Sommerfrische.

In Tagen wie diesen - man glaubt sich an einem Sonntag im August, aber es ist der vorletzte Apriltag - sucht sich der Städter seinen Weg ins Grüne und hofft auf allfällige Erholung von der harten Erwerbsarbeit.

Im Berlin-Brandenburgischen ist es einfach, einen Weg hinaus zu finden; so gut wie alle S-Bahnen haben Endbahnhöfe, die in hübschen Örtchen wie der ehemaligen SED-Bonzenhochburg Wandlitz enden. Ganz zu schweigen vom herausgeputzten Havelversailles namens Potsdam. Kulturgut und Landgut finden sich in angenehmen Zusammenspiel und entlocken dem Städter ein Seufzen: "Ach, könnte man nur hier wohnen!"

Und die wenigen Stadtflüchtigen, die den Traum von der ewigwährenden Sommerfrische wahr gemacht haben und sich ins Abgeschiedene, Private und vor allem Ländliche zurückgezogen haben, die findet man dann am Sonntag in der Stadt, wo sie der wochenendlichen Landeinsamkeit zu entfliehen versuchen. Sie bevölkern die Straßencafés, schlürfen einen echten Capuccino, - "in Heinersdorf im Dorfkrug bekommt man den mit Dosensahne serviert, stell dir vor, ist das nicht igitt!" - besuchen alte Freunde, wenn die sich nicht gerade auf dem Datschengrundstück im nördlichen Brandenburg befinden und genießen ganz allgemein den Trubel um sich herum.

So hat jeder seine ganz persönliche Vision von Sommerfrische. Treffen kann man sich dann im Stau von und nach Berlin.

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Interessant ist oft, wie sehr die Ausflugsziele von Städtern dem gleichen, was man "Zoo" nennen könnte. Sie fahren an irgendwelche Sehenswürdigkeitsflecken im Ländle, wo sie sich in Scharen wiedertreffen und mit ihrem scharenreichen Brimborium so viel Trubel und Gewusel veranstalten, dass von der Landerholung mindestens Bruchteile flöten gehen. Und dann schauen sie sich die Landbevölkerung an und denken: Guck Heinz, so sieht also ein echter Bauer aus. So sieht jemand aus, der auf dem Lande lebt...

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Am schönsten ist es aber doch für Städter, auf themenbezogene dörfliche Veranstaltungen zu gehen. Baumblütenfeste zum Beispiel. Oder für die Ewiggestrigen: Mittelaltermärkte. Der Städter nimmt ja auch gern Devotionalien des Landlebens mit nach Hause. Imkerhonig (Sind nicht unsere Bienenvölker in Gefahr? Das müssen wir unterstützen!). Oder diesen wunderbaren handgetöpferten Aschenbecher in mauscheliggrün mit original mittelalterlicher Glasur.

Die Landbewohner indes raunen sich zu: "Diese Städter! Kaufen jeden Mist, weil sie keine Ahnung von Qualität haben. Komm, Hannes, lass uns mal einen 2003er Roten aus dem Weinschrank holen."

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"Altes Handwerk" ist auch ein beliebtes Ausflugsthema. Und dann sehen die Tütenmilchkäufer aus den Hochhäusern der Ballungsgebiete runzlige Greise auf Holzschemeln, die ihre Sense schleifen oder aus Bast Körbe flechten oder per Hand ein Fischernetz flechten und denken: Wie idyllisch, aber was für ein hartes Leben das Landleben noch ist, ob die hier wohl schon Telefon haben? Oder Fernseh? Und Trecker haben die hier auch noch nicht? Und backen Brot immer noch im selbstgetöpferten Lehmofen. Was für ein Leben.

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Ein Rentnerfreilichtmuseum also? Ach, da fällt mir doch glatt die nie zu Ende geschriebene Geschichte mit Richter Twetjendonk aus Ostfriesland ein...

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Puh - Glück gehabt, dass ich am Wochenende nicht vom bezaubernden Schloss Steinhöfel weiter ins benachbarte Dosenmilch-Heinersdorf gefahren bin.

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