Ach, denke ich, Pech in der Liebe, da muss doch ein bisschen Glück im Spiel drin sein, und tippe das erste Mal in meinem Leben Lottozahlen. Denn wer kann bei einem Jackpot von 16 Millionen Euro schon nein sagen? Dass da eine Wahrscheinlichkeit von 1 zu 140 Millionen meinem Glück entgegen steht, ist egal. Viel schöner sind doch die Träume vor der Ziehung. Was würde ich mit dem ganzen Geld machen? Auf Anhieb fällt mir nur der eine Wunsch ein: In den Urlaub zu fahren. Nie hatte ich ihn nötiger als heute. Ich würde mir eine Woche Sonne gönnen, vielleicht eine Freundin einladen und so richtig ausspannen. Massagen, Meer, lecker Essen. Das reicht dann schon für den Anfang. Außerdem wird es nur eine der vielen Reisen sein, die ich in regelmäßigen Abständen machen werde.
Aber man muss das Geld ja auch gut anlegen, sagte meine Oma schon immer, und die wusste es ganz genau als listige Geschäftsfrau mit Hang zu Höherem. Also muss eine Immobilie her. Wohnen über den Dächern von Berlin, das ist es. Nicht nur ein popeliger Balkon im dritten Stock, gut mit Sonnenseite, aber was ist das gegen ein Penthouse mit nicht einsehbarer Dachterrasse, Fahrstuhl, lichten Räumen (mindestens vier) und einem Badezimmer, in dem nicht nur eine Dusche sondern auch eine wunderbar geformte Wanne steht? Eben. Die Terrasse würde ich übrigens mediterran bepflanzen: Lavendel, Buxbaum, Rosen, Hortensien - die ganze Palette.
Mein betagtes Ledersofa würde einer bequemen Sitzlandschaft in hellbeige oder elefantengrau zum Opfer fallen, mein Kuhfell auf dem Boden darf bleiben. An der Wand hängt ein Plasmafernseher und DVDs muss ich nie wieder am Laptop gucken. Gegenüber ziert das 2 x 2 Meter Gemälde eines jungen, aufstrebenden Künstlers die hellgrüne Wand. Praktisch, dass er bei einer meiner begehrten Partys zugegen war und mich einfach malen musste! Es zeigt mich in der Pose einer Grace Kelly vor meinem Auto, einem stilvollen Oldtimer, ich glaube, ein MG, oder? Ach, mit Autos kenne ich mich nicht mehr aus, seitdem ich meinen weißen Frauengolf an meine arme, kleine Kusine abgegeben habe.
Die schicke und pflegeleichte Küche ist zum Wohnzimmer - oder sollte ich Saal sagen - hin offen und die Hinterlassenschaften nach Kochorgien beseitigt die Putzfrau. Ja, das leidige Thema Personal. Gutes ist schwer zu finden, und da zu einem sorgenfreien Dasein nicht nur die standesgemäße Unterkunft gehört sondern auch ein passender Körper, habe ich natürlich meinen Personal-Trainer, der alle zwei Tage im Wechsel mit dem Thai-Masseur kommt und meinen Kreislauf so richtig auf Touren bringt. „Dann kann er ja auch noch andere Körperteile trainieren“, sagt Frau Franziskript, als ich ihr von Juan erzähle. „Ich bin NICHT Madonna“, antworte ich empört.
Ein puertoricanischer Zuchtbulle! Nein, dafür ist er dann doch zu schade. Also halte ich ihn mir so lange als Liebhaber, bis ich leider eine Autopanne auf dem Weg nach Sylt habe. Ein junger oder vielmehr jung gebliebener Mann mit unglaublich schönen grauen Augen steigt aus seinem klapprigen Honda und hilft mit seinen sehr sensiblen Händen aus der Patsche. Als er sich nach getaner Arbeit aufrichtet, bemerke ich die kleine Narbe zwischen den Augenbrauen. Ich muss wohl darauf gestarrt haben, denn er sagt mit einem leichten Lächeln: „Die habe ich als Kind bekommen, als ich einmal vom Pferd gefallen bin.“ Wir werden sehr schnell ein Paar, ergänzen uns wunderbar, er ist ein sehr sozialer Mensch, war Lehrer, aber jetzt ist er Schriftsteller. Ich helfe ihm natürlich ein bisschen mit meinen Kontakten zu Verlagen. Als ich 36 werde, bekomme ich dank der wundervollen Hilfe von Dr. X einen gesunden Jungen, Max, und zwei Jahre später ein kleines blondlockiges Mädchen, Mara.
Was fehlt denn noch zum Glück? Ach, eigentlich nichts. Nur, dass ich dann Morgen gewinnen müsste. Lottofee, hörst du mich?
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Mara wird übrigens Helga heißen.
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