ReiterHosen.

Meine Frage "Mami, kann ich ein Pferd haben, bei Oma und Opa ist doch genügend Platz im Garten und Hühner haben sie auch nicht mehr?" im Alter von etwa neun Jahren wurde leider abschlägig beschieden, und Reitunterricht durfte ich wegen einer Hüftfehlstellung auch nur sporadisch nehmen. Heimlich half ich aber im Reitstall beim Ausmisten und durfte so dann und wann umsonst reiten. Als ich nach Berlin zog, waren mir die Reitstunden zu teuer. Das letzte Mal saß ich vor zehn Jahren in Polen im Sattel. Man kann also bei mir nicht wirklich von viel Reiterfahrung sprechen.

Umso schlimmer, dass mich das nicht davon abhält, Pferde zu mögen und den latenten Wunsch im Herzen zu tragen, doch mal wieder mit wehenden Haaren im fliegenden Galopp über abgeerntete Felder zu sausen. Und gerade im Urlaub auf einer sehr entspannten Insel im Norden Yucatans bahnte sich die Pferdenärrin in mir wieder den Weg und ich buchte einen Ausritt durch Mangroven und am Strand entlang.

Reithosen? Reitstiefel? Reitkappe? Fehlanzeige. Braucht man nicht. Pfft. Reichen auch eine ohnehin angeschmuddelte Dreiviertelhose und ein Strohhut. Falle eh nicht vom Pferd, die ja hier eher Kleinpferde sind. Und wenn, falle ich ins Wasser oder in den Sumpf. (Kennt jemand? Hoppe hoppe Reiter und so?)

Der nette mexikanische Guide versicherte mir, dass "Principe" genau das richtige Temperament für mich hätte, also ungefähr das einer Mettwurst. Sollte mir auch recht sein, obwohl sein Zosse ein wenig mehr Feuer in den Augen blitzen hatte. Ich schmeichelte mich bei Principe mit einem halben Apfel ein und bestieg ihn. Ein Westernsattel, soso. Ein Riesenknüppel vor mir für das Lasso, ich hängte da mal lieber meine Tasche an, in der ich noch weitere Äpfel bereit hielt für den Fall, dass Principe mir ein treues Tragtier sein würde. Die nächste Überraschung: recht kurze Zügel und eine imposant aussehende Kandare. Der Guide wies mich gleich darauf hin, dass man mit einer Hand reiten würde und stützte außerordentlich lässig die Rechte in die Hüfte. Gefällt mir. Dieses Lässigsein ist genau meins, vor allem, wenn ich im Galopp über abgeerntete Felder... Klar.

Wir ritten also los, staubige Wege entlang, durch tiefe Pfützen vom letzten Tropenregen, an deren Rändern winzige Krabben in Hundertschaften saßen und sich bei unserem Herannahen blitzschnell in die umliegenden Sträucher zurückzogen. Principe machte sich in einem gemächlichen Schritt mit mir vertraut und ich bemühte mich, mit einer lässigen Hand nicht zu sehr an den Zügeln zu rupfen, Kandare und weiches Pferdemaul, ist ja bekannt. Wir durchquerten Mangrovenwege und staunend konnte ich weiße und graue Reiher, Löffler und Pelikane auffliegen sehen. Mopedfahrer grüßten freundlich beim Entgegenkommen und mein Hinterteil fühlte sich in den Westernsattel ein. Ich. war. äußerst. lässig.

Aber konnte Principe auch mal ein bisschen schneller? So ein Zuckelschritt ist ja nicht besonders aufregend. Bei meiner umfassenden Reiterfahrung wusste ich natürlich, dass ein Tritt in die Weichteile manchmal Wunder wirken kann. Principe würdigte meine Bemühung mit einem leichten Zuckeltrab, der mich rüttelte und schüttelte, ich kam nicht mal dazu, eine korrekte Haltung einzunehmen oder leicht aus dem Sattel zu gehen. Am Ende der Mangrovenstrecke ruckte ich kurz an den Zügeln und Principe hielt gnädigerweise an. Der Guide wies auf eine Spur im Schlamm: "Crocodyle. Big. Nice animals." Ich freute mich über die Naturverbundenheit des Guides. Fressen Krokodile eigentlich auch Pferde samt Reiterinnen?

Wir ritten weiter, am Strand staksten in Wurfweite eine Menge pinkfarbener Flamingos herum und Pelikane tauchten nach Fischen. Eine leichte Brise machte die vormittägliche Hitze erträglich und mein Hintern fühlte sich schon fast mit dem Westernsattel verwachsen. Zeit also für ein bisschen Action. Der Guide sagte: "Okay, Lady, we are going to speed up!" Und trabte los. Principe spitzte die Ohren. Ein Zittern durchlief seinen Körper. Er peitschte noch einmal mit dem Schweif und gab Speed. Leichter Trab, pfft, schneller Trab, ha! kann ich auch! Unvermittelt wechselte er in Galopp. Damit hatte ich nicht gerechnet. Das ging ja ganz schön schnell! Und wie war das damals noch mal? Ausreiten des Sattels oder so - aber warum ist der Sattel so schnell zu Ende und dieser Riesenknüppel da vor mir, warum haut der mir andauernd in die Scham? Nur nicht an den Zügeln reißen! Das arme Pferd, dem breche ich bestimmt gerade das Rückgrat mit meinem hin und her hoppelnden Gewicht! Wo ist die Bremse? Ich kralle mich am Knüppel fest, Anfängerhaltung hin oder her, egal. Wir galoppieren.

Der Strand ist viel zu schnell zu Ende, da macht Principe einen Satz nach rechts und folgt dem Guide, der auf einer Sandbank auf langsamer reitet. Durchs Wasser! Ich bin bis zur Hüfte nassgespritzt, das wird doch nicht noch tiefer, oder? Und die Krokodile! Haie! Hilfe. Aber auf Principe ist Verlass, ich bin sicher, ich bin ja auch nicht die erste Touristin, die er durch die Gegend juckeln muss. Leider muss ich ganz furchtbar grinsen und bekomme das Grinsen auch bis zum Ende der Tour nicht mehr aus dem Gesicht.

Für's Reiten gibt es übrigens eine Faustregel: Pro Stunde einen Tag Muskelkater. Und zwar der übelsten Sorte. Oben am inneren Oberschenkel. Ich war zwei Stunden unterwegs. Und lief fortan nur noch breitbeinig. Lag bestimmt an der schlechten Reithose. Ich probiere das demnächst nochmal im nahe gelegenen Reiterhof mit einer anderen Hose.

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Das liest sich ja tatsächlich nach Spaß - hätte ich nie von einem Reitbericht erwartet. (Aber - hey: Es kamen Krokodile drin vor.)

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Man sollte einfach viel mehr Sachen machen.

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Boah. Bin ich gerade neidisch.

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und der gentleman? durfte/wollte der nicht reiten?

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Wollte nicht. Außerdem: Wir sprechen von Kleinpferden. Im Mangrovenwald wären dem Gentleman die Hosenbeine nass geworden.

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Ach. Jetzt haben Sie mir Visionen beschert vom braunen Trakehner Johnny. Ich muss auch mal wieder in den Sattel. Nächsten Sommer. Brandenburg.

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