Der weiche Lappen glitt über das Messer, ein wenig gerieben, und schon erstrahlte das gute Stück wie in neuem Glanz. „Wenn du die Oxidation rückgängig machen möchtest, musst du das Besteck in heißes Salzwasser legen und ein Stück Aluminiumfolie dazu“, erklärte meine Großmutter und wischte ein letztes Mal mit einem raschen Strich über die glatte Oberfläche des Modells „Spaten“. Das Monogramm, vielfach verschlungenes H und B, steht für einen Namen, auf dessen anekdotische Herkunft immer mit Stolz verwiesen wurde.
Meine hugenottischen Vorfahren verließen ihre weinselige Heimat und schlugen sich ins hübsche Renaissancestädtchen Arolsen durch. Ein allzu übereifriger und nationalbewusster Beamter trug für Jean-Marie und Justine Lisette die eingedeutschte Version des klangvollen „Schön geboren“ in die Stadtbücher ein. Alle Proteste nutzten nichts: Von Stund an stand der Name einer Hülsenfrucht mit Accent aigu auf dem Papier.
Das Silberbesteck für bessere Gelegenheiten ruht heute in meiner Kommode. Ich benutze es selten, denn mir ist das Monogramm ein wenig peinlich. Nicht so der Name, den ich gern getragen hätte. Leider endete die männliche Namensinhaberschaft mit einem offizierlichen Fehlverhalten, was die sofortige Versetzung an die Ostfront und ein unrühmliches Ende im Kessel von Stalingrad zur Folge hatte.
Meine Großmama war danach nicht nur gezwungen, ihr leidenschaftlich betriebenes Medizinstudium in Berlin sausen zu lassen und die elterliche Firma in im Hessischen zu übernehmen, sondern auch sich zu verheiraten. Mit einem Herrn „Müllermeierschulze“. Der hatte kein eigenes Silberbesteck mit Monogramm. Aber dafür sehr viel sizilianisches Temperament und gute Kontakte. Seitdem ritzen wir unser Monogramm lieber in Beton.
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Und wenn auch das noch zu indiskret ist, löschen Sie's einfach ganz schnell wieder...
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@Herr R.: -skes kenne ich auch eine Menge. Gerade in Berlin sausen viele rum.
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