Wiener Kurzg'schichterln III.

Man könnte ja mit einer Platitüde anfangen: Der Tod, das muss ein Wiener sein..., Wien sehen und sterben..., Komm, süßer Tod... - aber das lasse ich natürlich. Trotzdem scheint mir nach dem gestrigen Besuch des hiesigen Zentralfriedhofs der Wiener an sich ein recht intimes Verhältnis zum Tod zu haben.
Solche prachtvollen Grufthäuser habe noch nicht gesehen. In manche mag gar ein kleines Häuschen hineinpassen, in anderen wiederum steckt so viel handwerkliche Kunst wie in einer Kleinstadt. Und der sterbliche Otto-Normalverbraucher gönnt sich wenigstens ein Engerl aus Stuck oder ein schnörkeliges Grabkreuz.

Ich sehe mir in anderen Ländern Friedhöfe lieber an als Kirchen. Wie Menschen mit ihren Toten umgehen, sagt viel über die Kultur aus. (Merke gerade: Hab ich schon mal an anderer Stelle über Polen geschrieben, man wiederholt sich langsam, ich sollte mit dem Bloggen aufhören, wirklich Neues kommt nicht mehr)

In Wien kommt zur Kultur noch der Kult hinzu: Sogar die Bundespräsidenten haben ihre Ehrengräber auf dem Zentralfriedhof. Man stelle sich vor: Alle deutschen Kanzler im Tode vereint auf dem Bonner Hauptfriedhof. In Berlin würde es schon schwer mit der Bettung. Wohin mit der schönen Leich'?, müsste man sich fragen. In Neukölln möchte man nicht liegen, in Schöneberg hat sich die Dietrich schon breitgemacht und ganz ehrlich: In Spandau ist man bereits zu Lebzeiten begraben. Aber es ist ja auch egal, denn tot ist, wer vergessen.

Nein, dann schon lieber auf dem Wiener Zentralfriedhof. Dann besuchen einen wenigstens die Touristen regelmäßig.

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In einem Punkt...
muss ich heftig widersprechen: Sehr nett, der Friedhof, auf dem Marlene liegt. Und nebenan Helmut Newton. Und viele Besucher, die auf Marlenes Grab Rosen hinterlassen.... Das ist schon recht hübsch.

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Haha, gnä' Frau, es geht auch platitüd.

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Besuchen Sie doch auch den Friedhof der Namenlosen.
Dann gibts noch die kleineren in Döbling, Grinzing, Stammersdort... Der Zentralfriedhof ist ja fast ein eigener Stadtteil mittlerweile *gg*
Jaja, die Wiener und der Tod, das ist was ganz spezielles : )

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Liedertexte
Ja sogar Lieder gibt es über ihn.
Es lebe der Zentralfriedhof von Wolfgang Ambros http://www.wolfgangambros.at/disco/lied043.htm

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Ich war noch nie auf dem Wiener Friedhof, habe aber diverse schottische gesehen. Besonders die von den Städten weit abgelgenen, steinigen und von der Natur durchwucherten haben es mir angetan...Nun, ich werde mich einäschern lassen.

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Herr Kid, grossartig! Diese morbide Ader an Ihnen hat in Wien ihre Heimat gefunden, scheint es.

Ja, man sollte sich der eigenen Sterblichkeit immer bewusst sein und daher das Leben doppelt geniessen!

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Ach ja, der Zentralfriedhof. Einer der wirklichen places to be beim Warten auf eine fröhliche Auferstehung oder wahlweise beim stilvollen Verrotten. Wo der Berliner verwest, hat sich mir allerdings trotz längeren Nachdenkens auch noch nie erschlossen - die Berliner pflegen ein Verhältnis zum eigenen Ableben, das es geraten lässt, am besten woanders zu sterben.

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Frau Modeste, Sie haben es wunderbar beschrieben: Berlin kann nur eine Zwischenstation sein. Zum fröhlichen Studentenleben ist es ganz gut.

Und sterben, ja, sterben, das tun wir woanders.

Aber wo möchte man am Liebsten geboren sein, frage ich mich?

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