Zehn.

"Mensch, es müssen mittlerweile zehn sein, zehn! Ich glaub' es nicht." Ja, es sind zehn. Zehn Jahre, die wir uns kennen, vor zehn Jahren hatten wir eine Scheiß-Zeit zusammen, aber nicht miteinander, wir wussten beide nicht weiter, das Studium klebte wie zäher Schleim auf der Haut und verstopfte Poren mag ja keiner. Ich griff damals zum Radikalmittel, reine Haut her und Schleim weg und verpisste mich vorübergehend von der Uni, um mal ein, zwei Jahre zu arbeiten und zu sehen, ob mir das besser gefällt als die ganzen Paragraphen und herrschende und Minder-Meinungen. Du meintest, ich probiere das weiter mit dem Scheißstudium, und hinterher heulten wir zusammen Rotz und Wasser. Aber aus uns ist was geworden, finden zumindest unsere Eltern, auch wenn jede von uns weiß, wie löcherig unser Gewordensein ist, dein Ehering sitzt lockerer als vor zwei Jahren, ich hadere nach wie vor mit Nähedistanzen, aber eigentlich, eigentlich geht es uns gut.
"Zehn Jahre", bestätige ich und dann noch mal minus zwei, in denen wir uns kaum gesprochen und nicht gesehen haben. Wir trinken zusammen zehn Bier im Mar y Sol, bis sie die Hocker hochstellen und Tische putzen und ich dann doch irgendwann an den Geschäftstermin am nächsten Morgen denken muss. Hinterher gehen wir schwankend ein paar Meter durch Ottensen und wissen: Nochmal zehn Jahre sind eine gute Option für Freundschaft. Wir nehmen aber auch lebenslang.

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