Man solle mehr auf Zwischentöne hören, sagte letztens eine gute Freundin und kaufte Konzertkarten für Ryuichi Sakamoto und Carsten Nicolai in der Volksbühne.
Meine Tinnitusgeschädigten Ohren erfassen leider nur noch diverse Frequenzen, so dass die Klangfrickeleien der beiden Musiker in ihrer Gesamtheit eher ein Grundrauschen denn nachhal(l)tigen Eindruck hinterließen.
Ergänzt um Videoinstallationen von Karl Kliem brachten Sakamotos improvisiert scheinendes Klavierklimpern und die elektronische Verfremdung der pianokonzertanten Klänge durch Nicolai das Auditorium langsam aber sicher in einen tranceähnlichen Zustand. Wild flirrende Kreise, zischende Regenschauer aus Lasern und zierliche Blockstreifen gemahnten mitunter an einen gestörten Fernsehempfang, aber ähnlich wie Kinder gebannt vor der Flimmerkiste sitzen, obwohl keinerlei Bild zu sehen, erkannte der geneigte Hörer den psychedelischen Hintergrundeffekt des Konzert. Ja, ich entblödete mich nicht, meiner Begleitung ein "ich habe gerade ein nahezu mütterliches Gefühl für einen der Lichtkreise entwickelt" zuzuraunen. Wie wunderbar, dass sie diese Empfindung teilte und nur zurückmurmelte: "Ich wollte auch nicht, dass er verschwindet. Ich glaube, wir sind klangbekifft."
Also könnte man das Konzert am ehesten als Kollektivrausch bezeichnen, was sich auch am begeisterten Applaus ablesen ließ. Aber die Bewertung von Musik liegt eben immer im Ohr des Hörers. Und die sind bei mir wahrhaft ohrensausender Art. Wer weiß, ob ich ohne die Visuals auch in unbekannte Sphären abgedriftet wäre.
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