Mittwoch, 18. Juni 2008
Bashy.
Und wenn wir schon dabei sind. Menschen, die sich über den Prenzlauer Berg und seine Spießigkeit aufregen, sind selbst Spießer und kategorisieren sich mit der gleichen Scheinheiligkeit als Nichtspießer wie sich Grönemeyerverehrer als Gutmenschen sehen. Geht doch nach Kreuzberg, und dann jammert über die Multikultiproblematik und das morgendliche Kinder-in-die-Schule-in-einen-anderen-Bezirk-bringen-müssen-weil-man-sie-hier-nicht-dem-sozialen-Brennpunkt-aussetzen-möchte. Heuchler, allenthalben!
... comment
mark793,
Mittwoch, 18. Juni 2008, 20:36
wenn die Kritik von Leuten kommt, die dort selber seit mehr als zehn Jahren wohnen und es irgendwie nicht mehr so richtig prickelnd finden, wie sich das alles entwickelt, dann habe ich dafür sogar Verständnis.
Was aus Sicht von meiner Frau und mir gegen den Prenzelberg spräche ist im Grunde eigentlich nur das eine: Da sind zu viele von unserer Sorte unterwegs. ;-)
... link
wortschnittchen,
Mittwoch, 18. Juni 2008, 20:42
es kommt sicherlich vor, dass die veränderten persönlichen Umstände ein gewisses, nun ja, Überdenken der Umfeldanforderungen provozieren, insbesondere, seit sich im PBerg mehr Familien mit Kindern und Gutverdiener mit und ohne Manieren und Sozialkompetenz wohl fühlen, ganz anders natürlich als in Fhain, wo sich Punks immer noch zur Freude aller an Mittelklasseautos stellen und in den Türschlitz pinkeln oder in Kreuzberg, und dort nun gern im Wrangelkiez oder rund um die Schlesische Straße, wo ja noch alles so original ist.
Aber diejenigen, die am Lautesten schreien sind doch vielmehr Jene, deren Umstände sich so gar nicht verändert haben, und denen Veränderung ein Graus ist. Das ist das wahrhaft Spießige daran.
... link
wortschnittchen,
Mittwoch, 18. Juni 2008, 20:46
und jetzt mache ich das auch mal so wie Manche, die sich ohnehin gern zitieren und kommentiere mich selbst (sich selbst Kommentieren ist das neue sich selbst Zitieren): Das ist alles so langweilig und poppt alle Jahre wieder auf. Wie Hinterbänkler des Bundestags im Sommerloch sind wir, alle.
... link
sunny5,
Mittwoch, 18. Juni 2008, 20:54
der Prenzlauer Berg hat sich aber am radikalsten verändert, von allen Berliner Bezirken, neben Mitte. So eine Veränderung kann man bedauern oder bejubeln. Zumindest sieht mein Kopfmuseum, mit fünfzehn Jahren Erinnerung bestückt, komplett anders aus, als der heutige Prenzlauer Berg. Und das finde ich krass. Nach fünfzig Jahren kann nicht mehr alles gleich sein, aber diese kurze Zeitspanne macht halt einigen zu schaffen, was ich verstehen kann. Und ich weiß auch von unterschiedlichen Leuten, deren Leben sich durchaus verändert hat, die dann vor allem nach Pankow "ausgewandert" sind. Vornehmlich aber schon ältere Leute. Gut verdienend u.s.w..
... link
wortschnittchen,
Mittwoch, 18. Juni 2008, 21:00
meinten Sie "ältere Leute"? So zwischen 35 und 45? Räusper. (Ich fahr' gleich mal nach Kreuzberg, mal wieder subversive Luft schnuppern. Ist mir alles zu etabliert geworden, hier.)
... link
sunny5,
Mittwoch, 18. Juni 2008, 21:04
aber ich würde die Zeitspanne noch erweitern sagen wir mal 35 bis 55! Ach Kreuzberg is doch öde!
... link
mark793,
Mittwoch, 18. Juni 2008, 21:06
Es kommt aber womöglich noch was hinzu (zumindest aus meiner Außenperspektive): Was manche am Prenzlauer Berg nicht mögen, ist, dass er uns einen Spiegel vorhält. Uns aufzeigt, wohin es führt, wenn Leute wie wir (nennen wir sie mal vereinfachend Medienfuzzis, PR-Leute and the like) einen Stadtteil prägen: Da der Stellplatz für den Saab-Kombi, die Wohnung möglichst mit Stuckdecke, Parkett und Flügeltüren, makrobiotischer Gemüseladen und selbstverwalteter Waldorf-Kindergarten ums Eck, das ganze möglichst noch garniert mit bisschen Subkultur und Szene-Flair drumrum, der einem die Illusion verschafft, noch nicht völlig verspießert zu sein.
Ich finds einerseits klasse dort, gleichzeitig hätte ich Angst, den Bezug zum "normalen Leben da draußen" zu verlieren, dem man im Wedding (auch da gibts nette Ecken) oder im F'hain natürlich mehr ausgesetzt ist. Wer weiß, wohin es mich/uns zöge, wenn wir jetzt nach Berlin müssten. Das Herz würde sagen, Wedding oder Kreuzberg, aber die Vernunft würde vielleicht sagen, denk an die Zukunftsschancen Deiner Tochter - also Prenzlauer Berg. Ich weiß es wirklich nicht.
... link
wortschnittchen,
Mittwoch, 18. Juni 2008, 21:11
@Sunny: Na, da bin ich aber beruhigt. Und ich dachte schon... ;)
@Mark: Es geht mir nicht um den Spiegel, sondern um die Spießer, welche für sich in Anspruch nehmen, nur ja keine zu sein. Der PBerg hat seine schicken Ecken, aber auch seine schmuddeligen, da ist für jeden etwas dabei. Wer sich nur rund um Kollwitzplatz und Helmholtzplatz bewegt, verpasst die Vielfalt. Ich bin die Letzte, die eine schleichende Ghettobildung der Besserverdiener gutheißt, aber bislang gibt es noch genügend Vielfalt, um entspannt zu sein anstatt auf den Nörglerzug aufzuspringen.
(Bei Kind und Kegel empfehle ich sowieso: Entweder raus aus der Stadt oder nach Lichterfelde-West, dort stehen Volvo-Kombis statt Saabs und hellfarbige Labradore wedeln freundlich die Kinder der internationalen Grundschule an.)
... link
mifasola,
Mittwoch, 18. Juni 2008, 21:15
Für jeden etwas dabei - gilt ja glücklicherweise für die meisten Berliner Bezirke. Rumpinkelnde Punks beispielsweise habe ich in meiner Ecke von F'hain in den vergangenen Jahren nicht gesichtet.
... link
sunny5,
Mittwoch, 18. Juni 2008, 21:16
Räusper, ich bin mit 15 das erste Mal im PBerg ausgegangen.
Ich bin auch gespannt, wie sich das alles entwickeln wird und hoffe, dass eine bestimmt Form von Vielfalt erhalten bleibt. Bzw. wenn sich dort nichts neues mehr entwickeln sollte jenseits von Luxusbauten, dann ist der Prenzlauer Berg eben ein bürgerlicher Bezirk geworden. Noch ist er das aber nicht vollständig, da gebe ich ihnen recht.
... link
mark793,
Mittwoch, 18. Juni 2008, 21:21
Es geht mir nicht um den Spiegel, sondern um die Spießer, welche für sich in Anspruch nehmen, nur ja keine zu sein. Das hab ich schon so verstanden. Vielleicht beruht ja manche Kritik auf dem Projektionsphänomen, dass man um die eigenen Spießigkeiten nicht sehen zu müssen, lieber auf die der anderen zeigt. Wer sich dieser Zusammenhänge bewusst ist, kann sein eigenes Problem darin gespiegelt sehen und erkennen. Wer nicht, muss halt unreflektiert auf andere draufhauen.
Ich bin dort am vorigen Wochenende auch selber mal wieder unterwegs gewesen und würde mich der Diagnose auch anschließen, dass es auf dem PBerg auch noch genügend normale oder gar abgefuckte Ecken gibt, die sich dem Gentrifizierungs-Trend erfolgreich widersetzen. So extrem, wie es in der "Zeit" vor einer Weile beschrieben wurde, ist es nicht - zumindest nicht flächendeckend.
Und wie gesagt: Wenn ich die Abwägung treffen müsste danach, wo für mein Kind am ehesten was geboten ist, dann könnte es gut passieren, dass wir dort auch landeten.
... link
luckystrike,
Donnerstag, 19. Juni 2008, 15:37
och ich lästere gerne über prenzlauer berg, neulich wa rich tatsächlich auch mal dort und fand alles auf herrlichste besätigt. das hält mich aber auch nicht davon ab, die entwicklung in meienr ecke kreuzbergs ekelhaft zu finden. und wohl wahr, dazu hab ich wohl auch selbst mit meiner miete beigetragen...
... link
luckystrike,
Donnerstag, 19. Juni 2008, 15:44
"(sich selbst Kommentieren ist das neue sich selbst Zitieren):"
Und Sie können ja jetzt auf jeden Fall aufs Beste mitreden, haben Sie das ja tatsächlich heute nacht durchwandert....
... link