Ostfriesenblues.

Ostfriesen sind, sagen wir es mal diplomatisch, doch ein wenig reserviert. Manche behaupten wiederum bösartig, die Intelligenz habe vor der Ems haltgemacht. Ich aber breche eine Lanze für die Einwohner des platten Landes hinter dem Nordseedeich und entgegne: Sie sind nur ein bisschen wortkarg. Aber herzlich.

"Dat geit wohl", knurrt der ältere Herr, als er meinen Rucksack im bereits vollgepackten Kofferraum verstaut. Und schiebt ein befriedigtes "Jo" hinterher. Auf den ersten hundert Kilometern fällt kein Wort. Auch der andere Mitfahrer ist etwas mundfaul und blättert sehr beschäftigt mit der Zeitung.
"Können wir kurz anhalten? Ich müsste mal", hebe ich hinter der ehemaligen Grenze an. Der Kaffee, ein Teufelsgetränk. Böse Zungen haben mir schon mal den Spitznamen "Schwester Inkontinentia" verpasst.
"Jo."

Weitere hundert Kilometer später meldet sich der andere Mitfahrer zu Wort: "Kann ich eine rauchen?"
"Jo."

In Oldenburg: "Können Sie auf fünzig rausgeben?"
"Jo."

Zum Abschied sieht der alte Herr mir prüfend ins Gesicht. Ich erwarte ein "Jo". Aber er sagt nur: "Dat geit wohl."

Er hat meine Seele gesehen.

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Aussprache
Wobei der typische Ostfriese wohl eher "woll" für "wohl" sagt. Ist etwas kürzer und das mögen wir nun mal.

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