Experiment

In dem Moment als er die Türe öffnet, weiß ich, dass das Experiment scheitern wird. Er nimmt meine Hand und führt mich durch den Raum. Meine hohen Absätze klacken auf dem Parkett. Es ist kühl. Bei ihm ist es immer kalt, er heizt nicht viel und die riesigen Fenster zur Dachterrasse sind undicht. Im Hintergrund läuft leise Musik, Bar-Jazz, ich kenne den Interpreten, kann ihn trotzdem nicht benennen. Meine Sinne müssen sich erst neu ordnen.

Er führt mich weiter und legt meine Hand auf die Lehne eines Stuhls. Ich taste um die Lehne herum und spüre raues Holz. Jetzt weiß ich, dass ich in der Mitte seines Wohnzimmers bin, zwischen den Holzbalken.
"Möchtest du etwas trinken", fragt er. Ja, gerne, sage ich. Er gibt mir eine Flasche und ein Glas. Ich hänge beim Einschenken einen Daumen in das Glas um zu messen. Trotzdem läuft es über. Kaltes Wasser rinnt über meine Beine. Ich trage Netzstrümpfe, die Tropfen verfangen sich in den Maschen.

Mit leiser Stimme erzählt er mir etwas. Ich höre und höre doch nicht, ich begreife den Sinn nicht, weil mir die Sinne ausgeschaltet sind, nicht nur der eine.
Ich lausche, wie er sich einschenkt. Er sitzt sicher auf dem Sofa, ein bauchiges Glas in der Hand und trinkt den teuren Roten, nicht so einen mittelprächtigen Merlot, wie ich ihn immer zuhause habe. Und er beobachtet mich.

Die CD schaltet sich aus. Ich registriere sein Atmen, wie er an der Zigarette zieht, rieche den Rauch, nachdem ich ihn gehört habe. Mein Atem geht schneller. Hilflos. Ich erstarre innerlich. Angst steigt in mir hoch. Fluchtgedanken. Panik. Es berührt Urängste in mir. Ich kann das nicht, sage ich, und nehme die Augenbinde ab. Ich kann das nicht und will das nicht. Seine Miene ist undurchdringlich. Er wäre gern dominant und muss doch inszenieren, damit es geht. Es geht nicht, sage ich, nicht mit dir.

Und dann gehe ich. Ich werde nie zurückkehren in seine Wohnung, in sein Spiel. Das Experiment ist gründlich gescheitert. Adieu, meine Schildkröte.

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Irgendwie läuft da wohl was an mir vorbei.... ist das jetzt ein Beziehungsgradmesser, dieser Dominanzkram?

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Nein,
es war ein anfänglich unterhaltsames, später anstrengendes Machtspiel.

Seien Sie froh, dass solche Dinge an Ihnen vorbei laufen und glauben Sie mir: Wenn ich die Wahl zwischen diesen Plänkeleien und "meinem ganz besonderen Menschen" hätte, wüsste ich, wie ich entscheiden würde.

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Scheint aber gerade ein ganz grosses Thema zu sein, das mit der Dominanz und Unterwerfung.

Sie haben Recht mit dem "besonderen Menschen".....

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Es ist ein Thema.
Grenzerfahrungen haben mich schon immer gelockt. Je mehr ich davon mache, desto genauer weiß ich allerdings: Ich bin eine spießige Blümchensex-Anhängerin.

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Ich glaube nicht, dass Sie spiessig sind, ich glaube, dass Sie diese Einteilung Dominant/Nichtdominant nicht brauchen, um Ihren Sex geniessen zu können.

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Die Frage, wie devot man sein kann, ist immer eine Frage der geistigen Kontrolle über die man verfügen kann.

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Geistige Kontrolle?
Man könnte es auch Vertrauen nennen, was man vermutlich braucht, um devot sein zu können. Aber ich theoretisiere nur. In praxi kann ich auf solche Grenzerfahrungen ganz gut verzichten. Da reicht Blümchensex völlig aus. Obwohl: Über Handschellen ließe sich vielleicht noch reden;-)

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Ich würde es keine Frage
des Devotismus nennen sondern stimme Herrn mark793 zu, dass es eine Vertrauensfrage ist, ob und wie weit man sich fallen lassen kann. Den sexuellen Aspekt stellte ich bei diesem Experiment deutlich in den Hintergrund.

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