Kochstar.

Essen sei die Erotik des Alters, heißt es, und wenn diese Weisheit stimmt, dann hat unsere geriatrisch-geprägte Gesellschaft ständig Hunger. Kein Wunder, dass sich Kochsendungen, -shows, Showkochen, Promidinner, oder welches Format auch immer sich mit dem leiblichen Wohl befasst, so ungeheurer Beliebtheit erfreuen. Allein, das Starren auf die Produktion von Essen ist auf die Dauer langweilig, selbst wenn sich fünf Sterneköche bei Kerner auf die Füße treten und die Kochlöffel langziehen. Also: Raus zum Volk und ran an die Buletten! Man verzeihe mir die köstlichen Metaphern.

Sarah Wiener kurvt mit ihrem altersschwachen Käfer durch europäische Bilderbuchlandschaften, um höchselbst zu schlachten, den Köchen abgelegener Bodegas in die Töpfe zu gucken. Antony Bourdain schreibt Bestseller über die Suche nach dem absoluten Genuss und schreckt selbst vor einem Schlangenmahl in Kambodscha nicht zurück. Bobby Chinn wiederum, aufstrebender Fernsehkoch aus Vietnam mit amerikanischen Wurzeln, rennt den sogenannten Foodstalls zwischen Dubai und Kyoto die Bude ein, um auch dort vor Ort dem Zuschauer den möglichst originalen Genuss zu zeigen.

Nur so kann es auch sein, dass der mittlerweile TV-Showlose Koch Tim Mälzer, deutsches Äquivalent zu Jamie Oliver, sein Rampensau-Gen im Tempodrom ausleben darf. In einer fast vierstündigen Bühnenshow zeigt er, dass Köche die neuen Rockstars sind. Neben allerlei Effekthaschereien küchentechnischer Art (Flambier! Mich! Jetzt!) kracht Feuerwerk, raucht der Kühlschrank und sämtliches Lichtequipment wird erprobt. Nebenbei kocht er auch ein bisschen, sorgt mit ausgewählten Zuschauern aus dem Publikum für den nötigen Drive. Ironisch frotzelt Tim Mälzer über die Machos in der Küche und wirft der im Publikum sitzenden Sarah Wiener kleine Bösartigkeiten an den Kopf. Das Konzept stimmt offenbar. Das Publikum (überwiegend jung bis mittelalt, bunt gemischt) johlt, wenn sich der verdächtig schwäbelnde 'Engländer' Duncan ungeschickt am Roastbeef in Brotmantel zu schaffen macht.

Was der Zuschauer mitnimmt? Für's Auge sollte es immer sein. Und so werden wir in naher Zukunft sicherlich alle Gerichte mit wenigestens einem Minzblatt, einem Rosmarinzweig oder dem obligaten Basilikumsträußchen garnieren.

Leider, leider dauert die Show mit fast vier Stunden dann doch deutlich zu lang, allen Effekten zum Trotz. Verkocht. Ach, diese köstlichen Metaphern.

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Let´s do a "Blogger kochen für den Weltfrieden"-Show. Live und zum Mitlesen.

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Na, da würd ich doch glatt auch meinen Senf dazu geben.

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Kleiner Unterschied zwischen Mälzer und Oliver: Oliver ist genial.

Und Frau Wiener: Die fand ich gut, bis sie vor kurzem - wenn auch unter absingen von moralischem Geschwafel - doch Gänsestopfleber verarbeitet hat.

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Sagen wir's mal so: Jamie Oliver wird besser präsentiert. Das Image als Rebellen in Kochschürze haben beide weg. Mälzer als Rock 'n Roller, Oliver als Mod-Derivat.

Gänse sind mir ziemlich egal. Und wie ihre Leber fett wird, ebenfalls. Das Leben ist nun mal kein Ponyhof. Auch nicht für Gänse. Erst das Fressen, eben.

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