Sommernacht.

Der Kanal liegt wie ein dunkles Band vor uns. Wasser schwappt in beruhigendem Rhythmus gegen den Steg. Wir lassen die Beine baumeln und unterhalten uns leise. "Du hast dich ganz schön verändert", sagt D. und prostet mir zu. "Klar", antworte ich, "ist ja auch viel Zeit vergangen." Und eine Therapie hab ich auch hinter mir. D. erzählt ein bisschen von seiner neuen Heimat im fernen Osten, von reinweißen Stränden, den Palmen im Vorgarten und der Terrasse, auf der er jeden Abend sitzt und die Gedanken über das Meer schweifen lässt. "Was macht die Liebe?", frage ich, denn auch in der Ferne lebt das Herz nicht gern allein. "Die Liebe, ach ja", antwortet D. "Das ist ein schwieriges Thema." Da war zuerst L., die sich als Edelprostituierte entpuppte. Und dann M., eine gläubige Muslimin, deren westliche Lebensweise zumindest auf den ersten Blick mit der des D. zu korrespondieren schien. Und jetzt Y., die Wochenendfreundin, über die er sagt: "Ich glaube, ich finde die Liebe nicht, wie ich sie brauche."
Ein Boot fährt vorbei und einen Moment lang wird der Rhythmus des schwappenden Wassers schneller. Ich denke an die Monate zurück, die D. und ich gemeinsam verbrachten, an die Pläne, die wir schmiedeten, an meine totale Verliebtheit und an den Satz, den er mir zum Abschied entgegenschleuderte und der mir ins Herz fuhr wie ein Samuraischwert: "Wir sind zu verschieden!"
Ich bin sehr froh, dass dies so ist und ich mich verändert habe. Im Gegensatz zu ihm.

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Ein sehr schöner Text. Über den letzten Satz muß ich allerdings noch meditieren. Ist es nicht das, was wir immer denken? Daß die anderen sich nicht verändern, man selbst sich aber schon. Vielleicht denkt D. das auch. Vielleicht stimmt es aber. Vielleicht verändern sich auch nur Männer nicht ;-)

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Nun, der letzte Satz könnte auch die Bedeutung haben, dass er nicht froh darüber ist, dass ich mich verändert habe.

Aber es stimmt: Die Veränderung im Ich erscheint immer größer als die Veränderung im Du. Vor allem, wenn man sich nur eine kurze Zeit schenkt, in der man die möglichen Sichtweisenänderungen im Du gar nicht alle erfassen kann.

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Edelprostituierte
sind nicht das schlechteste, was einem begegnen kann. Hilft aber in der Tat ungemein, wenn man von vorn herein über die Profession Bescheid weiß und nicht erst nach und nach dahinter kommt, dass die "Reiseverkehrskauffrau" gar nicht im Reisebüro arbeitet. ;-)

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Nun, nicht jeder findet es gut, wenn seine Freundin als Prostituierte Geld verdient. Wie fänden Sie es?

Als Frau kommt man ja selten in diese Lage, aber ich käme nicht damit zurecht, wenn mein Freund sich als Call Boy verdingen würde.

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Tja,
kommt drauf an. Ich hatte in der Tat mal eine Affäre mit einer Reiseverkehrskauffrau, die bei einem Escortservice in Ffm. arbeitete. Der "full service" war allerdings optional, und nicht Geschäftsgrundlage, ergo war sie im strengeren Sinne keine Prostituierte. Aber sei es drum, sie hatte bezahlten Sex mit Klienten. Und die Umstände, die uns für eine Weile zusammenführten, waren so schräg und speziell, dass ich dachte, ich würde meiner Biographie keinen Gefallen tun, wenn ich diese interessante Erfahrung auslasse.

Ich will das Business auch nicht über Gebühr romantisieren, aber ich kann nicht sagen, dass mich der Gedanke an ihre Kunden damals sehr gestört hätte. Sie war in einem sehr speziellen Moment in mein Leben getreten, und wir hatten für eine Weile genau das parat, was der andere grad brauchte, um nicht völlig vor die Hunde zu gehen.

Das war vielleicht nicht der Stoff, aus dem die große Liebe des Lebens gewebt wird. Aber ich denke immer noch mit einem warmen Gefühl der Dankbarkeit an sie - und ich hoffe, dass sie nicht unter die Räder gekommen ist.

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