Schon als ich ein kleines, blondgelocktes Mädchen war, hatte ich dieses Problem. Meine besorgte Mutter ermahnte mich ständig: "Schlurf nicht so! Heb deine Füße, das sieht sonst trampelig aus!" Schließlich sollte ich einmal elegant wie eine Gazelle den Herren der Schöpfung den Kopf verdrehen, so die Vorstellungswelt meiner ausschließlich Pumps tragenden Mutter.
In der Pubertät stellte sich das Problem nicht so. Doc Martens, Adidas-Allrounder oder Leinenlatschen von Converse hießen die Fußbekleidungen der 80er Jahre. Definitiv nicht die Schuhe, in denen weibliches Stolzieren entwickelt werden kann. Außerdem bescherte mir jahrelanger Ballettunterricht einen hübschen Watschelgang, der jegliche Absätze über drei Zentimeter ad absurdum geführt hätte.
Später dann, als ich Studienfach bedingt zum Perlenkettchen tragenden Modepüppchen mutierte (man sollte die Sozialisation seiner Berufswahl nicht unterschätzen), musste ich. Also schaffte ich mir ordentliche Schuhe an und übte. Man will den Männern schließlich gefallen. Ein Buch auf dem Kopf, sechs Zentimeter Absatz unter mir und das Gefühl, im falschen Körper zu sein, schritt ich in durchs Wohnzimmer, angefeuert von einer Freundin, deren Einführung in das Volk der Stiletto-Trägerinnen bereits in jüngeren Jahren abgeschlossen war.
Mit zweifelhaftem Erfolg. Ich kann zwar mittlerweile auf Schuhen laufen, die einer Drag Queen die Schamesröte in die Wangen treiben würden. Die Blockschuhe der Neunziger habe ich ebenso unbeschadet überstanden wie die spitzen Cowboy-Boots von 2002. Selbst Pfennigabsätze jagen mir keine Angst mehr ein. Ja, ich wurde geradezu eine Schuhfetischistin.
Eines hat sich aber nicht geändert: Ich schlurfe immer noch. In Berlin, wo Straßen schneller verwahrlosen als ihre Anwohner und Schlaglöcher jede Verkehrsteilnahme an eine gefahrvolle Expedition gemahnen, die beste Fortbewegungsart. Mit Absätzen, die ich heute gern und häufig trage, ein mäßiges Vergnügen. Dieses wiederum liegt dann ganz im Auge des Zuschauers: Meine Gehversuche zwischen Gitterrosten von U-Bahnschächten und Katzenkopfsteinpflaster mutieren oft zum Slapstick.
Hinfallen und wieder aufstehen gehört fast zu einem normalen Spaziergang. Wenn ich wild mit den Armen rudernd versuche das Gleichgewicht wieder zu erlangen, während mein rechter Stiletto-Absatz zwischen zwei Pflastersteinen klemmt und er linke Schuh langsam in Sand einsinkt - alles unter dem schadenfrohen Gelächter meiner Begleitung -, dann verfluche ich sie, diese meine Ge(h)fallsucht.
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