"Komm", sagt sie und greift nach meinem gepackten Köfferchen. Wir gehen über das mondbeschiene Firmengelände. Von irgendwoher ruft eine rollige Katze mit heiserer Stimme ihren Galan herbei.
Laut waren auch die Stimmen der Streitenden. So laut, so nicht enden wollend, dass die Nachbarin die Polizei rief. Der Polizist ist auch unser Verkehrserzieher, er streicht mir über den Kopf. Er ruft sie an, sie antwortet, dass sie in ein paar Minuten da sei, ungeachtet der späten Stunde.
Am nächsten Morgen macht sie uns Kakao mit dicker, fetter Sahne und telefoniert viel. "Nein", sagt sie bestimmt in den Hörer, "nein, das kann ich nicht." Während mir der tiefbraune Kakao die Mundwinkel verschmiert und sich mit salzigen Tropfen mischt, kommt der Großvater kurz aus der Firma, um sich sein zweites Frühstück zu holen. "Engelchen, du kannst. Wir können. Sie bleibt", sagt er zur Großmutter.
Viel später, der Großvater hat sich in der Zwischenzeit den Strick genommen, sitzen wir an der Hafenmole und trinken Wein. "Am liebsten würde ich noch zwei Wochen hier bleiben", lächelt sie und weist mit ihrer kleinen, dünnen Hand auf die bunte Szenerie. "Du kannst doch", sage ich und nehme einen Schluck von dem teuren Roten, den ich mir so nicht hätte leisten können. Genauso wenig wie die Reise. "So als Rentnerin hast du doch viel Zeit", füge ich hinzu. Sie verschluckt sich, hustet, wie so oft in letzter Zeit. "Ach, mein Goldisch, ich komme doch lieber wieder mit zurück. So viel Zeit hat man als Rentner doch nicht."
Wie wenig Zeit uns blieb. Heute Nacht kam sie zu Besuch, saß auf meinem Bett und lächelte mich an. Manche Dämonen sieht man gern wieder.
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