in der Stadtwohnung genieße - geht mir jeglicher Planungsansatz flöten. Nach drei Tagen kompletter Verpeiltheit, ausgedehnten Mittagsschläfchen und Bummelei bis zum Exzess (und einer komplett verschlampten Wohnung) habe ich heute eine To-Do-Liste erstellt. Kann ja nicht sein, dass meine Freizeit nicht doch ein wenig in strukturierte Bahnen gelenkt wird!

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SelbstVerständnis.

Welche Dreistigkeit manche Menschen doch besitzen! Wie glücklich darf ich mich schätzen, dass meine bisherigen Mitbewohner/Untermieter immer ganz zauberhaft und unstörend waren - im Gegensatz zu diesem Exemplar.

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BlogLit.

Also, ich muss es ja jetzt einfach mal sagen: Auch nach bald sieben Jahren freue ich mich immer noch jeden Tag auf die Neuigkeiten aus der Blogosphäre.

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Nomen.

Der Leiter des Bieneninstituts der Humboldt Universität heißt Kaspar Bienefeld.

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Tantchen.

Mein Patenkind, der Sohn der Lieblingstierärztin, wird in zwei Wochen ein Jahr alt. Und ich gerate in Geschenkestress. Nun hat er sein favorisiertes Kuscheltier, einen blauen Elefanten, bereits gefunden, sämtliche Bespaßungselemente wurden von den stolzen Großeltern gesponsort. Und mir fehlt die Idee.

(Auch der Gentleman hat nächste Woche Geburtstag, das Fehlen von Ideen scheint nicht nur auf Kleinkinder beschränkt.)

Eine Frage daher an die geneigte Leserschaft: Was schenkt eine stolze Tante dem charmanten Nachwuchs, der ihr bislang weder übers Kleid kotzte noch - wie andere Kinder - bei meinem mitunter etwas grimmigen Anblick in schrilles Weinen ausbrach? Und wenn Sie schon dabei sind: Was kann ich dem Gentleman schenken, der mir lieb und teuer ist, ohne dass es mich ruiniert?

Seien Sie herzlich im Voraus für Ratschläge bedankt!

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SpaSpaSpaß.

Spa-Vergnügen von Freitagmittag bis Sonntagmittag. Bin jetzt stolze Nagellackträgerin, nachdem sich die Kosmetikerin eine gute halbe Stunde mit meinen Füßen befasst hatte.

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Die Umgebung von Werder (Havel) ist, nein, nicht abgenutzt pittoresk, sondern wahrhaft entzückend. Worpswede kann sich verstecken. Suche mir jetzt einen gut bezahlten Job in Potsdam, damit ich mir endlich mein Landhaus am See leisten kann. (Witz.)

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Eine Pizzeria entdeckt, in der keine Albaner, Araber, Türken, Libanesen oder Marokkaner arbeiten, sondern echte Italiener, die sich untereinander auf Italienisch unterhalten. Wahnsinn.

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Arztbesuche sind eine gute Gelegenheit, die unterschiedlichen Nervositäts- oder Schamstadien zu beobachten.

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Auch der Mechaniker des Vertrauens teilte mir den fortgeschrittenen Korrosionszustand meines Autos mit. Aber, immerhin, ohne einen Kostenvoranschlag: "Lohnt sich nicht, fällt alles nicht ab, klappert und röhrt nur innen. Kostet nix." Die fünf Euro für die Kaffeekasse gebe ich wirklich gern bei soviel Vernunft.

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Tässchen.

Draußen nur Kännchen, drinnen nur Tässchen. Mit diesem Problem muss sich Frau Kaltmamsell befassen und hat ihre ganz eigene Lösung dafür gefunden. Was ungeahnt mehr Arbeit mit sich bringt.

Bei uns im Büro gibt es die klare Regelung: Hände weg von der Tasse, die meinen Namen trägt. Dafür habe ich der Abteilung auch drei Tassen mit Werbeaufdruck spendiert, zusätzlich zum bereits vorhandenen, ordentlich weißen China Bone-Geschirr, das für Meetings rausgekramt wird. Der Kollege, welcher sich einmal wagte, wusste recht schnell nach einem Blick in meine Augen, dass dies nie wieder passieren sollte und nennt jetzt auch eine Namenstasse sein Eigen.

Ich bin sicher, dieses unser Verhalten hat nichts, aber auch gar nichts mit Revierverteidigung zu tun.

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AusZeit.

Morgen geht's erst einmal für ein paar Tage in ein Spa. Es wäre ja schön, wenn mein Bikini noch halbwegs passen würde.

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Montag dann wieder so ein blöder Arzt-Termin. Mag nicht. Muss aber.

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Gegenüber wird gerade in Rekordzeit ein kleines Haus gebaut. Ich frage mich, warum ich in dieser Beziehung so gar nicht das Kind meiner Eltern bin, die in ihrem Leben schon so einige Häuser (um-) gebaut, renoviert, ge- und verkauft haben. Ich fand zwar immer - und finde es noch -, dass ich perfekt in eines dieser Gutshaus ähnlichen Gebäude passe, aber den Erwerb eines solchen kann ich mir nicht nur aus monetären Gründen nicht vorstellen. Wer weiß denn schon, ob ich nicht Morgen ganz woanders wohnen möchte?

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Endlich ist es warm genug, die hautfarbenen Netzstrümpfe wieder auszupacken und tatsächlich in der Öffentlichkeit zu tragen. Passen perfekt zu den grünen Wildleder-Highheels.

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Müde. Sehr müde.

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AusPUFF.

Leider merke ich es ja nicht immer, wenn ich verarscht werde. Aber bei Automechanikern bin ich grundmisstrauisch. Nicht zu Unrecht, wie ich heute feststellen durfte. Diesmal nicht zum Mechaniker des Vertrauens gegangen, weil möglicherweise Originalteile benötigt würden. Dann telefonisch einen Kostenvoranschlag erhalten, nach dem ich mir eine Minute Bedenkzeit erbat. Dort, wo sich vermutlich nur ein kleiner Riss befindet, der mein Auto akustisch in ein sattes Prollmobil verwandelt, soll angeblich alles so verrottet sein, dass sogar der Katalysator nicht mehr brauchbar sei. Rund 1.400 Euro müsste ich berappen, aber bei einem so alten Auto mit so vielen Kilometern würde sich das doch nicht mehr lohnen. Aber man habe da auf dem Hof noch zwei Autos stehen, deutlich weniger Kilometer drauf, ob ich nicht? Nein, danke, der Herr. Ich lasse also nur die notwendige Bremszange austauschen und spare mir die Bemerkung, dass ich mein Auto-Herz und meinen Motor nur noch dem Mechaniker des Vertrauens überlasse.

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WunderWinter.

Natürlich könnte ich jetzt auch in den allgemeinen Sermon einstimmen, der Winter sei zu lang, zu kalt, zu grau - und überhaupt, unerträglich! Aber ganz ehrlich: ist doch toll, dass immer noch oder schon wieder Schee liegt, es knackig kalt ist. Erinnern Sie sich noch an das ekelhafte Suddelwetter der vergangenen Jahre? Wochenlang grauer Nieselregen, so richtig warm und sonnig wurde es dann auch erst im Mai.

Freuen wir uns also auf einen explosiven Frühlingsbeginn Mitte April! Bis dahin: einfach noch mal den ein oder anderen Tee trinken und den dicken Mantel auftragen. (Außerdem können Sie das Abnehmen bis zur Sommerbikinifigur noch ein bisschen rausschieben.)

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SonderAusstellung.

Am Donnerstagabend hatte der gelegentliche Zwang zum Antichambrieren einen wunderbaren und unerwarteten Vorteil. Während oben in der ersten Etage die Wichtig-wichtig-Menschen des Städtchens bei Rindfleischsalat und Häppchen empfingen, um hernach ein Stockwerk höher einem der Sahnstückchen des Festivals (und das meine ich tatsächlich, man hörte durch die geschlossene Tür, was die Pianistin auf einem historischen Flügel Wunderbares vollbrachte) beizuwohnen, wartete ich im Erdgeschoss bei den Diensthabenden auf meinen späteren Einsatz als Marketingtante. Bis der Haustechniker meinte: "Wollense nich mal die Ausstellungen anschauen? Wir machen für Sie noch mal Licht an."

Ein Museum, ganz allein für mich! Alle Räume leer, ganz in Ruhe die Beschreibungen der Exponate lesen, sich wundern, was für kostbare Alltäglichkeiten ausreichen, ganze Epochen auferstehen zu lassen. Die Stadtlandschaft interaktiv erspielen und nunmehr durchaus verstehen, warum sehr alte Menschen von der Stadt sagen, sie sei einmal eine schöne gewesen.

Später kommt der Haustechniker und bringt mir noch einen übriggebliebenen Rindfleischsalat und ein paar Häppchen. Gemeinsam stehen wir inmitten der Ausstellung, plaudern, essen, lauschen den fernen Klängen und finden es so viel besser, hier zu sein als bei all den Würdenträgern und Wichtigmenschen zwei Stockwerke über uns. Ein Museum ganz für mich allein, wer von denen hatte das schon einmal?

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GipfelSturm.

Nach dem Halber-Berg-geschafft-Fest am Mittwochabend steuert das Festival jetzt auf den Höhepunkt und Abschluss zu. Langsam werden die 12- bis 14-Stundentage zur Gewohnheit. Am Dienstagabend war ich stehend k.o., aber das kann auch an ungewohnten Musikerlebnissen gelegen haben. Die Ohren haben aufgehört zu bluten.

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Vier Tage "Arbeits-WG" mit Gentleman, Redakteurin und Kameramann waren eine interessante und belustigende Erfahrung. Das Ergebnis im Werden zu beobachten, die Professionalität und das feine Gespür für aussagekräftige Bilder und gute O-Tongeber haben mich wirklich beeindruckt. Dabei hatte ich schon Befürchtungen, mit einer guten Bekannten zusammen zu arbeiten. Schon einmal ist eine Freundschaft zerbrochen, weil nach einem mangelhaften Arbeitsergebnis der Anwalt eingeschaltet wurde. Die Festival-Videos sind klasse geworden, da dürfen sich so manche Berichterstatter anderer Sender eine Scheibe abschneiden.

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Schon die zweite, halbprofessionelle Einladung auf einen Kaffee erhalten. Ein Tandem wurde vorgeschlagen. Ich solle doch so besser Polnisch lernen, er spräche gern besser Deutsch.

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Neuerwerb der Woche: mildgrüne Wildlederpumps mit 10 cm-Blockabsatz. Drei Stunden Tragedauer sind schmerzfrei möglich. Danach Wechsel in die flachen Ballerinas.

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Vorfreude auf arbeits- und Festivalfreie Tage.

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Drei Kilo abgenommen.

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Und bei Ihnen so?

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