Wenn Sie es einrichten könnten, werte Leser, dann reisen Sie doch demnächst einmal nach Krakau! Diese zauberhafte Stadt im historischen Galizien und heutigen Südpolen ist eine charmante Mischung aus Vilnius, Bologna und Berlin-Friedrichshain. Nicht nur, dass dort eine ganze Menge junger Menschen aus aller Welt studieren und feiern und es überhaupt kein Problem sein sollte, jeden Abend in einer anderen Bar eine ziemlich nette Live-Musik zu hören (je-den A-bend, man schläft hier nicht), nein, in Krakau kann man auch hervorragend Kultur bestaunen und essen. Genau: Kultur essen!
Ich beherzige bei meinen (und des Gentlemans) Reisen immer den alten chinesischen Grundsatz: "Man kann alles essen, was vier Beine hat, es sei denn, es ist ein Tisch, alles essen, was fliegt, es sei denn, es ist ein Flugzeug..." Undsoweiter, undsoähnlich. Essen ist für mich der Schlüssel zu einer fremden Kultur. Wie sorgsam mit den Grundmaterialien umgegangen wird, sagt doch schon eine Menge aus über die Landeskultur.
So servierte man uns in unserem ersten Restaurant Pierogi mit Pilzen und Kraut, Zwiebelsuppe und einen Appetizer, von dem ich nur vermuten kann, dass das was mit Hüttenkäse und / oder Schmalz war, aber auf jeden Fall etwas, in dem ich dereinst gern einbalsamiert würde. (Restaurant KogelMogel, ul. Sienna)
Den zweiten Morgen verschliefen wir, auch, weil wir sehr früh am vorvergangenen Tag aufstehen mussten, um den Flug nach Krakau zu bekommen. Das Hotelfrühstück im Saski (ul. Slawkowska, liegt superzentral, Free Wlan, aber man wünscht dem verstaubten Charme des Hotels doch einmal eine ordnende Hand und einen guten Klempner) geht nur bis 10:30, also mussten wir ein vernünftiges Frühstückscafé finden. In Krakau eher kein Problem, also wanderten wir nur einige Schritte ins Camelot (ul. Tomasza), wo wir in einem stilvollen Ambiente versorgt wurden.
Natürlich stopften wir noch etliche Kringel (obwarzanki) oder Baguettes (zapiekanki) in uns hinein, denn so ein Tag mit Besuch im ehemaligen jüdischen Stadtteil Kazimierz fordert Tribut. Aber wenigstens hatten wir abends schon wieder Hunger und stillten diesen auf sehr angenehme Weise im Kawaleria (ul. Golebia) mit Wildschweinfilet in Pflaumensauce mit Knödeln und Schweinelenden in Moosbeerensauce. Damit wir nicht verhungerten, gab's vorher noch Zwiebelsuppe und kleine Käsequiches. Den Abschluss machten Käsequarkcreme und geminzte Schokomousse. Begleitet wurde das Essen von einem rauchigen Roten, der sich angenehm im Hintergrund hielt.
Ich bin ja keine versierte Foodbloggerin wie Anke Gröner oder die Kaltmamsell - das scheitert schon daran, dass mir jedes technische Verständnis für die Zubereitung fehlt -, aber das "große Fressen" in Krakau verdaue ich gerade, also werden Sie, werte Leser, leider mit den verbalen Ausscheidungen meines Kurzbesuchs konfrontiert. Fürs Schöne, für Supertexte und Fotos, gehen Sie bitte einmal bei den genannten Damen oder Stevan Paul vorbei - hinterher ist man sehr hungrig, kann aber auf ein paar leckere Rezepte zurückgreifen.
Den Montag hielten wir mit einem leckeren Eis und einer heißen "Wawel"-Schokolade durch, natürlich stilecht auf der Terrasse in der Königsburg mit Blick über Podgorze genossen und dann noch bei sanftem Wind und angenehmen, sonnigen 22 Grad. Die Krypta der Kirche, in der neben Chopin und anderen wichtigen Dichtern und Komponisten, den polnischen Königen auch der in Smolensk abgestürzte Lech Kaczynski samt Frau bestattet ist, haben wir uns recht schnell ebenso wie die Burg an sich gespart. Dort trieben sich die Touristenmassen wie ein Lindwurm hindurch, samt schlechter Gerüche.
Gute Gerüche indes kann man im Chimera (ul. sw Anny) schnuppern. Oben Salatbar und Vegi-Restaurant, gibt's im plüschigen Keller auch Fleischiges - eine Küchen-Chimäre, eben. Der Gentleman putzte die Lammkeule mit Rosmarinkartoffeln und Rotebeete-Schnitzeln nach einem sehr erdigen Barschtsch tapfer weg. Die Bedienung hatte vorher extra noch gefragt, ob im 450 Gramm nicht doch zu viel seien. Weit gefehlt! Mein Kaninchen in Sauerrahmsauce war ebenfalls auf den Punkt gegart, aber mir hätte die Keule neben dem Rückenstück gereicht.
Am letzten Abend wollten wir nach einem Besuch in der sehr sehenswerten Ausstellung in der Emaille-Fabrik von Oskar Schindler unbedingt noch einmal in Kazimierz essen, in einem der jüdischen Restaurants. Wir fanden mit viel Glück im "Once upon a Time in Kazimierz" einen Platz. Das Restaurant ist dunkel, gemütlich und erstreckt sich über drei nebeneinander liegende ehemalige Ladengeschäfte. Wir nahmen Tschalynt (Brei aus Linsen, Gemüse und noch mehr Uffjefechtem) und Ente in Cranberry-Sauce, die beide recht ordentlich schmeckten. Aber den krönenden Abschluss gab's dann mit einer weiteren Variante eines Quark-Käsecremekuchens mit Rosinen und Feigen - eine extrem leckere Geschichte.
Alles in allem ist Krakau eine runde, quirlige, elegante und kulinarisch vielfältig ausgestattete Stadt. Unser Kulturtauchbad hat uns bestimmt einige Kilo mehr beschert - jedes davon war einen Besuch Krakaus wert!
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Nach Galizien also mal.
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Ich hatte vor fünf Jahren in Krakau das Glück, dass es die ehemals sozialistischen Milchläden noch gab: Dort bekam ich neben stämmigen Kantinenmamsells im weißen Kittel noch ordentlich Eintopf und Pierogi auf Plastiktablett.
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