Horst.

Eingeweihte wissen, dass ich den Namen Horst ganz wunderbar finde und meinen Erstgeborenen so nennen werde.
Da ich aber derzeit wenig Möglichkeiten sehe, die Reproduktion A. in punkto Geschlecht und B. in punkto potenziellem Erzeuger korrektiv zu beschleunigen, nenne ich Dinge, die ich gern habe, Horst.

Nicht immer ist ein Jemand gleich zur Hand, wenn das Höschen juckt. Für solche Fälle gibt es eben Horst. Horst ist ein handlicher, sehr nett anzusehender Dildo, der erst vor einiger Zeit Eingang in mein ganz persönliches Toy-Paradies fand.
Denn bislang hielt ich mich von derlei Spaßbereitern fern. Zu unnatürlich, zu Plastik. Ich erinnere mich noch sehr gut, als ich bei einer Freundin half, die teilweise unsägliche Garderobe der letzten vier bis sechs Jahre zu entsorgen. Die nun wirklich nicht mehr tragbaren Stücke stapelten wir auf dem Bett. Ich hob den Packen Klamotten hoch, um ihn in einen Müllsack zu stopfen - und was fand ich unter den Kleidern, was ich vorher nicht gesehen hatte? Ganz genau, der geneigte Leser ahnt es schon: Einen Dildo. Ich stieß einen spitzen Schrei aus: "Iiiih! Was ist das und wieso liegt der hier so rum!" Meine Freundin wurde rot und murmelte etwas von "zufällig beim Aufräumen wieder gefunden und ansonsten nicht in Betrieb".

Den Glaubwürdigkeitsgehalt einer solchen Antwort ziehe ich an dieser Stelle einmal nicht in Zweifel. Dies war jedenfalls mein erster Kontakt mit einem Stückchen Imitation. Stückchen ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn mir erschien der Plastikschwanz im Vergleich zu seinen realen Vettern etwas dürftig gebaut.
Es ist ja nicht so, als hätte ich vorher nicht diverse Experimente mit abgerubbelten Sofaecken (Kindesalter), abgerubbelten, pickeligen Jungs (Teeniealter) und kunstvoll geschnitzten Gurken (die Phase im Erwachsenendasein, die als meine "wilde" bekannt wurde - sie liegt schon lange zurück und heute bin ich natürlich ganz zahm) durchgeführt. Zufriedenstellend waren sie alle nicht.

So kam irgendwann Horst in meinen Haushalt. Nach eingehender Beratung im weiblichen Freundeskreis machte ich mich eines schönen Tages auf zum Kauf. Solcherlei Dinge könnte frau natürlich auch per Katalog bestellen. Wem ist nicht der unnatürlich weiße "Massagestab" bei Quelle/Otto/Sonstwo in Erinnerung, der "insbesondere zur Entspannung der Nackenpartie" angepriesen wurde. Ja, ja, Nackenpartie. Hübsche Anatomieverdrehung hatten die Texter da. Doch ich habe gern Auswahl und nach der eher unterdurchschnittlichen Erfahrung bei der Freundin wollte ich die Ware gern ein bisschen angrabbeln, bevor ich sie Bekanntschaft mit empfindlichen Körperregionen machen lasse.

Also drückte ich frohgemut die Eingangstür eines Ladens auf, der mir von Freundinnen als der mit dem umfangreichsten Sortiment gepriesen worden war. Es roch nach Räucherstäbchen und Staub. Im Hintergrund konnte ich eine Verkäuferin erkennen, die gelangweilt an einem Kaugummi malmte. Ich sah mich ein wenig um. Dieser Laden hatte so gar nichts von den neongrellen Verkaufsargumenten einer Sarah Young oder Beate Uhse. Bücher mit erotischen Inhalten und Videos zierten die eine Wand, gefolgt von Ständern (sic!) mit pseudo-erotischer Wäsche. Baby-Dolls in pink mit Federchen und Schleifchen mit offenem Schritt, Tiger-Lilly-Ganzkörper-Catsuits. Nicht, dass ich nur Baumwoll-Feinripp trüge, aber ist so etwas wirklich anregend? Die Frage geht an Sie, meine Herren!

Körbchen mit Gleitcreme-Tuben, Cock-Ringen und Kondomen in aller Länder Farben erinnerten ein wenig an Tante Emmas Nählädchen. A propos Emma - erwähnte ich, dass dies ein Sex-Shop nur für Frauen war? Leise dudelte Macy Gray im Hintergrund. Ein kleiner Altar mit einer Figur der Venus von Willendorf (keltische Fruchtbarkeitsgöttin, sehr rund und weiblich, Anmerkung der Verfasserin) war auf dem Verkaufstresen aufgebaut. Hier fand ich auch die Räucherstäbchen. Ich wühlte mal hier ein wenig, wog prüfend Liebeskugeln in der Hand, erwog die Anschaffung solcher und verwarf wieder. Alles interessante Dinge. Nur Dildos fand ich nicht.

Nun musste ich mich doch an die Verkäuferin wenden. Ich brachte meine Bitte vor. "Sind Sie eher vaginal oder klitoral?", fragte sie und warf ihre hennaroten Haare über die Schulter. Wie bitte? Ich hatte den Gedanke wohl laut ausgeprochen, denn sie antwortete: "Na, manche wollen es nur innen und andere wollen die Stimulation von außen." Ich dachte, schön, und was ist, wenn ich beides will?
Sie musste meine Zweifel gespürt haben und holte eine Kiste unter dem Ladentisch hervor. Vor meinen faszinierten Augen baute sie eine ganze Landschaft von Dildos auf dem Tresen auf. Gleich einer Armee von Gartenzwergen standen blaue, schwarze, große, kleine, dicke, dünne und sehr, sehr, sehr große Schwänze vor mir. "Ich hätte da noch einen in Delphin-Form", sagte sie und ihre Ohrringe in Form von Q's, dem Frauenabzeichen, baumelten lustig. "Aber der ist zurzeit ausverkauft, sehr beliebt ist der", fügte sie mit Nachdruck hinzu.

Ich besah die Schwänze und nahm den ein oder anderen in die Hand. Wie immer, wenn mir viel geboten wird, bekam ich Entscheidungsschwierigkeiten. Aber die freundliche Verkäuferin, deren natürlicher Schweißgeruch sich vortrefflich mit einem intensiven Duft nach Patchouliöl verband, kam mir zu Hilfe. Sie wies auf einen recht ansehnlichen Dildo mit einem winzigen Zipfel an der Seite und sagte: "Der hier, der ist ganz klasse." Zum Beweis stellte sie ihn an und hielt ihn mir hin. Sanft rotierte sein Kopf und das kleine Zipfelchen wippte in schnellerem Rhythmus. Irgendwie gefiel er mir. Solide Verarbeitung, kein Chichi, sogar die Farbe war naturgetreu. Und dann dieses Schwänzchen!

Kurz: Ich schlug zu und kaufte ihn. Da er mir im Lauf der Zeit immer vertrauter wurde, nannte ich ihn nach dem Namen, der mir am liebsten ist: Horst. Nun habe ich das Problem, dass ich meinem Sohn wohl nicht ehrlich antworten könnte, nach wem er benannt wurde. Ich muss mir für ihn wohl doch einen langweiligen Namen wie 'Alexander' oder 'Jan' wählen. Der Dildo Horst kam schließlich zuerst.

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Da kann man nur hoffen, daß Horst sich kein Beispiel am Toast, am Föhn und sonstigen tückischen Objekten nimmt...

(Ich glaube übrigens, die Willendorfsche war lange Zeit vor den Kelten... aber ich kann mich auch irren.)

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Frau Lila, wo Sie Recht haben, haben Sie Recht, aber Sie sind ja auch die Kunstsinnige von uns beiden.

Venus von Willendorf, Alter ca. 25.000 bis 30.000 Jahre, Epoche: Altsteinzeit. - da saßen die Kelten vermutlich noch irgendwo in ihren bislang wenig ortbaren indogermanischen Stammlanden.

Bislang hält sich Horst übrigens noch sehr tapfer.

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Erlauben Sie mir einen kleinen Know-how-Transfer. Soweit ich weiß, nennt man nur jene Panisnachbildungen Dildo, die nicht vibrieren. Die statischen quasi. Die mit dem monotonen Summen sind schlicht Vibratoren.

Ich würde Horst übrigens gern mal kennenlernen.

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Meinen Sie, Sie könnten noch was lernen von Horst, Herr Sebas? ;-)

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In Sachen Ausdauer hat er vielleicht den einen oder anderen Tipp.

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Ich schick Ihnen mal nen Satz Batterien rüber. ;o)

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Ich glaube, der Herr Sebas läuft auf wiederaufladbaren Akkus. Eine neue Frau in Sicht genügt.

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Darf ich Sie denn demnächst mal als Einkaufsberaterin missbrauchen? Es wäre mir sowieso ganz lieb, das in einer anderen Stadt zu erledigen. Man weiss ja nie, wen man so trifft. Chefs, Kunden, Supermarktverkäufer, Nachbarn. Ich lebe nämlich in einem Dorf und da gibt es auch keine geschlechtsspezifischen Geschäfte dieser Art. ;-)

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Kommt 'ne Frau zum Gemüsehändler. "Ich hätte gern eine Gurke." Sagt der Gemüsemann: "Nehm 'se zwei, können 'se eine essen."

Ist alt, aber einer meiner liebsten Anekdoten. Angeblich aus meiner Heimatstadt, aber gehört habe ich sie zum ersten Mal in einem daraufhin pikiert sich gebenden Frauenblog.
Herr Sebas hat übrigens recht, ich möchte nur noch das hübsche Wort Godemiche in den Ring werfen. Klingt jedenfalls besser als dieses Reiserasierer-ähnliche Brummen der Vibratoren.

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Godemiche wird meinem Horst wahrlich besser gerecht als Dildo. Vibrator ist so ein scheußliches Wort, es erinnert immer an Inhalator oder Fibrilator, und das hat mit Spaß wenig zu tun.

@Cassandra: Ich bin gerne Erstfallhelferin.

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Ich bin gerne Erstfallhelferin

Und der erste, der darauf den Kalauer wagt, zahlt 5 Euro in die Bloggerkasse.

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arboretum wirft einen Blick ins Portemonnaie.

Mist, das reicht nicht.

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ich habe auch einen Dildo.
angewachsen, seit 40 Jahren.
Okay, wo ist die Kalauerkasse ?

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Das wird teuer. Der war echt zu billig.

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ich habe es befürchtet.

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