Ein Ungemach ereilt mich selten allein, und so musste ich vor einigen Tagen wieder einmal zum Friseur. Doch oh Schreck!, der göttliche Michie hatte den Salon verlassen und schneidet und lispelt nun anderswo. Aber da meine Bemühungen, mich in eine Kopie von Audrey Hepburn zu verwandeln (ich berichtete) grandios gescheitert waren, musste es sein. Keinen Tag länger wollte ich die fisseligen Fransen, Teil eines aus den Fugen geratenen Stoffwechsels, länger ertragen.
Und hier füge ich gern eine kleine Anekdote von der Reise nach Indien ein, die ansonsten in Vergessenheit geraten wäre. Nach teils erholsamen, teils strapazenreichen Wochen in Indiens Süden wollte ich mir am letzten Tag vor der Abreise aus Bombay etwas gönnen. Die Haarpracht der indischen Frauen ist sprichwörtlich, und sollte ich mir je Haarverlängerungen oder -verdichtungen leisten können, werde ich darauf bestehen, dass eine Inderin für mich ihr Haupt scheren ließ. Ich beschloss, das Geheimnis ihrer Schönheit zu ergründen und wanderte in einen Beautysalon um die Ecke des Hotels.
Dessen Inhaberin, die strenge und würdevolle Mrs. Leoh, eine Hongkong-Chinesin, die mit ihrem Mann vor vierzig Jahren nach Indien auswanderte und trotz ihrer zweiundsiebzig Jahre immer noch ein hartes Regiment über ihre Angestellten führt, fragte nach meinen Wünschen. Ich sagte, dass ich gern eine Haarkur und Kopfhautmassage und überhaupt eine Frisur hätte. Sie sah mich zweifelnd an und antwortete mit einem Satz, der meine ganze Hoffnung auf mehr Schönheit zunichte machte: "There's not much hair to do, my dear."
Eine Stunde, eine Kopfhautmassage mit warmen Öl, einen Schnitt einer bedauernd mit dem Kopf wackelnden Angestellten und viele Fragen und gute Wünsche später verließ ich den Salon und hatte endlich einmal auf dem Kopf, was ich wollte: Big hair. Selbst der heiße Wind von der arabischen See konnte kein Haar mehr zum Fliegen bringen. Ich war zu Maggie Thatcher geworden.
Nun, wieder in die Gegenwart. Eine eiserne Lady braucht dann und wann ebenfalls einen Schnitt, also wieder in den Salon ohne Namen. Hier wird nicht viel geredet (was auch aufgrund der wildstampfenden Technorhythmen nicht möglich wäre), sondern schnell die Schere geschwungen.
Nach zehn Minuten (not much hair to do, eben) war ich fertig: Im Spiegel sah mir eine Berlin-Version von Betty Boo entgegen. Schön. Andächtig nahm ich meine Tasche, ging, und von Stund an trug ich nur noch äußerst sexy Kleidung und betonte meine Taille. Um mit der abgegriffensten Werbeaussage der deutschen Schnipplerinnung zu schließen: Was Friseure können, können nur Friseure.
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