Die größte Belastungsprobe einer Beziehung ist der erste gemeinsame IKEA-Besuch, sagt man. Wenn ein unwilliger Mann von einer begeisterten Frau („ach, schau mal, die süßen Blumenampeln“) durch die riesigen Hallen am Stadtrand geschleift wird, bekommt man durchaus Mitleid. Dabei meinen es die Frauen doch gut. Gerade, wenn die Zusammenzugsphase unmittelbar bevorsteht.
ER hat sich schon damit abgefunden, dass die Zeit der ungestörten Versiffung vorbei ist. SIE ist der Ansicht, ein wenig Farbe könne nicht nur der Beziehung sondern auch der zukünftigen Wohnung gut tun. Und außerdem: Das Bad braucht einen Schrank. Und zwar nicht irgendeinen. ER findet, so ein Allibert-Schrank sei doch ganz praktisch. SIE stöhnt leise auf und bekommt einen verkniffenen Mund.
Allibert. Rechteckig, verspiegelt, gut. Schon seine Eltern im Schwäbischen schworen auf das enorme Fassungsvermögen. Er erinnert sich noch gut: Neben den Valium Tabletten seiner Mutter lagen sogar ein paar Präservative im obersten Fach. Im Nachhinein kann er sich nicht mehr vorstellen, wozu. Wie seine jüngere Schwester gezeugt wurde, ist ihm angesichts des lieblosen Umgangs seiner Erzeuger miteinander schleierhaft. Und er mag seinen eigenen Allibert. Alle Rasierwässer passen hinein, und hinter der Seife hat er auch noch ein paar Gummis versteckt - für alle Fälle, man weiß ja nie, und die neue Praktikantin ist schon eine Süße.
SIE dagegen findet diese praktischen Behältnisse schlichtweg Scheiße. Sie seien zwar einfach zu reinigen, sagt sie, aber sie könne sich nicht vorstellen ihr Bad damit zu verschandeln. Ein hohes, schlankes Buchenschränkchen solle es sein, das passe auch besser zu den antikisierenden Armaturen, die sie beim Trödler letztens erstanden hat (und deren fehlende Dichtheit ihm einen schwitzenden Nachmittag unter dem Waschbecken bescherte). Sein zaghafter Einwand, es gäbe doch elegante Alliberts mit integrierter Beleuchtung, wird abgeschnitten.
Und so wird sein geschätzter Allibert bald in den Keller wandern, wo er der Entdeckung durch seine ungeborene Tochter harrt, die ihn dann einst mit Begeisterung in ein postmodernes Hochhaus für Barbie umfunktioniert. Nur, wie sie zu diesen angegammelten Kondomen kommt, das kann er sich nun wirklich nicht erklären.
Bemerkung: Allibert geht übrigens auf den Schafzüchter Josef Allibert zurück, der 1930 mit der Herstellung von Schuhsohlen aus Schafwolle begann. Daraus entwickelte sich ab 1945 die Firma Allibert Bad und Haushalt GmbH, die sich auf die Fertigung von Kunststoffteilen spezialisierte. Der Allibert-Spiegelschrank wird in vielfältiger Form (u.a. auch als Lizenzprodukt im Panton-Stil) seit 1958 hergestellt. Dies aber wohl nicht mehr lang, da die Firma mit Sitz in Frankfurt/Main im Jahr 2003 Insolvenz beantragt hat. IKEA - das Imperium schlägt zurück.
... comment