Mühe, morgens aus dem Bett zu kommen? Kreislaufprobleme? Der Tag beginnt immer ein paar Stunden zu früh? Kein Problem! Ich habe die Lösung für Sie:
Verbringen Sie einen Tag in meiner Haut. Beginnen Sie den Morgen mit einer heißen Dusche, die die hämmernden Kopfschmerzen nur unzureichend bekämpfen kann. Wenn der Druck im Schädel gerade ein wenig nachlässt, schreckt Sie dauerhaftes Klingeln an der Tür auf. Sie rennen natürlich nicht sofort zur Gegensprechanlage, denn Sie sind ja tropfnass. Als Sie dann doch rangehen, ist der Klingler schon weg.
Mühsam quälen Sie sich in Ihre Klamotten. Ihre Jacke riecht, als hätten Sie gestern einen langen Abend in einer Kneipe verbracht. Haben Sie auch, aber das Gedächtnis funktioniert am frühen Morgen noch nicht perfekt. Auf jeden Fall haben Sie nicht zuviel getrunken. Woher kommen dann die Kopfschmerzen? Solche Fragen sollte man sich nicht stellen. Aber froh waren Sie, dass Sie gestern einen so schönen Parkplatz gefunden haben. Das ist in dieser Gegend nämlich gar nicht einfach. Mitunter haben Sie auch schon einmal eine halbe Stunde gesucht, müde, nur noch nach dem warmen Bett gierend.
Das Frühstück fällt mangels Brotunterlage aus. Ein bisschen früher ins Büro, denken Sie, kann auch nicht schaden. Als Sie das Haus verlassen, steigt Ihnen der Geruch von Hundekot in die Nase. Und siehe da: Sie sind in ein Häufchen getreten. Direkt vor der Haustüre. Manche Menschen behaupten, es bringe Glück. Sie hassen solche Menschen und haben Mord im Herzen. Hundemord gilt nur als Sachbeschädigung, wussten Sie das? Und, geht es Ihnen schon ein bisschen besser? Der Kreislauf regt sich langsam, nicht wahr?
Warten Sie, es geht gleich weiter. Sie fluchen ein wenig und säubern den Gott sei dank nichtprofilierten Schuh am Rinnstein. Da hinten, aufgrund einer mittleren Sehschwäche nicht ganz klar erkennbar, blinken die Lichter eines Abschleppwagens auf. Sie denken, ha!, hat es wieder einen erwischt. Idiot, blöder. Man muss halt aufpassen. In der nächsten Sekunde denken Sie: Ha! Idiot, blöder. Warum hast du nicht besser aufgepasst? Und rennen los. Joggen am Morgen ist ja so gesund.
Knapp, bevor der Abschleppwagen Ihre ohnehin schon nicht mehr ganz taufrische Karre wegfährt, erreichen Sie den Tatort. Nur, um im nächsten Moment ein Mikrophon unter der Nase zu haben. Sie haben allerdings nicht das Gefühl, ein Star zu sein. Die Haare kleben an der verschwitzten Stirn, Sie pumpen heftig und der ganze Kneipenmief der letzten Wochen kratzt in der Lunge. Unwillig schieben Sie das Mikrophon zur Seite, herrschen den Kameramann an, das Ding auszumachen und sehen nur noch den Aufkleber: RTL II. Nee, echt nicht. "Wir wollen doch nur eine Abschleppszene abfilmen", sagt die Hilfsregisseurin. Na, gut. Aber bitte das Kennzeichen unkenntlich machen, sagen Sie. Ihr Vertrauen in Gottes Ohr.
Der freundliche Polizist, ein älterer Mann, bestimmt Familienvater und vermutlich mit einer Tochter in Ihrem Alter, fragt: "Ich habe geklingelt. Warum haben Sie denn nicht aufgemacht?" Ja, warum bloß? Vermutlich aus dem gleichen Grund, weshalb Sie morgens nicht aus dem Bett kommen: Unwillen. Den verspüren Sie auch, als nach Erledigung der Formalitäten der Wagen wieder auf der Straße und Sie am Rande des Wahnsinns stehen. Der um diese Stunde erschreckend gut gelaunte BSR-Mitarbeiter (Berliner Straßenreinigung, Anm. d. Verfasserin), dessen Entrümpelungskommando Grund für die Abschleppaktion ist, hält das für charmant und fragt, warum Sie denn das Schild nicht gesehen hätten. Sie antworten, dass Sie zu müde waren, um zu gucken. Er schüttelt den Kopf und antwortet: "Na, dann isses aba nüscht, wennse übahaupt fahrn, wa?"
Sie beschließen, dass es für Mord noch zu früh ist und fahren ins Büro. Sie sind wach, die Kreislaufprobleme wie weggeblasen. Blöd nur, diese leichte Morgenübelkeit. Muss das Adrenalin sein.
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Ich glaube, ich nehme seit einigen Jahren Rache an meinen früheren Leben, in dem ich jahrelang um halb sechs aufstehen musste um bei jeder Jahrezeit mit dem Fahrrad 7km zum Bahnhof zu fuhr (Wir hatten ja nichts damals. Es war IMMER Winter, Schneesturm und IMMER bergauf, auch zurück). Ich empfinde seit diesen Tagen alles vor acht Uhr als tiefe, dunkle Nacht und ganz eindeutig meinem Schlaf zugehörig.
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