Bambi

Das Buch ausgelesen, zappte ich ein wenig ziellos in den Programmen herum, um bei einem großen Event hängen zu bleiben, das von der BILD-Zeitung ganz bestimmt mit einer weniger großen Berichterstattung geehrt wird wie das vom eigenen Verlag verliehene „Goldene Lenkrad“.

Ach, wie das glitzerte! Wie seidig glänzend sich die Roben an die Kurven der Damen schmiegten, die Herren in Anzug und Frack wenigstens eine halbwegs gute Figur machten. Wie gern wäre ich dabei gewesen!

Ich erinnere mich noch gut an den Bambi 1999, als ich zwar nicht die Verleihung, dafür aber dank eines freundlichen Helfers der mich durch den Noteingang und dann durch den Lastenaufzug direkt in den VIP-Bereich schmuggelte, an der After-Show-Party teilnehmen konnte. Ich saß Claudia Schiffer gegenüber, flirtete ein wenig aus den Augenwinkeln mit Tim Jeffries und wunderte mich über eine schlecht gelaunte Franziska van Almsick in einer schlecht sitzenden Wurstpelle. Ich trank Champagner, naschte an den Spezialitäten der Küche, durch die ich noch kurz zuvor die Verwirrte spielend rannte und tanzte neben Cosma Shiva Hagen, die nicht nur extrem sexy ist sondern auch eine entzückende kleine Kettenraucherin. Aber ich schweife ab…

Nun, diese Zeiten sind vorbei. Heute sitze ich lieber vorm Fernseher. Ist ja auch schön (und natürlich vollkommen neidfrei). Also zurück zur Verleihung. Der Bambi ist ja so etwas wie der deutsche Oskar: Glitzernd, gegenständlich und bekannter als die „Lola“, dem deutschen Filmpreis, der erst zu Hochzeiten der Medienrepublik ins Leben gerufen wurde. Nur der Adel der amerikanischen Entertainmentbranche darf durch das Programm führen. Steve Martin, Whoopy Goldberg, Billy Crystal - alles Komiker von Format.
Hier in Deutschland ist das naturgemäß ein bisschen anders und viel seriöser. Man stelle sich Otto vor, der durch die Show blödelt. Am ehesten würde ich Gerhard Polt zutrauen, diesen Job zu erfüllen. Aber er ist so wenig angenehm fürs Auge, also durften die Sandra und der Johannes ran. Zwei gestandene Journalisten, die sich auch für lustige kleine Einspieler aus ihrer TV-Frühzeit nicht zu schade waren, in denen sich JBK als Weißer-Socken-Träger und Sandra Maischberger als Fönwellen-Tussi der 80er entpuppten. Und dass „mein“ Johannes den Bambi (wenn auch fürs Infotainment, komische Bezeichnungen für Sportberichterstattung haben die heute!) bekommen hat - einfach schön!

Die Dankesreden perlten nur so von den Lippen der Geehrten: Ein anrührender Sky DuMont brachte seine Mirja mit einer Liebeserklärung fast zum Weinen, ein hölzernder Till Schweiger lobte die Geduld seiner Familie (es muss ja auch keiner wissen, dass er gern die Kindermädchen vögelt und auch einem flotten Dreier mit Schnee nicht abgeneigt ist) und einer der besten deutschen Komiker, Rick Kavanian, widmete in einer unverständlichen Sprache seinen Dank irgendwelchen abstrusen Sekten.

Die Laudatoren ihrerseits ließen sich nicht lumpen. Wen ich als Bambi-Moderatorin der Zukunft sehen möchte? Ganz bestimmt nicht Marie Bäumer, die ein süßes, kleines Märchen erzählte. Mit der Intonation einer Pastorin. Und mit Sicherheit nicht Eva Padberg, die zwar nett anzusehen, aber vollkommen talentfrei die Bühne beseelte. Und einen Helmut Kohl möchte ich auch nicht sehen, ich dachte nur, bitte schiebt den doch mal von der Bühne. Nein, sie braucht noch ein paar Jahre, aber so frei und locker und gut akzentuiert wie Yvonne Catterfeld sprach keiner die Laudatio.

Zu einer großen Preisverleihung gehören neben Glitzer und Glamour natürlich auch Tränen. Tränen des Triumphs, des Dankes, der Verlegenheit. Sibel Kekilli weinte während ihrer langen, langen Rede aus ganzem Herzen: Wie böse die BILD-Zeitung sie als Medium vergewaltigte, wie schlimm es doch war, die Vergangenheit als Porno-Darstellerin nicht abschütteln zu können, wie sehr sie doch Toleranz verdient, wie sehr sie Toleranz für andere will, wie sehr sie glücklich mit ihrem Freund ist… - wie viele „wie sehrs“, wie viele Anspielungen auf die aktuelle Islam-Problematik in Europa! Man mag sie mögen, niedlich finden, als Schauspielerin mit Herzensblut schätzen und ihre Abneigung verstehen, von Kais, Christianes und Konsorten ins Rampenlicht gezerrt zu werden. Das ist nicht schön, mit Sicherheit nicht. Aber souverän ist so ein auch Auftritt nicht. Zum Star, als der sie geehrt wurde, fehlt ihr genau das: die Souveränität, mit solchen Anfeindungen und billiger Schlagzeilenmache umzugehen.

Ach, es ist doch immer wieder ein Genuss, wenigstens eine Stunde dabei zu sein. Länger halte ich es nicht aus, denn wie jede Preisverleihung wird auch die ewig gleiche Routine langweilig. Also: Zapp und aus!

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